Heike Möller

Auch Vampire brauchen Liebe


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aber?“, wollte er wissen.

      „Ich bin Ihre Angestellte. Und ich bekomme märchenhafte Räume, in denen ich wohnen darf. Das … ich will nicht undankbar klingen, aber, …. Sollte ich nicht eher bei den anderen Angestellten wohnen?“ Es war Nicole irgendwie unangenehm, den Punkt zur Sprache zu bringen. Aber von Anfang an war ihr aufgefallen, dass die Cernýs einen lockeren Umgang mit ihren Angestellten pflegten und sich überhaupt nicht wie snobistische Adelige benahmen.

      Vielleicht hatte sie auch eine falsche Vorstellung von Adligen!

      „Frau Sanders, seien Sie versichert, dass alles seine Richtigkeit hat. Außerdem sind sämtliche Räume der anderen Angestellten belegt. Die einzige Möglichkeit wäre noch bei der Köchin, aber das möchte ich Ihnen nicht antun. Zum Einen ist es nur ein einziger Raum und zum Zweiten schnarcht die Gute wie ein ganzes Sägewerk.“

      >Sie ist wirklich bescheiden<, dachte er und sein Blick blieb kurz an ihrem Hals hängen, um den jetzt ein weißes Seidenhalstuch geknotet war. Unterhalb des Tuches sah er eine kleine Narbe, mittig und oberhalb des Scheitelpunktes der Schlüsselbeine. >Ein Luftröhrenschnitt?<

      „Was haben Sie noch auf dem Herzen?“

      Nicole lief rot an. „Wie haben Sie das mit Pumuckel gemacht?“

      Adolar lächelte Nicole schief an. „Ah! Ich habe mich schon gefragt, wann Sie mich darauf ansprechen wollen.“ Er drehte sich wieder um und ging die Treppe weiter hinunter. Nicole folgte ihm, Pumuckel an der kurzen Leine haltend.

      „Ich habe mit Pumuckel mental kommuniziert, auch wenn Sie es mir nicht glauben sollten.“

      „Sie glauben gar nicht, was ich alles glaube!“

      Erstaunt sah Adolar Nicole von der Seite an. „Wie darf ich das verstehen?“

      „Ähm, ich bin nicht gerade gläubig im religiösen Sinn. Aber ich glaube, dass es mehr Dinge in unserer real existierenden Welt gibt, als die Wissenschaft zu erklären vermag. Warum soll es nicht auch Telepathie geben? Solange es keinen Gegenbeweis gibt, räume ich die Möglichkeit der Existenz verschiedener Phänomene ein.“

      Adolar schürzte die Lippen. „Erstaunlich.“

      Nicole konnte mit der Antwort nicht viel anfangen, fragte aber auch nicht nach, weil sie jetzt die riesige Küche der Burg betraten.

      Eine kleine Frau mit einem unglaublichen Körperumfang drapierte gerade den Braten auf einem Tablett und ein schmal gebauter Mann mittleren Alters schüttete dampfende Kartoffeln in eine Schüssel.

      „Guten Abend, Adolar!“, zwitscherte die Köchin und Nicole fiel die Kinnlade herunter. Die Köchin schien sehr vertraut mit dem Grafen umzugehen.

      „Hallo Magda! Hhm, das duftet ja wieder mal köstlich. Ich hoffe, du hast dazu reichlich Gemüse gemacht.“

      „Aber natürlich! Obwohl du vielleicht ein wenig mehr Fett essen solltest, du hast zu wenig auf den Rippen!“

      Der Graf stellte die Näpfe und den Futtersack neben der großen Tiefkühltruhe ab, ging zur Köchin und umarmte sie von hinten. Was ein wenig skurril aussah, da die Leibesfülle der Köchin eine komplette Umarmung kaum ermöglichte.

      „Meine Süße, du hast für uns beide genug auf den Rippen. Aber ich will dich auch gar nicht anders haben!“ Er holte mit seiner rechten Hand aus und versetzte der älteren Frau eine freundschaftlichen, aber durchaus kräftigen Klaps auf das ausladende Hinterteil.

      Nicole fand diese intime Vertraulichkeit aus irgendeinem Grund bizarr und merkte, dass sie schon wieder rot angelaufen war.

      „Magda, das ist Nicole Sanders. Sie ist unser Gast für die nächsten drei Monate und bringt die Bibliothek auf Vordermann. Frau Sanders, das ist Magda. Sie ist eine Perle.“

      Während Adolar die beiden Frauen einander vorstellten, wischte sich die Köchin die Hände an einem Handtuch ab, warf dieses einfach auf die Arbeitsfläche, ging unbekümmert auf Nicole zu und umarmte sie.

      „Jesus, Mädchen! Sie sind viel zu dünn! Das wird sich ändern.“

      „Freut mich auch, Sie kennen zu lernen“, quetschte Nicole hervor und versuchte wieder Luft zu bekommen.

      Pumuckel hatte sich auf seine Hinterläufe gesetzt und blickte neugierig zu seinem Menschen empor. Dieser andere Mensch roch gut, nicht nur weil der schmackhafte Duft von Fleisch an ihm haftete. Dieser Mensch roch einfach nach Mensch.

      „Und wer bist du, Schnuckelchen?“ Die Köchin wendete sich jetzt Pumuckel zu.

      „Pumuckel ist noch nicht vertraut mit der Umgebung. Vielleicht ….“ Aber da hatte Magda schon den Kopf des Wolfshundes in den Händen und herzte und knuddelte ihn mit all ihrer Liebe.

      „… sollten Sie ihn erstmal Gelegenheit geben, Sie kennen zu lernen“, murmelte Nicole, um ihren Satz zu beenden.

      „Kann Pumuckel hier in der Küche seine Mahlzeiten einnehmen?“, fragte Adolar Cerný.

      „Natürlich. Am Besten da in der Ecke neben der Tiefkühltruhe. Ist Ihnen das auch Recht, Herzchen?“ Die Frage war an Nicole gerichtet.

      „Ja. Danke. Hervorragend.“ Nicole stellte die Packung mit dem Knabberzeug ab und nahm Adolar die beiden Näpfe aus der Hand. In einem Napf füllte sie klares kaltes Wasser und stellte es Pumuckel an besagter Stelle hin. Dann öffnete sie den Futtersack und schaufelte drei Handvoll in den zweiten Napf.

      „In dem Wasserkocher ist noch Wasser, Kindchen. Vor einer Stunde hatte ich mir einen Tee gemacht und der Rest müsste noch leicht warm sein.“ Magda reichte Nicole den Wasserkocher.

      „Danke, Magda. Das ist wirklich sehr aufmerksam.“

      „Meine Söhne haben Hunde und wenn ich zu Besuch bin, kümmere ich mich immer um die lieben Kleinen.“

      >Cerný hat Recht. Sie ist eine Perle.<

      Nicole sah sich in der Küche um. Die Arbeitsplatten waren aus strapazierfähigem, leicht zu reinigendem Material, die Schränke und Regale in modernem, aber unaufdringlichem Design. Es gab zwei große und einen kleineren Backofen sowie mehrere Kochfelder mit Gas und Ceran. Eine große Spüle mit Doppelbecken und einen Geschirrspüler, in dem das Geschirr einer Fußballmannschaft hineingepasst hätte. Drei Kühlschränke und eine große Tiefkühltruhe.

      „Keine Mikrowelle?“

      „Ich hasse diese Dinger“, erklärte Adolar.

      „Wo kann ich das Futter für Pumuckel abstellen?“, fragte Nicole.

      „Die Vorratskammer ist dort!“ Magda zeigte auf eine Tür, die Nicole erst jetzt wahrnahm. An ihr hingen Schürzen und Handtücher.

      Nachdem Nicole in der geräumigen und hervorragend gefüllten Vorratskammer Pumuckels Fressalien verstaut hatte, wusch sie sich noch einmal kurz die Hände. Adolar ergriff die Bratenplatte. „Ladies first“, sagte er und winkte mit dem Kopf zur Tür. Magda band ihre Schürze ab und warf sie über den Rand der Spüle, griff Nicoles Arm und führte sie einfach hinaus.

      „Machen Sie sich um Ihren Hund keine Sorgen. Der ist hier gut aufgehoben.“ Magda hatte Nicoles besorgten Blick in Richtung Pumuckel bemerkt. Sich ihrem Schicksal fügend folgte sie der Köchin und sie gelangten in das Gemeinschaftsesszimmer, von dem Andres gesprochen hatte.

      In alten Zeiten musste das die Gesindeküche gewesen sein. Jetzt war es ein großer Raum, mehrere Tische waren zu einer Tafel zusammengestellt worden und einfache, aber bequeme Holzstühle standen um die reichhaltig gedeckte Tafel herum. Ungefähr zwanzig Menschen, Männer und Frauen verschiedenen Alters, standen um die Tafel herum und starrten hungrig auf das dampfende Essen, das überall auf den Tischen verteilt war.

      „Das ist Nicole Sanders. Sie ist unser Neuzugang. Stellt euch ihr am besten selbst vor. Setzt euch, Leute!“, sagte Adolar und stellte das Tablett mit dem Braten an eine freie Stelle.

      Nicole sah, dass an einer anderen Stelle ebenfalls ein Tablett