Marlene Wagner

Sommersturmzeit


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bringen…“

      Katharina war gerührt von seinen Bemühungen. Er war in seiner Natürlichkeit nicht nur der weitaus attraktivste, sondern auch sympathischste Mann, den sie bisher in ihrem Leben getroffen hatte. Und mutig war er auch noch, wie gerade sein Einsatz für sie noch einmal bewiesen hatte.

      Wieso gab es niemanden auch nur ansatzweise vergleichbaren am Dresdner Hof?

      Noch immer lächelnd antwortete sie.

      „Nein, mir geht es wirklich gut. Habt noch einmal vielen Dank für das beherzte Eingreifen. Ich kann Euch versichern, ich bin keinesfalls böse, dass Ihr rechtzeitig zur Stelle wart. Aber jetzt ist es, glaube ich, ohnehin langsam an der Zeit, dass ich mich wieder auf den Heimweg begebe. Man wird sich am Ende schon Sorgen um mich machen und ich sollte Bescheid geben, dass es mir gut geht.“

      „Ja, das ist wahrscheinlich das Vernünftigste.“

      Er klang betrübt, während er sie durch das Lager zurück zu Ihrem Pferd begleitete, als ihm ein neuer Gedanke kam.

      „Jetzt habe ich Euch noch nicht einmal nach Euren Namen gefragt! Ich muss mich hiermit noch einmal auf das Ausdrücklichste für mein Benehmen entschuldigen! Also meine hochgeschätzte Dame, mit wem hatte ich denn diesen Nachmittag überhaupt das Vergnügen?“

      Sein Ton war scherzhaft, doch Katharina zögerte.

      So sympathisch er ihr auch war, dieser Mann gehörte noch immer zu den Feinden ihres Landes und dieser Ausflug konnte für sie nach wie vor ein unangenehmes Nachspiel haben. Es war in jedem Fall klüger, wenn hier niemand ihren Namen kannte und zusätzlich war es ihr unangenehm, da er ihn ja praktisch schon selbst während ihres Gespräches über Shakespeare unwissentlich genannt hatte.

      Er schien ihre Bedenken zu spüren.

      „Ich kann verstehen, wenn Ihr mir nicht Euren vollen Namen nennen wollt, auch wenn ich Euch versichere, dass ich Euch bestimmt keine Schwierigkeiten machen werde. Aber vielleicht könnt Ihr mir wenigstens Euren Vornamen verraten, damit ich weiß, wem ich gerade das Leben gerettet habe?“

      Er lächelte sie so verschmitzt an, dass Katharinas Widerstand dahin schmolz.

      „Nun gut.“

      Sie entschloss sich, ein letztes Mal an diesem Tag die Vernunft außer Acht zu lassen.

      „Mein Name ist Katharina.“

      Ein Grinsen zog sich über das Gesicht des Kommandanten.

      „Katharina, tatsächlich? Nun, wie ich sehe, lag ich mit dem Vergleich zu Shakespeares “Widerspenstiger“ ja gar nicht so falsch!“ Er lachte.

      „… und weiß nun auch gleichzeitig, was Euch vorhin kurzzeitig so verunsichert hat, ich hatte mich schon gefragt, ob ich etwas Falsches gesagt habe. Aber ganz abgesehen davon, könnt Ihr Euch über einen sehr schönen Namen glücklich schätzen! Katharina, die Reine...ich muss zugeben, das passt sehr gut zu Euch...“

      „Wie ich bemerke, seid Ihr sehr aufmerksam! Nach so viel Offenheit meinerseits müsst Ihr mir aber natürlich jetzt auch Euren Namen verraten.“

      Wieder grinste er verschmitzt.

      „Nun, was mich angeht, so haben mich meine Eltern aus völliger Unkenntnis unseres gemeinsamen Lieblingsautoren leider nicht Petruchio sondern völlig banal Karl genannt. Ich hoffe, ich enttäusche Euch damit nicht zu sehr…“

      „Ganz und gar nicht! Denn dann teilt Ihr Euch ja Euren Vornamen mit Eurem König und ich kann mir vorstellen, Ihr und sicher noch mehr Eure Eltern, sind sehr stolz darauf…“

      sprudelte es aus Katharina heraus, seine Anspielung auf den „Zähmer“ der Shakespeare-Katharina bewusst überhörend. Nun war es der Schwede, der sie einen Augenblick lang überrascht anschaute, bevor er erneut schmunzelte.

      „Ja, Ihr habt Recht! Es ist durchaus eine Ehre, den gleichen Vornamen mit seinem König zu teilen. Aber Katharina und Karl, das passt doch auch ganz gut zusammen, oder was meint Ihr?“

      Offensichtlich war er wieder ganz in seinem Element und zwinkerte ihr vergnügt zu.

      Mittlerweile waren beide am Eingang des Lagers angekommen, wo von einem der Soldaten noch immer ihr Rappe gehalten wurde. Der Hengst wieherte freudig auf, als er ihrer Angesicht wurde und ohne auf die Worte des Kommandanten einzugehen, begab sich Katharina sofort dankbar für die Ablenkung zu ihrem Pferd. Hastig begann sie die Steigbügel zu richten, bemüht, ihr bereits wieder vor Verlegenheit glühendes Gesicht vor dem Schweden zu verbergen.

      „Jetzt muss ich aber wirklich los.“

      Weiterhin tapfer den Blickkontakt mit ihm vermeidend reichte sie ihm die Hand, damit er ihr beim Aufsteigen helfen konnte, was er auch galant tat. Als Katharina im Sattel saß und die Zügel geordnet hatte, ergriff er ihre Hand noch einmal, küsste sie und schaute ihr dabei tief in die Augen. Hoch zu Ross war Katharina sofort wieder etwas selbstsicherer und wagte es nun auch, seinen Blick zu erwidern. Mit einem Mal spürte sie ein Kribbeln in der Magengegend, verbunden mit einem warmen, angenehmen Gefühl, welches sie so noch nicht erlebt hatte und als unglaublich schön empfand.

      Wieder hatte sie ein Gefühl der Verbundenheit zu diesem doch eigentlich fremden Mann, welches sie verwirrte, dennoch konnte sie ihren Blick nicht von seinem Gesicht abwenden.

      Schließlich gab Karl ihre Hand frei.

      „Obwohl ich das zugegebenermaßen in den ersten Minuten unserer Begegnung noch nicht so gesehen habe, so muss ich nun doch gestehen, dass Ihr mir heute eine große Freude gemacht habt, Katharina! Im Krieg ist man naturgemäß weniger von Frauen umgeben und ein unverhoffter Besuch von einer so charmanten, gebildeten und dazu noch attraktiven Dame wie Euch war wirklich ein wunderbares Erlebnis für mich. Wie gern hätte ich unsere Unterhaltung fortgesetzt, ich denke es gibt allein noch unzählige Bücher, über die wir uns austauschen könnten...“

      Er zögerte, bevor er wieder verschmitzt lächelnd hinzusetzte

      „Aber wer weiß, vielleicht will es ja das Schicksal, dass wir uns noch einmal über den Weg laufen...“

      Dann wurde er ernst.

      „Dennoch solltet Ihr so etwas wie heute nicht noch einmal tun! Ich hoffe, Euch ist bewusst, in welch große Gefahr Ihr Euch begeben habt und das dieses Abenteuer leicht wesentlich ungemütlicher für Euch hätte ausgehen können!“

      Katharina nickte folgsam.

      „So, und jetzt fort mit Euch, sonst überlege ich es mir am Ende noch anders und behalte Euch doch gleich hier! Lebt wohl!“

      Mit diesen Worten klatschte er auf die Flanke ihres Rappen und ohne sich noch einmal umzudrehen galoppierte Katharina im gleichen Tempo, in dem sie vor über einer Stunde auf das Lager zugeritten war, zurück zur Anhöhe und dem Wald.

      Die anderen Damen hatten erwartungsgemäß nicht auf sie gewartet.

      Zum Glück entdeckte Katharina schnell den Pfad, auf dem sie überhaupt erst gemeinsam mit der Frauengruppe zufällig zu der Anhöhe gelangt war. Erst jetzt spürte sie, dass ihr ganzer Körper noch immer schweißgebadet war und auch ihr Herz begann im Nachhinein erneut schneller zu schlagen.

      Was hatte sie getan?

      Mit einem Mal völlig mit den Nerven am Ende stoppte Katharina mitten im Wald ihr Pferd, hielt die Hände vor das Gesicht und zwang sich, ruhig durchzuatmen. Wenn das alles am Hof bekannt wurde, dann half ihr im Moment nur noch beten.

      Als Katharina eine weitere Stunde später im Schloss eintraf, war sie noch immer völlig aufgelöst. Nachdem sie das Pferd in den Stall gebracht hatte, lief sie auf dem schnellsten Weg in ihr Zimmer.

      Ihre größte Angst war mittlerweile, dass die anderen Frauen in Sorge um sie die Nerven verloren und Alarm geschlagen hatten. Wenn sie es recht bedachte, wäre das sogar ein sehr freundlicher Zug, immerhin würde es bedeuten, dass man sich über ihr Schicksal im Lager des Feindes Gedanken gemacht und wahrscheinlich sogar ein schlechtes Gewissen hatte.

      Aber