Annette Oelkers

Das DAO heute


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Im Wettrennen um Macht, Prestige und Geld belegen oftmals die unwissenden Gemüter die vorderen Plätze. Doch werden die wirklich wichtigen Aspekte des Lebens betrachtet, dann sind diese vorübergehenden Siege und Freuden ohne substantiellen Wert. Am Ende des Lebens, in der Lebensbilanz, bringen sie dich nicht ans Ziel. Ein über die Maßen erfolgsorientierter Mensch hat es im Leben äußerst schwer, innere Zufriedenheit zu erfahren, denn er verliert schon bald den Kontakt zu sich selbst. Solange jemand das Gefühl hat, immer nur nach Höherem oder nach mehr streben zu müssen, ist für ihn kein Glück möglich. Du kannst es leicht daran erkennen, dass jeder materielle Traum durch einen noch größeren Traum ersetzt wird. Auf der materiellen Ebene gibt es kein dauerhaftes Glück!

      Demütige und bescheidene Menschen werden für ihr Gutsein belohnt und müssen nicht leiden, behaupten einige Religionen. Trifft diese Aussage zu? Ist dieses Versprechen wahr? Wenn es doch so einfach wäre! Oft erlebt man das genaue Gegenteil; Herzensmenschen kämpfen um ihre Existenz, und machthungrige Menschen führen ein Leben im Überfluss. Laozi empfiehlt dir, die Welt nicht ausschließlich aus einer irdischen Perspektive zu betrachten. Wahrscheinlich wird ein gutherziger Mensch geringere materielle Reichtümer anhäufen, doch er wird ein erfüllteres Leben führen können. Ein liebevoller Mensch hat eine ganzheitliche Vorstellung vom Leben, er wird getragen von seinen Werten und den Verbindungen mit anderen Menschen. Ein erfülltes Leben zu führen, das ist der wahre Lohn und dies ist das schönste Geschenk! Eine Extra-Belohnung – im nächsten Leben oder wann auch immer – verspricht Laozi nicht. Die intensiven Begegnungen und Erfahrungen des heutigen Lebens sind dein Lohn.

      Meister Laozi rät uns daher: »Arbeitet für eure Mägen und nicht für eure Augen. Reduziert eure Bedürfnisse auf ein vernünftiges Maß, und ihr werdet fortan glücklicher sein.«

      Macht, Prestige und Reichtümer können das wahre Leben nicht ersetzen.

      13 | Anerkennung und Kritik

      Lob und Tadel beeinflussen dich,

       sie erschrecken dich gleichermaßen.

       Weshalb wiegen Anerkennung und Kritik gleich schwer?

      Suchst du die Anerkennung der anderen Menschen,

       so verlässt du deinen eigenen Weg und passt dich an.

       Du hast Sorge vor dem Tag, an dem die anderen

       dir keine Anerkennung mehr geben.

       Das macht dich unglücklich.

      Wirst du kritisiert, fühlst du dich in gleicherweise unglücklich.

      Große Verantwortung und deine gesellschaftliche

       Stellung können dich belasten.

       Weshalb kann große Verantwortung ein Problem sein?

       Wir haben viele Probleme,

       weil wir an unser persönliches Ich-Sein glauben. Würden wir nicht an unser einzelnes Ich glauben, dann gäbe es diese Schwierigkeiten nicht.

      Wer sich als Teil des Ganzen dieser Welt begreift,

       der kann die Erde beschützen.

       Wer sich selbst so liebt, wie alle anderen auch,

       der kann der Welt helfen.

      13 | Anerkennung und Kritik

      Wir Menschen sehnen uns nach der Liebe und Anerkennung unserer Mitmenschen. Als Mensch möchten wir dazu gehören und ein positives Feedback von anderen erhalten. Hierfür rücken wir manchmal sogar von unseren eigenen Überzeugungen ab. Bleibt eine lobende Anerkennung aus, fühlen wir uns unglücklich. Genauso unglücklich, als hätte uns jemand kritisiert.

      Es ist erstaunlich: Es geht nicht um Ereignisse, sondern nur um Worte! Einfache Worte, sowohl positive als auch negative, können deine Gedanken und Gefühlswelt durcheinanderbringen. Du denkst über Dinge nach, die jemand gesagt oder auch leider nicht zu dir gesagt hat, und lässt dir davon den schönen Tag verderben. Eben noch warst du glücklich, im nächsten Moment bist du todunglücklich. Dabei ist gar nichts passiert, du hast nur etwas Neues gedacht! Du kannst dich mit nur einem Gedanken in den dunklen Kellerraum oder nach oben in die strahlende Sonne begeben. Die Ereignisse des Tages lassen sich häufig nicht beeinflussen, doch die damit verbundene Stimmung schon. Darum achte darauf, für welche Stimmung du dich entscheidest.

      Es ist dein gutes Recht, negative Emotionen zu deinem Lebensinhalt zu machen. Aber ist dies auch sinnvoll? Negatives Denken führt doch nur dazu, dass du dich schnell deprimiert und erschöpft fühlst. Du kämpfst dann mit dir und deinen Gedanken, kannst schlecht schlafen und machst dir Sorgen. Wozu soll das gut sein? Halte an diesem negativen Muster nicht länger fest, inspiziere nicht andauernd deine Kellerräume. Dein Haus hat viele lichte Stockwerke, dort ist es viel schöner.

      Wie soll ich das anstellen, fragst du dich vielleicht. Du kannst etwas Großartiges für dich tun, indem du es lernst, deine Gedanken zu lenken. Mache auch du dir die angeborene Neutralität deines Verstandes zunutze!

      Achte darauf, wenn sich negative Gedanken einschleichen, und unterbrich diese aktiv. Du kannst deinen Kopf durch Meditation trainieren, du kannst dich ablenken, es gibt viele Möglichkeiten. Der erste Schritt besteht darin, bewusst wahrzunehmen, wann das Gedankenkarussell startet. Startet das Karussell, dann stelle sofort den Strom ab. Du kannst mit dir selbst vereinbaren, dass du höchstens eine Stunde des Tages für deine Sorgen reservieren wirst. Diese Zeitspanne ist im Grunde genommen viel zu lang, doch für jemanden, der seine Sorgen pflegt, stellt diese zeitliche Begrenzung eine wirkliche Herausforderung dar. Was mache ich nur den ganzen Tag ohne meine Sorgen? Eine Stunde Sorgen sind doch wirklich genug! In dieser Zeitspanne kannst du alles tun, um deine Probleme zu lösen. Du löst deine Probleme nicht, indem du deine Sorgen rund um die Uhr mit dir herumschleppst! Wenn die für Sorgen reservierte Zeit vorbei ist, ist es nur vernünftig, die nächsten dreiundzwanzig Stunden »sorgenfrei« zu haben. Deine Sorgen dürfen am nächsten Tag wieder bei dir anklingeln und dich mit Beschlag belegen. Wie bei anderen Gewohnheiten und Übungen auch, verstärkt sich ein positiver Mechanismus. Durch das Nicht-Grübeln wird sich dein Leben sehr viel positiver und lebenswerter entwickeln. Du beschäftigst dich wieder mehr mit den angenehmen Seiten des Lebens und weniger mit deinen Problemen.

      Kontrolliere deine Gedanken und nutze die angeborene Neutralität deines Verstandes.

      14 | Das DAO III

      Was nicht zu sehen ist, nennen wir unsichtbar.

       Was nicht zu hören ist, nennen wir unhörbar.

       Was wir nicht festhalten und ergreifen können,

       nennen wir nicht spürbar.

       Unsichtbares, Unhörbares, Nichtspürbares sind Eins.

      Jede dieser drei Formen ist zu subtil, um sie zu beschreiben.

       Doch durch Intuition, dein eigenes Gespür,

       kannst du sie sehen, hören und fühlen.

       Dann ist das Unsichtbare, das Unhörbare

       und das Unfassbare in einem da.

      Du näherst dich dem unbekannten Ursprung

       und findest keinen Anfang.

      Du folgst dem Weg und stellst fest,

       es gibt kein Ende.

      Du kannst den Ursprung nicht kennen,

       aber trotzdem Teil dieses Ursprungs sein.

      Zu entdecken, wie das Leben immer schon war,

       bringt dich in Einklang mit dem Weg.

      14 | Das DAO III

      Für uns Menschen ist es nicht vorstellbar, wie groß das Universum ist, da es über eine unbegrenzte Menge an Energie verfügt. Selbst mit modernen wissenschaftlichen Methoden werden wir daher das DAO niemals in seiner Gesamtheit erfassen können. Einerlei, ob wir uns mit mikroskopisch kleinen Dingen oder mit fernen Galaxien