Heidi Dietzel

Mei Ruah möcht i'ham


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Theaterzwang eingeführt? Wenn jeder Mensch in das Theater gehen muß, wird die Sache gleich anders. Warum ist der Schulzwang eingeführt? Kein Schüler würde die Schule besuchen, wenn er nicht müßte. Beim Theater, wenn es auch nicht leicht ist, würde sich das unschwer ebenfalls doch vielleicht auch einführen lassen. Der gute Wille und die Pflicht bringen alles zustande.

      Ist das Theater nicht auch Schule, Fragezeichen!

      Schon bei den Kindern könnte man beginnen mit dem Theaterzwang. Das Repertoire eines Kindertheaters wäre sicherlich nur auf Märchen aufgebaut, wie Hänsel und Gretel, der Wolf und die sieben Schneewittchen.

      In der Großstadt sind 100 Schulen, jede Schule hat 1000 Kinder, das sind 100.000 Kinder pro Tag. Diese 100 000 Kinder jeden Tag vormittag in die Schule, jeden Nachmittag ins Theater – Eintritt pro Kinderperson 50 Pfennig, natürlich auf Staatskosten, das sind 100 Theater je 1000 Sitzplätze. Also per Theater 500 RM – sind 50.000 RM bei 100 Theatern.

      Wieviel Schauspielern wäre hier Arbeitsgelegenheit geboten? Der Theaterzwang bezirksweise eingeführt, würde das ganze Wirtschaftsleben neu beleben. Es ist absolut nicht einerlei, wenn ich sage: Soll ich heute ins Theater gehen, oder wenn es heißt: Ich muß heute ins Theater gehen. Durch diese Theaterpflicht läßt der betreffende Staatsbürger freiwillig alle anderen stupiden Abendunterhaltungen fahren, wie Kegelschieben, Tarocken, Biertischpolitik, Rendezvous, ferner die zeitraubenden blöden Gesellschaftsspiele: »Fürchtet ihr den schwarzen Mann«, »Schneider, leih mir deine Frau« usw.

      Der Staatsbürger weiß, daß er ins Theater muß – er braucht sich kein Stück mehr herauszusuchen, er hat keinen Zweifel darüber, soll ich mir heute Tristan und Isolde anschauen – nein, er muß sich's anschauen – denn es ist seine Pflicht.

      Er ist gezwungen, 365mal im Jahre ins Theater zu gehen, ob es ihm nun vor dem Theater graust oder nicht. Einem Schüler graust es auch, in die Schule zu gehen, aber er geht gern hinein, weil er muß. – Zwang! – Nur durch Zwang ist heute unser Theaterpublikum zum Theaterbesuch zu zwingen. Mit guten Worten haben wir jetzt Jahrzehnte hindurch wenig Erfolg gehabt. Die verlockendsten Anpreisungen, wie: Geheizter Zuschauerraum – oder: Während der Pause Rauchen im Freien gestattet – oder: Studenten und Militär vom General abwärts halbe Preise; alle diese Begünstigungen haben die Theater nicht füllen können. – Die Reklame, die bei einem großen Theater jährlich Hunderte von Mark verschlingt, fällt bei dem Theaterzwang gänzlich weg. – Ebenfalls auch die Preise der Plätze; denn die Plätze werden nicht mehr nach Standesunterschieden, sondern nach den Schwächen und Gebrechen der Theaterbesucher eingeteilt.

      1.-5. Parkettreihe: Die Schwerhörigen und Kurzsichtigen,

      6.-10. Parkettreihe: Die Hypochonder und Neurastheniker,

      10.-15. Parkettreihe: Die Haut- und Gemütskranken,

      sämtliche Rang- und Galerieplätze stehen den Asthmatikern und Gichtleidenden zur Verfügung.

      Auf eine Stadt wie Berlin kämen also – ausgenommen die Säuglinge und Kinder unter 8 Jahren, Bettlägerige und Greise – täglich rund 2 Millionen Theaterbesuchspflichtige, eine Zahl, die die jetzige Theaterbesucherzahl der Freiwilligen weit überschreitet.

      Man hat ja mit der Freiwilligen Feuerwehr ebenfalls bittere Erfahrungen gemacht und nach langer Zeit nun eingesehen, daß es heute ohne Pflichtfeuerwehr nicht geht.

      Warum geht es also bei der Feuerwehr und nicht beim Theater?

      Gerade Feuerwehr und Theater sind heute so innig miteinander verbunden – ich habe in meiner langjährigen Bühnenpraxis hinter den Kulissen noch nie ein Theaterstück ohne Feuerwehrmann gesehen.

      Sollte die vorgeschlagene »Allgemeine Theaterbesuchspflicht«, genannt »ATBPF«, zur Einführung kommen und, wie oben erwähnt, täglich zwei Millionen Personen in das Theater zwingen, so müssen in einer Stadt wie Berlin 20 Theater mit je 100.000 Plätzen zur Verfügung stehen. Oder 40 Theater mit je 50.000 Plätzen – oder 160 Theater mit je 12 500 Plätzen – oder 320 Theater mit je 6250 Plätzen – oder 640 Theater mit 3125 Plätzen – oder 2 Millionen Theater mit je 1 Platz.

      Was aber dann für eine famose Stimmung in einem vollbesetzten Hause mit, sagen wir, 50.000 Besuchern herrscht, weiß nur jeder Darsteller selbst. Nur durch solche eminente Machtmittel kann man den leeren Häusern auf die Füße helfen, nicht durch Freikarten – nein – nur durch Zwang – und zwingen kann den Staatsbürger nur der Staat!

      Die Rechnung

      Eine Dame beauftragte einen Schreinermeister, er möchte in ihrer Wohnung eine Zimmertüre neu anfertigen. Nach drei Tagen aber überlegte sich's die Dame wieder anders, stellte an die Stelle der Tür einen Kleiderschrank, und fand nun die Anfertigung der bereits bestellten Türe überflüssig. Sie teilte dem Schreinermeister dieses mit, aber es war bereits zu spät, denn der Schreinermeister hatte mit der Arbeit schon begonnen.

      Die Dame einigte sich mit dem Schreinermeister, ihm die bereits gehabten Auslagen zu bezahlen und bekam von ihm eine Rechnung gestellt, folgenden Inhalts:

      Eine neue Zimmertüre nicht gemacht ... 16.– Mark

      Dankend erhalten

      Schreinermeister F. Schwarz.

      Wirtshausgespräche

      Ein Kellner fragt Herrn Valentin, als dieser gehen will: Welcher Mantel gehört Ihnen? – Valentin: Der mit zwei Ärmeln!

      Valentin sitzt in einem Restaurant am Tisch – ein Herr fragt ihn, ob das auch wirklich Salz sei in dem Streuglas und nicht Streuzucker. – Valentin: Selbstverständlich ist es Salz, das seh'n Sie doch schon an der Farbe.

      Karl Valentin sitzt in später Abendstunde mit einem Bekannten in einem Restaurant. Plötzlich bemerkt der Bekannte, daß er seine Schlüssel vergessen hat. Darauf sagt Valentin: Da nehmen S' die meinigen, ich geh' heut sowieso net heim!

      Allerhand Sport ...

      Ein Mann, Doppelgänger von Beruf, Kamin (kam in) eine baumarme Waldgegend, um elektrischen Strom zu kaufen. An der Haustüre einer alten Sandgrube blieb er verdrossen stehen und ging heiteren Mutes seiner Wege weiter. Es war ein sonniger kinderreicher Frühlingstag und selten fuhr kein Auto hinter dem andern. Trotzdem in der ganzen Gegend kein Haus zu erblicken war, stand mitten in dieser Kleinstadt ein Kino, welches sehr schlecht besetzt war – ein Mensch saß drin – die Besitzerin selbst. Ein bildschönes Mädchen von 26 Jahren. Ihr Mann lernte sie einmal kennen, das war das einzige, was dieser Mann in seinem Leben gelernt hatte. Er führte das Mädchen in die nächstliegende Kirche (nächststehende) und ließ sich dort hochzeiten. Über der unbewölkten Einöde und am nahen Dorfbrunnen spielten alte Schulkinder mit Schneider und Scheren und pflückten aus Übermut Trinkwasser. Nach der Trauung begaben sich beide sofort auf den Sportplatz und spielten Fußball, nach dem alten Grundsatz: Zuerst der Sport und dann die Liebe. Und wer den Sport und das Turnen liebt, der fördert seinen Haarwuchs, denn schon der alte Sport- und Turnvater Jahn soll einen mächtigen Vollbart gehabt haben. – Also betreibet alle den Sport, denn Sport ist Leben – und Leben ist schwer. Genau so schwer ist es, wenn man während des Sitzens aufsteht und erst dann gehen will, wenn man sich niedergelegt hat.

      Wie waren doch schon unsere Vorfahren durch den Sport gestärkt. Der Riese Goliath (wohnhaft Löwengrube, Hausnummer ?) hat 1000 Jahre alte Eichenbäume mit Daumen und Zeigefinger aus dem Erdboden gerissen, den zugefrorenen Nil stieß er mit der blanken Fußsohle bis auf den Meeresgrund durch. Zeppeline und Aeroplane fing er mit der Hand wie Schmetterlinge – Riesenschlangen nahm er als Selbstbinder her und die größten Kirchtürme benützte er als Zahnstocher. Kurzum er hatte »Kraft und Schönheit« in sechs Akten. Aber daß sich Sport und Schicksal ohnedies die Hand geben, liegt klar auf der Hand. Beispiele: Ein Hochtourist bestieg zehnmal den Montblanc, ohne jeden Schaden zu erleiden, jedoch beim Anblick eines Steuerzettels wurde er ohnmächtig und mußte minutenlang das Bett hüten.

      Ein