Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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Herzog in Franken, starb 1684.

       »Geh, Diener, und halte das Schifflein bereit!

       Herr Dechant, Ihr gönnt uns Euer Geleit:

       Die Frühlingssonne, der freundliche Main,

       Sie locken und laden zur Lustfahrt ein.«

       Kein Stündchen verschwand, da verließen das Schloß

       Der Bischof und Dechant auf schmuckem Roß,

       Bestiegen selbander das harrende Schiff

       Nach Höchheim zu rudern mainab im Begriff.

       Wie spielte die Luft mit den Wimpeln so hold,

       Wie glänzte die Burg in der Sonne Gold,

       Wie trieben die Fischlein ihr munteres Spiel,

       Wie rauschte die Well' um den bauchigen Kiel!

       Da wurde dem Bischof im Herzen so warm,

       Da fühlt er sich ledig von Sorgen und Harm,

       Da mundet ihm wieder der köstliche Wein,

       Den drüben die Sonne gewürzt hat am Stein.

       Das ist ein Getränk für Dezember und Mai,

       Und zaubert dem Zecher all Holdes herbei;

       Das kühlet im Sommer die sengende Glut

       Das wärmet im Winter das frostige Blut.

       Und langsam bewegt sich das Schifflein zur Stell

       Des Frauenklosters von Unterzell,

       Wo frommgepriesen, zu selbiger Frist,

       Die Schwester des Bischofs – Aebtissin ist.

       Und kommen sieht sie von Weitem den Zug –

       Und sieht – ist es Täuschung und Sinnentrug? –

       Und reibt sich die Augen, und starret mit Graus –

       Die Schwester nach ihrem Bruder hinaus.

       Denn vor ihm, da Wimpel und Deck' ihn nicht barg,

       Lag schwarzumhangen von Tüchern, ein Sarg

       Und Stola darauf und Inful und Stab,

       So wie er gesenkt wird in's offene Grab.

       Da ruft sie die Schwestern herbei auch in Eil'

       Doch Keiner ward die Erscheinung zu Theil,

       Sie sah'n in der Helle des sonnigen Lichts,

       Den Bischof, den Dechant, die Diener, sonst Nichts.

       Die Aebtin eilet entsetzt in den Chor,

       Und sendet Gebete zum Himmel empor,

       Und klaget: »So früh schon zum Tode bestimmt,

       Da frisch noch die Lampe des Lebens ihm glimmt!«

       Der Bischof reitet zur Stadt zurück:

       »Ein solcher Tag ist im Leben ein Glück!«

       Der Bischof reitet hinan auf's Schloß,

       Steigt ab, und streichelt das muntere Roß.

       Das Rößlein wird in den Stall geführt,

       Da hat's nicht Hafer noch Heu berührt,

       Dem Bischof drückte zur ewigen Ruh'

       Der Engel des Todes die Augen zu.

       Dies Alles geschah in derselbigen Nacht,

       Des andern Tags hat die Sonne gelacht

       So freundlich, als wie den Tag vorher,

       Das Roß und den Reiter – sie freut es nicht mehr.

       246. Bischof und Marschall.

       Von F . J . F r e i h o l z . – J o h a n n G o t t f r i e d

       II. von G u t e n b e r g Bischof und Herzog in Franken

       1684-1698.

       Nicht immer wohnet Tapferkeit

       Im blankgeschliffnen Schwerte,

       Es gibt auch sonst noch tapfre Leut

       Auf Gottes weiter Erde,

       Und mancher unterm Pfaffenhut

       Zeigt in Gefahren großen Muth.

       Zu Würzburg in dem Frankenland

       Saß auf dem Bischofstuhle

       Ein edler Herr; an seiner Hand

       Saß immer seine Buhle;

       Die liebt er heiß, die liebt er sehr,

       Sie war auch schön, hieß – F ü r s t e n e h r ' !

       Da kam Türenne, der große Held

       Ließ nirgends was als – Asche,

       Und steckte gern die ganze Welt

       In Frankreichs weite Tasche.

       Kam auch nach Würzburg, klopfte an,

       Doch ward ihm hier nicht aufgethan.

       Da lacht der Marschall: »Ha bei Gott!

       Die sollens noch beklagen!«

       Und läßt dem Bischof wie zum Spott

       Die kurze Rede sagen:

       »Komm' morgen selbst zum Bischof Hans,

       Und eß mit ihm die Martinsgans!«

       Doch Hans Gottfried, der tapfre Mann

       Versammelt seine Franken:

       »So lang ich auf euch bauen kann,

       Soll auch mein Muth nicht wanken.

       Den Kelch vertausch' ich mit dem Schwert,

       Und schütze euch und euren Herd!«

       Da schlägt aus jeder Frankenbrust

       Ein Jubel gegen Himmel;

       Das ist ein Leben, eine Lust

       Ein kriegerisch Gewimmel;

       Und Jeder nimmt das Schwert zur Hand

       Zum Schutze für das Vaterland.

       Der Bischof spricht zum Feldmarschall

       Durch seinen Abgesandten:

       »Es ist zu einem Mittagsmahl

       Viel Gänsefleisch vorhanden.

       Dieweil in Franken Gastrecht gilt

       Sind ihn zu füttern wir gewillt.

       Doch käme er zu uns als Feind,

       Soll dies Brandschatzung heißen,

       Dann haben wir's nicht so gemeint,

       Dann gibt es Gäns von Eisen;

       Und biss' er sich an unsrem Trumpf

       Auch alle seine Zähne stumpf.

       Und alldieweil die Gänse sind

       Sehr schwierig zu vertragen,

       So sind wir freundlich ihm gesinnt,

       Und füllen ihm den Magen

       Mit heißem, blutigrothem Wein,

       Den schenken Kanoniere ein!«

       Es stutzt der Marschall, staunt und schaut,

       Als dieses er vernommen;

       Auch ist ihm eine Gänsehaut

       Gar plötzlich überkommen.

       Hat reiflich drüber nachgedacht,

       Und klüglich sich davon gemacht.

       Drum noch einmal, nicht immer steckt

       Die Tapferkeit im Schwerte

       Und manches Pfaffenkleid verdeckt

       Wie diese Sage lehrte,

       Zu seiner Unterthanen Glück

       Ein muth'ges Herz im Mißgeschick.

       247. Der heilige Macarius zu Würzburg.