Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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Der Pudel weichet nicht.

       »Zurück!« so schallt es nochmals,

       Der Spukgeist weichet nicht.

       Es schallt zum dritten Male:

       »Zurück!« – es wirket nicht;

       Da legt er an und schießet

       Dem Pudel in's Gesicht.

       Und gut hat er getroffen,

       Der Spukgeist liegt im Blut,

       Und röchelt vor dem Tode

       In letzter Lebensglut.

       Und als am andern Morgen

       Den Pudel man beschaut,

       Ist's eines Studio Leiche

       In eines Pudels Haut.

       Der wollt' die Wache schrecken,

       Und büßt' den Frevel schwer.

       Es schrecket wohl kein Studio

       Vermummt die Wache mehr.

       Und kommt die eilfte Stunde,

       So spukt sein Geist am Thor;

       Als schwarzer Pudel rennt er

       Mit weißem Schweif und Ohr.

       Und seit die Wache nimmer

       Am Thore dorten steht,

       So hält der Teufel selber

       Dort Wache – ha nun seht!

       Was trägt er auf der Schulter?

       Das ist doch kein Gewehr?

       Er schultert die Kanone,

       Ihm ist sie nicht zu schwer.

       Noch jetzt spukts dort am Thore

       In stiller Mitternacht,

       Wenn Alles rings im Schlummer

       Und noch der Träumer wacht.

       Ich sah den Spuck auch schleichen

       Jüngst dort entlang der Wand.

       Das Thor es wird noch heute

       Das Teufelsthor genannt.

       253. Die Residenz zu Würzburg.

       Von J. R u t t o r .

       Die Bauten sind zu Ende,

       Es prangt der Fürstenbau,

       Und über ihm sich wölbet

       Voll Stolz des Himmels Blau.

       Die Residenz, die schöne,

       Sie prangt in Kaiserpracht;

       Das Werk bald in Vollendung

       Dem edlen Meister lacht.

       Da tritt er vor den Bischof,

       Und fordert seinen Lohn;

       Doch dieser zwacket dieses

       Und jenes ab davon.

       Der Meister drob erzürnet,

       Geräth in bittre Wuth,

       Und redet zu sich selber

       In heißer Zornesglut:

       »Der Bau soll stets erinnern,

       Daß er nicht ganz bezahlt;

       Der Bau wird nicht vollendet,

       Wie fürstlich er auch strahlt!«

       Und tritt zu den Gesellen,

       Und spricht das herr'sche Wort:

       »Ein Fenster gegen Norden

       Bleibt unvollendet dort!«

       Und die Gesellen thaten,

       Wie jener streng befahl;

       Am Fenster das Gesimse

       Wird nicht behau'n einmal.

       Und noch zu dieser Stunde

       Ist's unvollendet dort;

       Der Geist des zorn'gen Meisters,

       Er wandelt Nachts am Ort.

       Versucht's ein and'rer Meister,

       Das Fenster auszubau'n,

       Kann er's am Morgen wieder

       Im alten Stande schau'n.

       Drum bleibt es unvollendet,

       So lang der Bau besteht,

       Der Wandrer kann es schauen,

       Der dort vorüber geht.

       254. Das Kreuz im Neumünster.

       Mündlich.

       In der Kirche zum Neumünster in Würzburg ist ein

       altes Kreuzbild, davon geht die Sage: Als die Schweden

       in Würzburg hausten, stieg ein Soldat zu Nachtszeit

       in die Gruft der Neumünsterkirche hinab, in der

       Absicht, sich des goldenen Kreuzbildes zu bemächtigen,

       das seine Habgierde gereizt hatte. Doch siehe!

       als er die räuberische Hand darnach ausstreckt, umschließt

       ihn das Bild des Gekreuzigten mit beiden

       Armen und läßt ihn nicht mehr von der Stelle weichen,

       so viel er auch flucht und lästert und sich mit

       Gewalt davon losmachen will. So blieb er gefesselt

       hängen bis zur frühen Morgenstunde. Da nahte sich

       ein Priester, hörte das Wehklagen des Frevlers und

       bewirkte durch sein Gebet die Befreiung desselben.

       Das Kreuzbild aber wird bis auf diese Stunde in dem

       Neumünster aufbewahrt.

       255. Der Schornsteinfeger am Fischmarkt.

       Mündlich.

       Auf einem Schornstein des Fischmarktes zu Würzburg

       war früher ein Schornsteinfeger abgemalt zu

       sehen. Davon erzählt die Sage: Nach der Schlacht bei

       Nördlingen rief der schwedische Heerführer, welcher

       damals in Würzburg lag, seine Leute auf dem Fischmarkt

       zusammen und verkündigte ihnen in schwedischer

       Sprache, damit es die Würzburger nicht merkten,

       was bei Nördlingen vorgefallen, und wie man

       sich schleunigst aus Würzburg zurückziehen müsse;

       vorher sollte jedoch die Stadt noch einmal männiglich

       geplündert werden. Diese Anrede hörte Niemand mit

       an als ein Schornsteinfeger, der aus dem Versteck

       eines benachbarten Schornsteines lauschte. Derselbe

       hatte sich früher als Handwerksbursche ein wenig in

       Schweden umgesehen und so viel von der Sprache gemerkt,

       daß er die Würzburger alsogleich von der drohenden

       Gefahr benachrichtigen konnte. Wie das der

       Magistrat hörte, traf er schnell geeignete Maßregeln,

       und so mußten die Schweden diesmal mit leeren Säkken

       aus Würzburg ziehen. Zum Angedenken dieser

       Begebenheit wurde ein Schornsteinfeger auf den

       Schornstein eines Hauses am Fischmarkt gemalt.

       256. Der Blutstein auf Marienberg.

       Mündlich.

       In dem Kirchlein der Veste Marienberg bei Würzburg

       wird ein Stein am Fuße des Altars gezeigt, der von

       Blut befleckt ist. Davon geht im Volke die Sage: