Heidi Dietzel

Mei Ruah möcht i'ham


Скачать книгу

noch eine Gesellschaftstoilette anfertigen. Was sagst du zu schwarzem Samt und Goldbrokat? Mein französisches Jackenkostüm ist todschick geworden und hat gestern in den Cascinen Aufsehen erregt.

       Zwei Damen in einem eleganten offenen Wagen haben sich nach mir umgedreht und Bonciani sagte mir, es sei eine Principessa Colonna mit ihrer Schwester gewesen und er hätte mich sogleich vorgestellt, aber leider fuhren sie schon in die Stadt zurück und wir konnten doch auch nicht umkehren und sie einholen.

       Ach, Darling, das Leben ist doch schön!

       Wenn ich nun ein bisschen in den Strudel des Highlife untertauche, muss Lilly eben allein die Museen besuchen und ich finde es sogar sehr gut, wenn sie selbstständig an ihrer künstlerischen Bildung weiterarbeitet.

       Sie hat an meiner Seite alles Wesentliche gesehen und kann nun noch etwas mehr ins Detail gehen.

       Fritz nimmt mich – gottlob – gar nicht in Anspruch. Er sitzt Tag – und Nacht! – mit einem Berliner Professor zusammen und ist selig, dass er hier deutsche Kneiper gefunden hat.

       Nun – chacun à son goût!

       Übermorgen – Darling!

       Es klingt fast wie ein Märchen, dass man bei der uralten Familie Orsini zu Gast sein soll, in einem salone , in dem schon die berühmtesten Leute des Cinquecento mit ihren grandes dames geweilt haben.

       Der Principe Strozzi wird, wie Bonciani sagt, ganz bestimmt auch dort sein, und da er ein Vetter von ihm ist, werde ich mit ihn in nahe Fühlung kommen.

       Che combinazione grandiosa!

       Good by, sweet darling! Voglimi bene! Addio con tutta anima.

      La tua

      Mathilde.

      Friedrich Wilhelm Käsebier an Frau Auguste Krause in Berlin NW, Lessingstraße.

       Florenz, 27. Februar.

       Liebe Juste!

       Du hast wohln Keber gehabt, dass du meiner Droomsuse ihre ganze Brillantinenausstattung geschickt hast, und wenn se dir auch telegrafisch darum gebeten hat, denn hättest du doch bei mir anfragen können, ob sie nich 'n bisschen schwach im Koppe jeworden ist. Und ich hätte dir dann schon uffgeklärt.

       Seit ein paar Tagen war sie reineweg voller Grandezza, ich war ihr schon zu jemischt und sie quasselte bloß mehr von Strozzi und Orsini und Einladungen und Gesellschaften und habte sich so und tat sich dicke, als wenn sie 'ne geborne Hohenzollern wäre und mal ein bisschen die italienischen Fürstens bemuttern müsste. Na, ich dachte mir, sie war ja immer nich janz unwohl und hat mal wieder 'n jroßen Traller, aber das dicke Ende kam nach und wäre nachgekommen, wenn nich gerade noch die Polizei Vorsehung gespielt hätte.

       Gestern ufn Abend geht in unserm Hotel ein Mordsradau los, denn im Zimmer von 'ner Amerikanerin war 'ne Tasche mit Schmuck un Jeld jemaust worden und er kam gerade dazu, wie der Kerl aus dem Zimmer flitzte, und nu scheste er los, ein, zwei Treppen runter, den Korridor lang und rin ins Klosett, aber mein Amerikaner immer hinterher, und wie er'n hatte im Doppelnull, schreit er nach Kellner und Hausknecht und denn is auch gleich das halbe Hotel vor dem Geheimkabinett, und wie sie die Türe aufbrechen wollen, kommt der Kerl heraus, als wenn nischt wäre, und wer is es? Der elegante, todschicke verflossene Attaché, Conte Bonciani! Hat sich aber was mit dem Conte weil ihn die Polizei schon kannte, und er is bloß von der serbischen Hautevolee, 'n geprüfter und approbierter Hoteldieb aus Belgrad, so 'n Petrowitsch Gregorowitsch Lumpowitsch.

       Er hatte doch die liebe Mathilde so schön betimpelt, und wenn er man bloß bis heute hätte warten wollen, denn konnte er mit Brillanten beladen abschwimmen und deine seelensgute Schwägerin hätte keinen Ton gesagt, weil se doch viel zu vornehm is und von wejen der hohen Verwandtschaft, die der Mussiö Lumpowitsch mit die Orsinis hat.

       Nee! Ich denke, der Affe laust mir, wie sie mir im ersten Schrecken das Geständnis machte, dass sie heute bei Fürstens Tee schlabbern wollte und sich den Schmuck bestellte, den ihr det Aas dann geklaut hätte.

       Ich habe ihr aber 'n Licht uffjesteckt. Mathilde, sagte ich, so Leute wie dein verewigter Conte sind Menschenkenner und nun kannst du dir an die Finger abklawieren, warum er gerade dir seine Vornehmigkeit präsentiert hat. Der kennt dem lieben Jott sein Reitpferd und weiß Bescheid und so was kommt immer von so was.

       Nun tu mir den einzigsten Gefallen, Auguste, und schicke uns nicht 'n ganzen Möbelwagen nach, wenn wir vielleicht noch näher mit dem italienischen Adel bekannt werden, und grüße mir deinen Karl, der sich 'n Ast lachen wird.

       Herzlich

      dein Bruder Fritze.

      Frau M. Käsebier an Frau Kommerzienrat Wilhelmine Liekefett in Neukölln,

       Firenze, 1 marzo.

       Darling!

       Gestern noch wollte ich dir auf deinen Brief antworten, in dem du mir Glück wünschtest zu meinen Erfolgen in der Florentiner Gesellschaft, aber deine Worte rührten aufs Neue meinen Schmerz auf und ich brachte es nicht über mich, dir das Schrecklichste mitzuteilen.

       Was ist das Leben? Was ist unser Glaube an alles Gute und Schöne?

       Ich bin so grausam enttäuscht, dass ich den Glauben an die Menschheit definitiv verloren habe, und nie, nie mehr werde ich jenes harmlose Vertrauen auf die edlen Seiten der menschlichen Natur zurückgewinnen.

       Denke dir – nein, die Feder sträubt sich es hinzuschreiben – dieser Bonciani – oder nein, er heißt ja nicht so, er ist aus Belgrad und soll sich Gregorowitsch nennen – jedenfalls ist er Dieb und Hochstapler in einer Person.

       Wie kann man sich so täuschen! Allerdings, er hatte Manieren, wie sie nur bei den upper ten thousand vorkommen, und er soll ja auch aus einer serbischen Adelsfamilie stammen, aber dennoch–!

       Er hatte es auf meinen Schmuck abgesehen, der ja nicht in seine Hände gefallen ist, aber das Erwachen aus diesem Traum war doch fürchterlich!

       Erlasse mir die ausführliche Schilderung, Darling, meine Seele ist wund und du kennst ja Fritz und weißt darum, dass er nicht das Zartgefühl hat meine Empfindungen zu schonen!

       Ach!

       Kurz und gut, am Tage vor der Gesellschaft bei Orsini, oder richtiger vor dem Feste, das der Nichtswürdige mir vorgetäuscht hatte, wurde er als Dieb entlarvt und festgenommen und ich muss noch froh sein, dass der Hotelier von der fälschlichen Einladung bei Orsini nichts sagte und dass er auf meine Bitte hin darüber Schweigen bewahren will, sonst würde ich – es ist fürchterlich auszudenken – als Zeugin vor Gericht kommen.

       Dieses Schrecklichste wenigstens scheint mir erspart zu bleiben. Es ist ja genug, dass Fritz mit einer wahren Freude in meiner Wunde wühlt und diese willkommene Gelegenheit benützt um seine wirklich niedrigen Ansichten triumphierend zu verkünden.

       Es soll uns nun einmal nicht beschieden sein, die Ideale hochzuhalten und alles Erhabene muss in den Kot gezogen werden.

       Lass mich schließen, Darling. Du verstehst mich und meinen Schmerz und das ist mir eine Beruhigung in diesen trüben Tagen. Wir reisen morgen nach Roma und vielleicht lässt mich der Anblick der Ewigen Stadt diese Erlebnisse vergessen.

       Die Kunst ist doch die einzige, nie versiegende Quelle der reinen Freuden und meine Begeisterung für sie wird trotz aller hämischen Bemerkungen erst recht wieder emporlodern.

       Ich nehme Abschied von Florenz, an das sich für mich eine so unsäglich bittere Erinnerung knüpft,