Juna Aveline B.

Wege des Himmels


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Sie aber bitte besser auf Ihren Sohn auf!“, ermahnte sie ihn. „Vielleicht machen Sie in den nächsten Ferien mal Urlaub auf dem Bauernhof. Ihr Sohn scheint nämlich vor allem die Kühe sehr zu mögen!“ grinste sie ihn an.

      „Das… ist nicht mein Sohn… das… das ist mein Neffe!“ stotterte Robin.

      „Ach so?“ Miriam Grinsen wurde noch breiter.

      „Aber… aber… kann ich mich irgendwie für Ihre Hilfe bedanken? Also dass sie mir meinen Neffen zurück gebracht haben, das… das ist wirklich sehr nett!“

      Miriam trat einen Schritt auf Robin zu, griff in ihrer Hosentasche nach einem Kugelschreiber und dann nach Robins Hand, auf die sie ihm ihre Handynummer schrieb.

      „Meine Handynummer! Über eine Einladung zu einem Kaffee freue ich mich immer!“ sagte sie frech, grinste ihn nochmal an, drehte sich dann um und verschwand wieder in den Ställen.

      Robin war total perplex, fasziniert und verwirrt. Er konnte sich nicht bewegen, keinen klaren Gedanken fassen, bis ihn Tim aus den Gedanken riss und ihm am Arm zuppelte.

      „Onkel Robin, Onkel Robin. Ich will jetzt aber unbedingt noch zu den Löwen!“

      Und schon wenige Stunden später waren Miriam und Robin zum Kaffee verabredet – Miriam war frisch geduscht und trug einen knielangen, weißen Sommerrock und ein buntes Sommertop, kein Vergleich zu den Arbeitsklamotten, die sie im Zoo trug. Und Robin war erneut sprachlos als er sie sah. Nachdem er die Sprache doch wiedergefunden hatte, sie bis spät in die Nacht erzählt und gelacht hatten, fuhr er sie nach Hause und küsste sie zum Abschied.

      „Seitdem möchte ich am liebsten gar nicht mehr aufhören, sie zu küssen!“ meint er seither immer wieder. „Und ich bin meiner Schwester so dankbar, dass sie mich gebeten hat, auf Tim aufzupassen. Und ich bin mir dankbar für meine Idee, in den Zoo zu gehen. Und ich bin Tim dankbar, dass er so frech war und einfach in den Kuhstall gelaufen ist!“

      Gibt es solche Zufälle? Oder ist es Schicksal? Ist unser Leben vorherbestimmt?

      Dass es komplett vorbestimmt ist, denke ich nicht. Wir bekommen immer wieder Chancen im Leben, die wir nutzen können oder nicht, Entscheidungen, die wir treffen, die uns auf den einen oder auf den anderen Weg führen. Aber manchmal trifft man keine Entscheidung, manche Dinge passieren einfach, ohne dass man sie wirklich bewusst gewählt hat. Und meistens sind es diese Dinge, die einfach so passieren, ohne unser Zutun, die unser Leben hauptsächlich bestimmen.

      Genauso unverhofft, wie Miriam in Robins Leben kam, ohne dass er dies wirklich hätte beeinflussen können, genauso wenig konnte Alex bei seiner Jobsuche damals bewirken, dass er eingestellt wurde, so dass er nun doch bei seinen Eltern mitarbeitet. Beides entscheidende Entwicklungen, die die Zukunft bestimmen, ohne dass dies jemand tatsächlich bewusst so entschieden hätte. Schon komisch.

      Montag, 19. November 2007

      Der Termin am Samstag beim Tierarzt hat auch nichts Neues ergeben. Ohne Befund. Ihr fehlt nichts, jedenfalls nichts, was ein Tierarzt erkennen könnte, und doch erbricht Anisha noch immer.

      Mir gehen so viele Gedanken durch den Kopf, was es sein könnte. Jetzt will ich es einfach mal mit einer Umstellung des Futters versuchen. Vielleicht sind es die Farb- und Konservierungsstoffe, die in vielen Futtersorten enthalten sind. Nun war ich heute morgen Futter einkaufen, wobei ich pingelig darauf geachtet habe, dass keine Farb- und/ oder Konservierungsstoffe darin zugesetzt sind. Jetzt heißt es Abwarten, ob die Futterumstellung das Magenproblem meiner Anisha löst.

      Mit der Abschlussarbeit komme ich inzwischen sogar auch Schritt für Schritt voran. Die Bücher stapeln sich zumindest auf meinem Schreibtisch. Und das ein oder andere (Unter-) Kapitel ist auch geschrieben. Mit der Gliederung bin ich mir noch etwas unsicher, aber das wird auch. Ich arbeite mich langsam aber sicher voran, auch wenn sich am Drumherum noch nicht viel geändert hat. Ich lasse mich noch immer zu gerne ablenken und Björn macht es mir auch nicht leicht.

      Die paar Worte, die er überhaupt noch mit mir wechselt, drehen sich immer um irgendetwas, das ihm gerade nicht passt. Und nun versucht er mir auch noch in Bezug auf meine Racker Vorschriften zu machen: „Die bekommen jetzt nur noch das Futter ohne Farb- und Konservierungsstoffe!“, „Das Katzenklo muss zweimal am Tag saubergemacht werden!“, „Die Wohnung muss sauberer werden, es dürfen nicht mehr so viele Dinge herumliegen!“ Allerdings meint er wohl: „Du darfst nur noch das Futter füttern…“, „Du musst zweimal am Tag das Katzenklo saubermachen!“, „Du musst die Wohnung öfter aufräumen und putzen!“ Letztendlich macht er nämlich nichts von alldem, was er verlangt. Das einzige was bei ihm Bestand hat, ist seine Haltung in Bezug auf die Erledigung unserer Hausarbeit: Wochenlang macht er nichts und irgendwann dann meint er, übermotivierten Einsatz beim Putzen zeigen zu müssen, wobei er nicht einmal mit einem Staubsauger umgehen kann! Echt wahr! Als ihn neulich wieder der blinde Aktionismus packte, holte er den Staubsauger hervor und begann das Wohnzimmer zu saugen, wobei er das neue Laminat verkratzte, weil er nicht merkte, dass man den Sauger einstellen kann auf Teppich- und glatte Böden. So bearbeitete er den Laminatboden mit der Einstellung für Teppichböden. Ich konnte nur noch sprachlos den Kopf schütteln.

      Spätestens in dem Moment habe ich eingesehen, dass es wohl besser ist, mich größtenteils alleine um den Haushalt zu kümmern. Wenn er wenigstens regelmäßig das Geschirr abräumen und in die Spülmaschine stellen würde, wäre mir das hundertmal lieber als diese Putzanfälle, die doch nichts bringen.

      Aber seine Kommentare, dieses ständige Rumnörgeln und Besserwissen, machen mich wirklich wütend. Er sieht mich gar nicht. Er sieht nicht, was ich für ihn mache, dass es ihm auch zugutekommt, wenn ich regelmäßig koche, wasche, Staub sauge. Und ich bin es, die sich größtenteils um die Racker kümmert, auch wenn er betont, wie lieb er die beiden habe und dass er sie nicht mehr hergeben würde, was er vor allem dann regelmäßig erzählt, wenn Besuch da ist. Ab und zu füttert er sie mal, wenn sie ihn hungrig mit großen Augen anschauen als ob sie gleich verhungern, obwohl sie ihre Ration Trockenfutter gerade verputzt haben.

      Es ist alles so ein Chaos… alles ist nur noch schlimmer geworden. Schon beim Umzug schien es für ihn völlig selbstverständlich, dass ich auch seine Sachen größtenteils gepackt habe. Er behandelt mich, als ob ich den ganzen Tag sowieso nichts anderes zu tun hätte, klar dass ich dann doch wenigstens mal den Haushalt schmeißen könnte. Dass ich auch drei Tage arbeite und dazu an meiner Abschlussarbeit arbeite, scheint er völlig vergessen. Dazu muss ich ihm auch noch immer zuhören, wenn er sich mal wieder über seine Probleme auslässt.

      Momentan habe ich echt das Gefühl, ich muss dies, ich muss das, immer muss ich etwas für ihn tun. Und wenn ich Zeit für meine Arbeit habe, fühle ich mich leer, kraftlos, als ob er alle Energie aus mir herausgesaugt hätte. Umso einsamer fühle ich mich dann. Ich weiß nicht, wie ich hier in Berlin Kraft tanken kann.

      Auch die Wochenenden haben sich nicht wesentlich geändert. Björn und ich unternehmen noch immer nichts zusammen. Meist gehen wir einmal am Wochenende essen, wobei wir uns über Nichtigkeiten unterhalten, und anschließend gehen wir noch in irgendein Shopping Center. Wahrscheinlich denkt er, dass ich das will oder dass mich das glücklich macht. Aber was will ich jede Woche im Shopping Center? Mir wäre es viel lieber, wenn wir öfters mal einen Spaziergang machen würden. Und es gibt so viele andere Dinge, die man in Berlin sehen und erleben kann, den Zoo, das Planetarium, den Wannsee, … und wir verbringen die Zeit in Shopping Centern, wobei wir uns dann auch noch trennen und die meiste Zeit in unterschiedlichen Geschäften aufhalten.

      Haben wir wirklich nur noch so wenig gemeinsam? Haben wir uns wirklich nur noch so wenig zu sagen? Haben wir keine gemeinsamen Träume mehr, keine gemeinsamen Ziele?

      Samstag, 24.November 2007

      Endlich kann ich mal kurz durchschnaufen! Gestern war ich noch ewig lang auf der Arbeit, um die nächste Einweihungsfeier für die neuen Büroräume vorzubereiten. Und dann kamen Banner und andere Werbemittel von einer weiteren Veranstaltung vorgestern