Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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und das feste Schloß des Bischofs erstürmten, drang

       ein wüthender Haufe in die Kirche, woselbst ein greiser

       Kapuziner am Altare so eben das heilige Meßopfer

       feierte. Bei dem Anblicke des würdigen Priesters

       ergrimmt die rohe Schaar und Einer haut ihn meuchlings

       mit seinem Schwerte nieder. Das Blut des Unschuldigen

       spritzte auf einen Stein, von welchem es

       nicht mehr abgewaschen werden konnte. Noch heutiges

       Tages zeugt der blutige Stein von der unmenschlichen

       That.

       257. Die Geister auf Marienberg.

       Mündlich.

       Früher wurde jeden Abend auf der Veste Marienberg

       das Ave Maria getrommelt. Dieser Gebrauch soll

       daher gekommen sein, weil sich auf eine Zeit um Mitternacht

       ein Geisterzug mit solchem Brausen und Lärmen

       vernehmen lassen, daß nicht nur die wachthabenden

       Soldaten in Schrecken gerathen, sondern auch die

       Schläfer aus ihrer Ruhe aufgescheucht worden. Man

       weiß nicht, ob es die Geister erschlagener Schweden

       oder der von den Schweden Erschlagenen gewesen

       seien. Das Ave Maria hat sie zur Ruhe gebracht.

       258. Der Schenkthurm bei Würzburg.

       B. B a a d e r im Anzeiger von M o n e 1838, S. 53.

       Zu Zell bei Würzburg wurde einst in der Spinnstube

       gesagt, daß im Schenkthurm ein Hühnernest mit Eiern

       sei, und dabei demjenigen ein grüner Rock versprochen,

       der sich getraue, jetzt in der Nacht allein die

       Eier zu holen. Ein Mädchen erklärte sich zu dem Unternehmen

       bereit, wenn man ihr einen Ranken

       schwarz Brod, einen Wetzstein und einen schwarzen

       Kater verschaffte. Nachdem sie diese Dinge erhalten,

       ging sie damit hinauf in den öden Bergthurm, fand

       dort in einer Raufe das Nest und nahm die Eier heraus.

       Da rief ein grauer Mann ihr zu: »Hättest du deinen

       rinkenden Rank, deinen wetzenden Wetz und deinen

       schwarzen Kater nicht, so wollt' ich dir den Hals

       brechen!« Voll Schrecken lief das Mädchen davon,

       und brachte zwar die Eier nach Zell, wurde aber krank

       und starb nach kurzer Zeit.

       259. Die versunkene Mühle.

       Von F . J . F r e i h o l z . – An der Straße nach

       V e i t s h ö c h h e i m , wo das S i e c h e n h a u s

       steht.

       Es saßen einst vier Gesellen

       In einer Mühle am Main,

       Die zechten da und die sangen

       Manch wüstes Lied darein.

       Sie fluchten auf Gott und Teufel,

       Auf Zeit und auf Ewigkeit;

       Sie fluchten dem eig'nen Fluchen

       In ihrer Trunkenheit.

       Da tappt es leis an der Thüre,

       Da tappt es leis an dem Schloß,

       So daß den wilden Gesellen

       Der Schweiß vom Antlitz floß.

       Sie sitzen ganz still und ruhig,

       Nur einer springet hervor,

       Verlacht die feigen Gefährten

       Und öffnet keck das Thor.

       Doch draußen da stehet zitternd

       In einem ärmlichen Kleid,

       Mit ihren bittenden Augen

       Die wunderschönste Maid.

       In herrlichen Locken wallet

       Ihr schwarzes glänzendes Haar,

       Es bringt das leuchtende Auge

       Wohl jedem Herz Gefahr.

       Da jubelten die Gesellen,

       Im wilden, lustigen Chor;

       Es schlug die schüchternen Augen

       Die holde Maid empor:

       »O gebet mir Trank und Speise

       Und lasset fürder mich ziehn,

       Ich muß noch heute nach Würzburg,

       Der Frankenhauptstadt hin.«

       »Ho! ho! du mein blödes Täubchen,«

       So schreit der Erste und lacht,

       »Du wirst so schnell nicht entwischen,

       Du bleibst bei mir heut Nacht!«

       »Ho! ho!« so schreiet der Zweite,

       »Komm' Mädel trinke mit mir

       Und ich verlange nichts weiter

       Als einen Kuß dafür.«

       »Ho! ho!« so schreiet der Dritte,

       »Ich wünsch' ein Tänzchen mit dir,

       O komm' schwarzlockiges Mädel

       Und tanze ein's mit mir.«

       Jedoch in der Brust des Vierten,

       Da wirkt der Liebe Gewalt,

       Verdrängt die rohe Begierde

       Durch ihre Huldgestalt.

       »O komme,« so rief er freudig,

       »O komme, holdeste Maid;

       Ich will dich treulich beschützen,

       Ich geb dir das Geleit;

       Ich liebe dich fest im Herzen,

       Ich lieb' dich innig und wahr,

       Trau meinem kräftigen Arme

       Er schützt dich vor Gefahr.«

       Da neiget sich süß erröthend,

       Zu ihm die herrliche Maid,

       Aus ihren glühenden Lippen

       Saugt er sich Seligkeit.

       So hielt er fest sie umschlungen

       Mit seinem kräftigen Arm;

       Wie ruht am Busen der Liebsten

       Er gar so süß und warm.

       Drob zürnten die drei Gesellen,

       Und schrie'n und lärmten darein;

       »Laß Bruder, lasse die Beute,

       Denn sie ist allgemein.

       Es hole sich Jeder selber

       Was er für's beste dann hält,

       So haben wir's stets getrieben,

       So ist der Lauf der Welt.«

       Doch fester hält er im Arme

       Die ewig theuere Maid,

       Er faßt die blinkende Waffe,

       Und ist zum Kampf bereit.

       Da stürmen die drei Gesellen,

       Auf ihren Bruder herein,

       Und stoßen mordende Dolche

       Ihm tief in's Herz hinein.

       Er sinket verblutend nieder,

       Das Leben will ihm entfliehn,