Heidi Dietzel

Mei Ruah möcht i'ham


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genau wie der Regenschirmfabrikant. Regenschirm und Sonnenschirm sind zwei gleiche Begriffe und doch würde ihre Verwechslung zu einer nicht vorausgeahnten Katastrophe führen, denn einen Regenschirm kann man im Notfalle als Sonnenschirm benützen, dagegen kann man einen Sonnenschirm im Notfalle kaum als Regenschirm benützen.

      Die Regentropfen gleichen in der Form den Hoffmannstropfen, die, an der Medizinflasche hängend, eine ovale, frei in der Luft schwebend, eine runde – und auf einer Tischplatte liegend, eine platte Form besitzen. Regenwasser benützt man häufig zum Gießen von Wiesen, Gräsern, Blumen, Unkraut und Gärten. Kinder benötigen den bekannten Mairegen zum Wachstum und es ist statistisch nachgewiesen, daß die Kinder wirklich wachsen, auch wenn sie nicht mit Mairegen begossen wurden. Der allerschönste Regen ist der Regenbogen – gar kein Vergleich mit dem Münchner Maffeibogen, jener ist ein Wunder des Himmels, letzterer ein Greuel der Stadt München. Nur an Farbenschönheit überragt ersterer den letzteren.

      Das Regenwetter wird oft mit Sauwetter, Hundswetter betitelt. Die Theater-, Kino- und Kaffeehausbesitzer haben derlei Ausdrücke noch nie über ihre Lippen gebracht. Heftige Regengüsse nennt man Wolkenbrüche, damit ist gemeint, daß irgend eine Wolke so schwer mit Wasser gefüllt ist, daß sie bricht, welchen Vorgang man beim menschlichen Biermagen mit Katzenjammer bezeichnet. Gegenmaßnahmen zur Heilung von Wolkenbrüchen sind zur Zeit noch nicht gemacht worden, da Wolkenbruchbänder der großen Dimensionen halber noch nicht hergestellt werden können und zwar aus technischen Gründen.

      Künstlicher Regen wird durch Gießkannen erzeugt. Unglaubliche Sitten und Bräuche werden aus dem Mittelalter erzählt. Ich zähle hier schon einige mehr an Aberglauben grenzende Tatsachen auf: Bei den alten Germanen wurden schnell alternde Kinder mit frisch gefallenen Regentropfen geimpft. Während dieser Injektion mußte der Urgroßvater des betreffenden Kindes einen vierstimmigen Choral singen. Ein weiterer Aberglaube bestand darin, Ehesünder auf folgende Art zu entlarven: Bei strömendem Regen mußte der Ehemann 100 Meter weit laufen, unmittelbar nach seiner Ankunft am Ziel wurden die – auf seinen Körper gefallenen Regentropfen schnell gezählt, waren es über 1000 Tropfen, war er ein Ehesünder.

      Weitere wissenschaftliche Fortschritte über Regenwasser sind bis heute noch nicht gemacht worden. – Die Feuchtigkeit des Regens soll auch im Mittelalter nicht so stark gewesen sein, wie heutzutage, was ja auch der jüngstvergangene langanhaltende Regen beweist. Denn die verflossene Feuchtigkeit konnte nicht mehr mit Bodenfeuchtigkeit, sondern mit Hochwasser angedeutet werden. Und was Hochwasser bedeutet, wissen wir alle noch von der Sündflut her, die vielen unvergeßlich bleiben wird. Aber dennoch denken wir dabei an die Worte des Dichters:

      Sich regen – bringt Segen.

      Aus einer Zeitung:

      „ Schöner Papagei -

       Gut sprechend, samt Messing Käfig entflogen.

       Dortselbst ist auch eine leere Badewanne zu verkaufen…!

      Karl Valentins Olympia-Besuch 1936

       »Hier sitz ich alleine und spähe umher und lausche hinauf und hernieder« ,

      so heißt es in dem alten Lied: »An der Weser«.

      So ähnlich erging es mir, als ich allein im Olympia- Stadion saß. – Wie kam es, fragte ich mich selbst, daß ich zur Olympiade zu spät kam?? – Ich blieb mir die Antwort nicht schuldig, Ihr Leichtsinn ist daran schuld? erscholl es von meinen Lippen. (Ihr bedeutet ich selbst.) Denn aus Eigentrotz sage ich selbst zu mir nicht »Du«, sondern »Sie«, weil man da vor sich selber vielmehr Respekt hat, als mit der Duzerei. – Nur einen Tag zu spät und dennoch zu spät! – O, Herr, bewahre mich bei der nächsten Olympiade 1940 vor solchen Etwaigitäten. – Trotzdem ich mich setzte, war es doch entsetzlich, als ich allein dasaß, in einer Hand die verfallene Eintrittskarte, die andere Hand in meiner eigenen Hosentasche. – Um mich herum saß nirgends niemand – das große Schweigen ringsumher war still und lautlos. – Meine einzige Unterhaltung, war das »Warten«. Zuerst wartete ich langsam, dann immer schneller und schneller, kein Anfang der Olympischen Spiele ließ sich erblicken, – da endlich von mir ein schriller Blick und meine Augen starrten hinunter zu dem Eingang bei der Kampffläche. – Ich sahte einen kleinen Jemand, der Jemand scheinte mich zu suchen, was diesem auf dem ersten Blick gelang. Unsere Pupillen kreuzten sich in der Mitte unserer Entfernung. Ich saß, – sie kam – nur sie allein, die kleine Lisl Karlstadt, klärte mich darüber auf, daß gestern der letzte olympische Tag gewesen ist. – Ist das schade, schrie ich teilnahmserregt in den blauen Äther hinaus – ich schnellte langsam von meinem Sitz empor, flux verließen wir die Stätte des großen »Gewesenseins«. Freudezerknittert traten wir per Verkehrsmittel die Heimfahrt an in die Stammkneipe am Kurfürstendamm. – Wir Sachsen haben in Berlin einen eigenen Stammtisch, dort kommen täglich alle Münchener zusammen und da wird erzählt, von diesem und jenem, von jenem weniger, dafür öfter von diesem. Ich konnte leider heute zu meinem Bedauern nichts von den Olympischen Spielen erzählen, da ich ja nichts gesehen hatte, – und alle lauschten umsonst.

      Gratulation zum Namenstag

      Am 25. August 1925 kaufte ich in einem Blumengeschäft einen herrlichen Blumenstock. Ich ging mit diesem Blumenstock in die Ludwigstraße und stellte denselben auf den Boden. Ein Herr, der dieses gesehen, kam auf mich zu, fragte mich und meinte, ob mir der kleine Blumenstock zu schwer ist. Hierauf erwiderte ich:

      Zu schwer ist mir der Blumenstock nicht, ich habe ihn nur auf die Straße hingestellt, um zu gratulieren, denn heute ist doch »Ludwig«.

      Brief an einen Theaterdirektor, geschrieben 1934

       Sehr geehrter Herr Direktor!

       München, im September 1934

       Wenn ich mir erlaube, über die gestrige Premiere zu kritisieren, so dürfen Sie es mir ruhig gestatten, mich über meine Eindrücke zu äußern.

       Daß gestern abend in Ihrem fast neuen Volkstheater Theater gespielt wurde, haben Sie eigentlich sich selber zu danken, umsomehr, wo man am Nachmittag noch nicht bestimmt gewußt hat, ob am Abend bestimmt premiert werden kann, haben Sie es fertig gebracht, mit fleißiger Energie und stahlhartem Willen, ein herabgekommenes Theater wieder als Schmuckkästchen zu verwandeln, sogar der Herr Oberbürgermeister war unter den Gästen zu erblicken. Über ihm, im 4. Rang, welcher sich ebenfalls über das famose Spiel glänzend amüsierte, saß ein alter Schulkamerad von meiner Wenigkeit, dieser freute sich mehr über die 2 Freikarten, als über das Stück selbst, was auch nicht schwer zu verstehen ist, denn er hat selbst schon, genau wie der »Hauptmann« auf der Bühne, Unterschlagungen gemacht, nur nicht in Dollar, sondern in Mark und Pein.

       Ich selbst will ja nicht Kritik ausüben über das Stück, denn dazu bin ich als früherer Schreiner und Getreidehändler nicht berechtigt – aber es war gut – guter hätte es nicht sein sollen, sonst wäre es zu gut gewesen und damit verwöhnt man das anwesende Publikum im Zuschauerraum, wenn dann das nächstfolgende Stück nicht so gut ist, ich meine überhaupt nicht gut, also ungut, kann man es so leicht nicht mehr gut machen ... Das einzige, was ich auszusetzen habe, war am Schluß der plötzliche Schuß. Obwohl das ganze Publikum ahnte (ich selbstverständlich auch), daß jetzt der Hauptmann hinausgeht, um Selbstmord zu verüben, erschrak es doch furchtbar. Einer alten Dame hinter mir fiel vor Schreck ihr Gebiß aus der Höhle des Mundes und fiel so unglücklich in die Hände einer neben ihr sitzenden jungen Dame, daß dieselbe meinte, es sei ihr eigenes und es flugs in den Mund schob; natürlich bemerkte sie sofort, daß es nicht mehr Platz hatte, da sie ja die ihren drin hatte.

       Es wäre nur eine Anregung meinerseits, wenn vor dem Schuß hinter der Bühne ein Herr vor die Rampe treten und in einer kurzen Ansprache erklären würde, daß das verehrliche Publikum gefaßt sein soll auf den kommenden Revolverschuß. – Oder