Nadja Christin

Fatalis


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und so gut riechen würde, dann wäre vieles einfacher. Und erst diese Tätowierung, diese Provokation an ihre Umwelt, das imponiert mir einfach. Sie ist schon ein echt schnuckeliges, kleines Ding.

      Vor seinen Augen sieht er Viviens Gesicht und wie diese kleine senkrechte Falte zwischen ihren Augenbrauen entsteht.

      Eigentlich ist sie genau mein Typ, wenn ich sie in einer Disco treffen würde, wäre ich der erste der sie anquatscht, überlegt er und grinst nur noch mehr.

      Ich krieg dich schon noch, meine süße kleine Seele, spätestens in meinen Träumen.

      Schweigend joggen die beiden Männer nebeneinander her, zurück in Richtung des Orangen.

      *

      »Wie kannst du nur«, schimpft Luisa unterdessen mit Vivien, die gerade den Besen in die Garage stellt und das kleine Häufchen Dreck zusammenkehren will.

      »Wie kannst du nur so unfreundlich sein. Auch wenn du nichts von ihm willst, immerhin gehört er hier in die Siedlung, er ist dein Nachbar. Du hättest wirklich etwas freundlicher sein können, ihm wenigstens die Hand geben können, oder seinem Freund.« Luisa sieht aus, als schmollt sie, wie ein kleines Kind.

      Vivien steht mitten in ihrer Einfahrt, die Kehrschaufel in der Hand und blickt zu Luisa.

      Plötzlich wirft sie die Schaufel, mit einer wütenden Geste, auf den Boden, kommt auf ihre Nachbarin zu und zischt ärgerlich:

      »Luisa, lass mich ein für alle Mal in Ruhe mit diesem Mist. Ich will weder einen Kerl an meiner Seite, noch in meinem Bett haben. Außerdem sollte es dir aufgefallen sein, das ich niemals irgendjemanden die Hand gebe, noch nicht einmal dir. Ich berühre keine Menschen, Niemals. Sie sind mir egal.«

      Viviens dunkle Augen funkeln böse, Luisa tritt einen Schritt zurück, für einen kurzen Augenblick macht ihr Vivien Angst, mit ihrem Gefühlsausbruch. Luisa sieht auf ihre breiten Hände und murmelt:

      »Ja, schon gut. Entschuldige bitte, ich dachte nur …«

      »Lass mich einfach in Ruhe.« Vivien dreht sich brüsk um, nimmt ihre Schaufel wieder auf und beginnt das kleine Dreckhäufchen zusammen zukehren.

      Unschlüssig bleibt Luisa noch kurz am Zaun stehen, dann dreht sie sich um und geht langsam zu ihrem eigenen Haus zurück.

      In seinen Träumen

      Micki zwinkert ein paar Mal, er blickt sich um. Wo zum Teufel bin ich denn jetzt gelandet, überlegt er angestrengt.

      Er hockt neben einem kleinen aufgehäuften Steinwall, es ist dunkel, die Luft ist kalt, das macht ihm nicht viel aus, es sind andere Dinge, die ihm Sorgen bereiten.

      Wo bin ich und wie komme ich hier hin und, vielleicht noch viel wichtiger, wie komme ich hier wieder weg. Das sind die Fragen, die durch seinen Kopf schießen.

      Ganz in seiner Nähe vernimmt er plötzlich leise, knirschende Geräusche, er lauscht angestrengt. Dann ist alles wieder still. Micki lehnt sich gegen den Steinwall und erstarrt.

      Etwas hockt vor ihm, etwas riesiges, es ist ganz nahe bei ihm. Das Ding sieht aus wie ein Tier, wie ein Hund. Allerdings ist es von feuerroter Farbe und hat kein Fell. Es wirkt wie gehäutet, die Muskeln und Sehnen liegen bloß. Durch die dicken Adern kann Micki das Blut pulsieren sehen.

      Die Schnauze der Kreatur ist ganz nahe an seinem Gesicht, es hat keinen Nasenschwamm, wie ein Hund, die Nasenlöcher sind riesengroß und bestehen nur aus Knochen. Die Schnauze selbst ist langgezogen, Micki kann die spitzen Zähne sehen, von ihnen tropft Speichel. Die kleinen, gelben Augen fixieren ihn, es liegt ein grausamer Ausdruck in ihnen. Das Ding scheint zu überlegen, ob es diesen Fleischberg vor sich einfach verschlingen soll, oder nicht.

      Dann bewegt das Tier die Schnauze ein bisschen, es zieht Mickis Geruch in die knöchernen Naselöcher ein, es riecht ihn ab.

      Micki schluckt einmal kurz, die Kreatur entspannt ihren Blick ein wenig.

      Micki atmet erleichtert auf, er ist sich sicher, es wird ihn nicht töten.

      Sie sind beide aus dem gleichen Höllenfeuer entstanden, aus dem gleichen Chaos geboren worden. Sie sind sich ebenbürtig, wenn sie auch nicht für die gleiche Sache kämpfen, so sind sie doch so etwas wie Brüder.

      Das Höllengeschöpf schnaubt leise und verächtlich, dann ruckt sein mächtiger Kopf hoch, es spitzt die kleinen Ohren. Ein kurzer Blick aus den gelben Augen trifft ihn nochmals, das riesige Tier dreht sich um und rennt in die Dunkelheit.

      Micki sieht ihm hinterher, plötzlich ein leises Surren, ein hohes Kreischen und die Kreatur zerplatzt förmlich in einem hellen blauen Blitz.

      Micki kann sich ein erschrecktes Keuchen nicht verkneifen, was war das nur, fragt er sich, und warum ist es jetzt so plötzlich verschwunden? Angestrengt blickt er in die Nacht vor sich, er sucht die Gegend ab.

      Geduckt schleicht eine junge Frau an dem kleinen aufgehäuften Steinwall vorbei, es ist dunkel, wie immer, wenn sie auf die Jagd geht.

      Dunkel und kalt, der Atem wird vor ihrem Mund sichtbar, als kleine Dampfwolke.

      Wo sind sie nur, denkt sie und ihre Augen suchen angestrengt in der Dunkelheit umher, wo zum Teufel sind sie nur. Sie müssen ganz in der Nähe sein, ich kann sie doch schon praktisch riechen. Ihr Blick geht unruhig hin und her, suchend.

      Sie muss sie finden, bevor die anderen sie finden, sonst ist es aus mit ihr.

      Ihre hohen Stiefel verursachen knirschende Geräusche auf dem steinigen Boden, sie hockt sich hin und hält den Atem an.

      Jetzt ist alles still, kein Laut ist mehr zu hören. Es ist schon verzwickt, denkt das Mädchen, das ich ausgerechnet Dämonen jagen muss. Sie atmen nicht, sie haben keinen Herzschlag und sie verursachen scheinbar keinerlei Geräusche.

      Sie blickt nach oben, in den Sternenhimmel und versucht die genaue Zeit abzulesen. Wie viel Stunden ihr noch verbleiben, zur Jagd. Bevor sie sich in ihr sicheres Versteck zurückziehen muss, bevor die alles verglühende Scheibe wieder aufersteht.

      Gut, denkt sie grimmig, genug Zeit, einen will ich heute noch erledigen, Mindestens.

      Sie packt ihren kleinen, leichten Bogen etwas fester, der Pfeil liegt schon schussbereit in der Sehne. Ihr Zeigefinger umkrampft den dünnen Pfeil, dessen Spitze aus reinem, geweihtem Silber besteht und zusätzlich in das Blut eines Sonnenalbs getaucht wurde. Es ist die einzig wirksame Waffe gegen die verfluchten Dämonen. Schlechtes kann man nur mit Gutem bekämpfen.

      Die Pfeile in ihrem Lederköcher klappern leise aneinander, bald muss ich wieder zu Snirk, denkt sie kurz, damit er mir neue Pfeile und Spitzen herstellt.

      Silber gibt es genug, überall befinden sich Silberminen, der einzig sichere Ort in Nexanima.

      In den Minen ist man wenigstens sicher vor den Dämonen.

      Einen Sonnenalb zu finden, ist hingegen schon viel schwieriger, ihn für den guten Zweck zu töten fast unmöglich. Nur Snirk kennt noch ihre geheimen Verstecke, nur er ist in der Lage einen Sonnenalb zu finden, zu töten und ihm sein Blut zu nehmen.

      Da ist plötzlich eine Bewegung, weiter rechts von ihr. Sie linst um den Steinwall herum. Tatsächlich, da läuft etwas, es ist einer der verfluchten Seelensammler.

      Er rennt auf vier Beinen, es sieht aus, als laufe ein riesiges Tier vor ihr davon. Seine hellrote Farbe leuchtet ein wenig in der Dunkelheit, er wirkt, als käme er geradewegs aus dem Höllenfeuer.

      Das Mädchen spannt schnell ihren Bogen, zieht den Pfeil auf der Sehne bis an ihre zarte Wange, dann lässt sie ihn losschnellen. Der dünne Pfeil fliegt in einer atemberaubenden Geschwindigkeit durch die Nacht.

      Sie hält gespannt die Luft in ihren Lungen, mit einem zufriedenen Lächeln lässt sie den Atem ausströmen, als sie das hohe Kreischen der getroffenen Kreatur hört.

      Hab ich dich doch erwischt, denkt sie beruhigt. In einem blauen Lichtblitz