Francine F. Winter

Mehlsack und Champagnerküsse


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Kuchen.

      Von drinnen war ein schrilles Lachen zu hören. Jemand näherte sich der Tür.

      Elisa machte, dass sie raus kam.

      Als sie in dem kleinen roten Lieferwagen saß, riss sie sich als erstes die Jeansjacke vom Leib. Hier war es egal, wie sie aussah! Die Leute im Ort kannten und mochten sie, wie sie war. Da brauchte sie weder Designerkleider, noch eine perfekte Figur.

      Normalerweise machte sie sich nicht so viele Gedanken um ihr Aussehen, aber das Zusammentreffen mit dieser kalten Geschäftsfrau zeigte deutlich, wo sie eigentlich stand. Eher am unteren Ende der Messlatte, musste sie leider zugeben. Gestern hatte sie sich über die Kleidung des fremden Mannes gewundert, heute war sie diejenige mit den schäbigen Klamotten. Und wenn sie nicht schnell eine Lösung für ihre finanziellen Probleme fand, dann wäre sie womöglich bald auch richtig arm ... und ihre Eltern heimatlos ...

      Sie ließ die Mundwinkel hängen. Dann atmete sie tief durch, startete den Motor und fuhr die Ausfahrt hinunter.

      „Bye-bye Mr Jühan. See you soon ...“ Moritz beendete das Gespräch und steckte das Handy in die Tasche seines Jacketts.

      „Entschuldige, Penelope. Ich bin noch gar nicht dazu gekommen, dir zu gratulieren. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!“ Er ging zu ihr und küsste sie auf beide Wangen.

      Dr. Penelope Sietz lächelte. „Danke, dass du daran gedacht hast. Wann kommen unsere Gesprächspartner?“ Sie schaute Moritz unter halbgesenkten Wimpern an.

      „Die Herren Investoren und Anwälte sollten gleich hier sein. Wir können vorher noch einen Kaffee trinken ...“ Moritz trat einen Schritt von ihr zurück. „War das eben die Torte, die ich bestellt habe? Warum ist die Frau damit weggegangen?“

      Penelope blätterte gelangweilt in den Papieren auf dem Schreibtisch. „Das war die Konditorin, die hat den Kuchen in den Kühlschrank gestellt.“

      „Ach, die Konditorin war das ...?“ Moritz runzelte nachdenklich die Stirn.

      „Die kleine Landpomeranze, ja“, sagte Penelope abfällig. „Wieso?“

      „Ich glaube, ich habe sie schon einmal gesehen ... gestern, als ich spazieren war ...“ Moritz schaute unwillkürlich aus dem großen Fenster, vor dem sich die sommerliche Landschaft ausbreitete. Bis jetzt hatte er keinen Blick auf die saftig grünen Wiesen und die bewaldeten Hügel unter dem knallblauen Himmel verschwendet. Er war ja auch zum Arbeiten hier.

      Penelope blickte ihn forschend an und hob eine Augenbraue.

      Moritz wandte sich wieder zu ihr um. „Ich hole uns ein Stück Torte. Schenkst du den Kaffee ein?“

      „Sicher“, sagte Penelope, während sie einige Notizen mit einem vergoldeten Füllfederhalter machte. „Aber für mich keine Torte.“

      „Was? Das ist aber schade, Pe. Ich habe die Torte extra für dich bestellt. Willst du gar nichts davon essen?“

      „Nein, danke!“, sagte Penelope sehr bestimmt. „Und du solltest dir auch überlegen, ob du deinen Arterien das zumuten willst. Es ist Buttercreme!“

      „Aus deinem Mund klingt das wie eine Krankheit.“ Moritz lachte. „Hm, ich liebe Buttercreme.“ Er ging in die Küche und schaute in den Kühlschrank. „Die Torte sieht toll aus und sehr geschmackvoll dekoriert“, rief er, damit Penelope ihn im Arbeitszimmer hören könnte. Er legte ein großes Stück auf einen Teller und probierte noch im Gehen.

      „Köstlich! Mokka-Buttercreme! Bist du sicher, dass du nicht probieren möchtest? Nur ein winziges Stückchen? Das wird deine superschlanke Linie nicht gefährden!“

      Penelope lächelte säuerlich. „Ganz sicher nicht.“ Sie schüttelte den Kopf.

      Fünf Stunden später war das Meeting endlich beendet und die Geschäftspartner gegangen. Moritz und Penelope saßen noch immer an dem großen Konferenztisch. Draußen war es inzwischen stockfinster und die große Fensterscheibe warf ihr Spiegelbild zurück in den Raum.

      „Das ist doch gut gelaufen.“ Moritz rieb sich müde über die Augen. „Dein Vater wird stolz auf dich sein.“

      „Sicher“, sagte Penelope gelangweilt. Sie stand auf und streckte sich. „Ohne deine Mitarbeit hätten wir das nicht geschafft.“

      „Ist das deinem Vater auch bekannt?“, fragte Moritz scherzhaft. „Ich möchte schließlich vor dem Besitzer der Sietz-Werke gut dastehen.“

      Penelope trank ihr Wasserglas leer. Dann kam sie um den Tisch herum zu Moritz, stellte sich hinter ihn und legte ihm die Hände auf die Schultern. „Wenn ich es Vater sage, dann weiß er, welchen großen Beitrag du zu diesem Geschäftsabschluss geleistet hast. Ohne dich könnte die neue Fabrik in Shanghai nicht gebaut werden. Darauf müssen wir anstoßen! Holst du uns eine Flasche Champagner?“ Sie ließ ihn los und setzte sich auf die Tischplatte, schlug ihre langen Beine übereinander und schaute ihn herausfordernd an.

      „Natürlich.“ Moritz stand auf und ging in die Küche. Er holte eine Flasche Veuve Clicquot aus dem Kühlschrank, nahm zwei Gläser aus dem Hängeschrank und ging zurück in den Arbeitsraum.

      „Ich bin froh, dass es geklappt hat“, sagte er, während er die Flasche öffnete und den Champagner einschenkte. „Ein Geschäft in dieser Größenordnung ist auch für mich nicht alltäglich. Und mir liegt ganz besonders daran, die Textil-Produktion mit hohen ökologischen Standards aufzubauen und mit humanen Arbeitsbedingungen. Ich bin froh, dass die Sietz-Gruppe da auf Qualität und Nachhaltigkeit setzt.“

      „Dann lass uns anstoßen, Partner“, sagte Penelope mit einem Lachen. „Du steckst ja auch mit einem hübschen kleinen Sümmchen da drin.“

      „Klein ist gut.“ Moritz lachte. „Das kann auch nur eine Industriellen-Tochter wie du sagen. Für mich ist diese Investition alles andere als bescheiden. Ich habe mein ganzes Geld in dieses Projekt gesteckt. Es muss also klappen, sonst bin ich pleite“, fügte er hinzu. „Aber so wie es aussieht, ist das Ganze eine bombensichere Sache.“

      Penelope erhob ihr Glas und sie stießen an.

      „Natürlich ist es eine sichere Sache“, sagte sie. „Mit der Familie Sietz als Partner kann dir nichts passieren. Aber das solltest du ja wissen, nicht wahr ...“ Sie schaute ihn vielsagend an und trank ihr Glas aus.

      Moritz wich ihrem Blick aus und leerte ebenfalls sein Glas. „Natürlich, es ist ja nicht unser erstes gemeinsames Geschäft.“

      „Ich meinte weniger unsere gemeinsamen Geschäfte.“ Penelope hielt ihm ihr leeres Glas hin. „Was wollen wir denn heute Abend noch machen?“

      Moritz schenkte ihr nach. „Du ... entschuldige mich, aber ich muss noch ein paar Telefonate in die USA führen und ich bin sehr müde. Der Jetlag ...“

      „Ich dachte, du würdest den Abend meines Geburtstages noch mit mir feiern“, sagte Penelope mit einem gereizten Unterton.

      „Pe, es tut mir leid. Diese Telefonate sind wichtig und wegen der Zeitverschiebung ist es jetzt am günstigsten dort anzurufen. Komm, lass uns noch ein Glas trinken und dann verabschiede ich mich.“

      „Willst du denn gar nichts mehr essen?“, fragte Penelope unwirsch.

      „Ich nehme einfach noch ein, zwei Stücke von der Torte mit. Das reicht mir.“ Moritz schenkte sein Glas nur halbvoll.

      „Dieses fette Zeug! Wie kannst du das essen! Das ist schlecht fürs Herz!“ Penelope stellte ihr Glas ab und schwang sich vom Tisch. „Na gut, dann bestelle ich eben einen Salat aufs Zimmer, wenn du mich versetzt!“ Sie ging zum Schreibtisch und studierte die Speisekarte des Zimmerservices.

      Moritz betrachtete sie, als sie energisch zum Telefonhörer griff und ihre Bestellung aufgab. Dr. Penelope Sietz war eine überaus attraktive Frau. Er schaute sie gerne an und er machte auch gerne Geschäfte mit ihr. Weiter gingen seine Wünsche nicht. Es hatte mal einen Abend gegeben, mit einem Geschäftsempfang, bei dem sie beide zu viel getrunken