Christoph Hoenings

Djihad


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weniger sichtbar gemacht werden. Ein kleines Boot sähe bestenfalls aus wie einer der vielen Felsbrocken am Meeresboden.“

      Hakeem musste plötzlich grinsen.

      „Deshalb hat du neulich General Faisal gesagt, dass du kleine U-Boote beschaffen willst!“

      Auch Zaif lächelte breit.

      „Ja sicher! Du weißt doch, wie man hier denkt. Von allem das Größte und das Beste. Aber das Größte ist eben nicht immer auch gleichzeitig das Beste. Als Infanterist würde Salman das nie verstehen. Der weiß nur, ein großer Panzer ist besser als ein kleiner, eine große Kanone kann weiter schießen als eine kleine! Ich musste ihn in eine andere Richtung locken.“

      Hakeem grinste immer noch. Aber plötzlich wurde er wieder ernst.

      „Und wenn so ein U-Boot doch entdeckt worden ist, dann ist es verloren?“ fragte er.

      „Nein, mein Sohn. Nicht unbedingt. Man wird versuchen, es mit einem Torpedo abzuschießen. Der Torpedo, wenn er schnell läuft, kommt jedoch nicht lautlos. Der Kommandant an Bord des U-Bootes hört, wie der Torpedo sich nähert. Der Bordcomputer wird ausrechnen, aus welcher Entfernung der Torpedo abgefeuert wurde. Jetzt hat das U-Boot mehrere Möglichkeiten: Es versucht, so schnell wie möglich außerhalb der Reichweite des Torpedos zu gelangen. Das ist riskant, weil der Torpedo sich erheblich schneller bewegen kann als das U-Boot. Der Torpedo wird von dem abschießenden Boot aus über ein Glasfaserkabel gesteuert. Das verfolgte Boot muss als erstes versuchen, den Torpedo so weit vom abschießenden Boot wegzulocken, dass das Kabel reißt.“

      „Warum?“

      Dann muss der Torpedo sich sein Ziel selbst suchen. Nach verschiedenen Kriterien. Das erste ist das Propellergeräusch des U-Bootes. Je schneller das Boot fährt, desto lauter ist es. Sobald der Torpedo in der Nähe ist, beginnt er, selbst Schallwellen auszusenden, die, sobald sie das U-Boot treffen, zurückgestrahlt werden. Diese Schallwellen sind an Bord des U-Bootes hörbar. Es macht Ping Ping Ping. Je näher der Torpedo ist, desto schneller werden die Pings. Jetzt kann der Kommandant immer noch versuchen, durch schnelle Wendemanöver dem Torpedo auszuweichen, Manöver zur Seite, nach oben, nach unten. Gleichzeitig wird er jedoch eine Boje abstoßen, die ein lauteres Geräusch von sich gibt als der Propeller. Der Torpedo wird sich an diesem Geräusch orientieren und es verfolgen. Inzwischen macht sich das U-Boot davon.“

      „Und der Torpedo schwimmt in die falsche Richtung!“ rief Hakeem begeistert.

      „Leider ist es nicht ganz so einfach,“ antwortete Zaif. „Die Sensoren des Torpedos erkennen, dass sie getäuscht worden sind. Der Torpedo dreht einen Kreis und versucht, das Propellergeräusch des U-Bootes wiederzufinden. Außerdem ist der Torpedo so schlau, nicht ein zweites Mal auf die Geräuschboje hereinzufallen. Deren Geräuschsignatur kennt er jetzt.“

      „Ein Torpedo kann doch nicht denken!“ sagte Hakeem im Brustton der Überzeugung.

      „Da hast du recht. Aber sein Computer! Der hat den automatischen Befehl, das gleiche Geräusch nicht noch einmal zu verfolgen.“

      „Dann beginnt die Jagd also aufs Neue?“ fragte Hakeem.

      „Allerdings. Jetzt muss das U-Boot sich mucksmäuschenstill verhalten. Der Torpedo fährt im Kreis und sucht nach seinem Ziel. Er sucht ein Geräusch, und er sucht nach etwas, dass seine immer noch ausgesandten Pings zurückwirft. Findet er etwas, jagt er hinterher.“

      „Und dann?“ Hakeems Spannung war nicht zu übersehen.

      „Dann beginnt das Spiel von vorn. Wieder eine Geräuschboje, diesmal mit einer anderen Signatur. Wieder der Versuch, dem Torpedo zu entkommen!“

      „Und wie lange geht das?“

      „Der Torpedo hat nur eine bestimmte Reichweite. Ist seine Batterie leer, sinkt er auf den Meeresboden.“

      Vater und Sohn sahen sich an. Hakeem war sichtbar beeindruckt. Zaif war stolz, sein Wissen weitergegeben zu haben.

      „Ich habe gehört, die Marine wird U-Boote erhalten. Dann hast du dich also durchsetzen können?“

      „Woher willst du das wissen?“ fragte sein Vater, plötzlich aufgeregt. „Diese Pläne sind äußerst geheim!“

      „Leutnant Khalid soll der erste Kommandant werden. Es wurde im Offiziersclub darüber gesprochen.“

      „Leider sind manche Leute schwatzhaft wie alte Weiber!“

      „Ich würde gerne Kommandant eines U-Bootes werden,“ sagte Hakeem in die entstandene Stille.

      „Nur über meine Leiche!“ antwortete Zaif. „Das ist viel zu gefährlich.“

      Während Hakeem bin Zaif wenige Minuten später das Wasser in die Wanne in seinem an sein Schlafzimmer angrenzendes Bad einließ, machte er sich handschriftliche Notizen.

      Er würde Hadschi Omar einiges zu erzählen haben!

      Ariel Roth hatte gleich mehrere Probleme.

      Sabine Sadler wollte nicht mehr für ihn tätig sein. Nachdem sie von ihrem Vater nach Hause beordert worden war und dort versucht hatte, ihren Eltern und ihrem Verlobten einigermaßen plausible Erklärungen dafür zu liefern, wie sie in Monaco hatte in prominenter Gesellschaft abgebildet werden können, während die ganze Familie sie in Düsseldorf bei ernsthaftem Studium wähnte, hatte sie versprochen, sich ab sofort von Graf fernzuhalten. Damit würde diese wertvolle Informationsquelle versiegen.

      Ariel Roth war ärgerlich. Aber Sabine Sadler hatte erklärt, ihr Vater habe sie unmissverständlich vor die Alternative gestellt, entweder ab sofort wieder zu Hause zu wohnen und ihr Studium in Bonn zu beenden, oder den Kontakt zu dem „alten Lebemann“ unverzüglich abzubrechen. Auch die Auseinandersetzung mit ihrem Verlobten schien ihr zugesetzt zu haben. Zudem überraschte die Familie durch unangemeldete Besuche in Düsseldorf oder durch Anrufe zur Unzeit.

      Da Roth über das Sabine überlassene Mobiltelefon deren letztes Treffen mit Rupert Graf hatte mithören können, wusste er, dass Graf emotionsfrei und nachgerade väterlich gelassen das Ende der Beziehung zur Kenntnis genommen hatte. Er wusste aber ebenso von den Gesprächen Sabines mit ihrer Freundin Simone, in denen Überlegungen angestellt wurden, wie Sabine das Verhältnis zu Graf wiederaufleben lassen und heimlich fortsetzen könne. Vielleicht war ja noch nicht alles verloren!

      Weiterhin wurmte Ariel Roth, dass die Wanzen in Grafs Büro gefunden worden sein mussten. Sie gaben keine Signale mehr ab. Immerhin gab es noch die Informationen aus Grafs PC.

      Was die Gründe der Saudis anging, das erste U-Boot so zeitig haben zu wollen, waren sie nicht weitergekommen. Das 1.371zigste Todesjahr des Propheten Mohammed konnte man wohl kaum als rundes Datum betrachten! Was die Vielzahl der im Islam zu überregionaler Berühmtheit erlangten Prediger, Schriftgelehrten und Imame anging, hatten sie kapituliert, insbesondere, weil viele Geburts- oder Todestage nur ungefähr genannt werden konnten.

      Sie tappten weiter im Dunkeln.

      Die Umwandlung der Vorverträge in den Liefervertrag fand durch formellen Austausch verschiedener Urkunden in einer kleinen Zeremonie im Konferenzsaal des Marinehauptquartiers an der Old Airport Road in Riad statt.

      Auftragnehmer war das Konsortium bestehend aus der DRRS und der saudischen Gesellschaft Al Salam Inc., Auftraggeber das Königreich Saudi Arabien, vertreten durch die Königlich Saudische Marine.

      Das Konsortium wies durch Vorlage entsprechender Dokumente nach, dass die Parteien miteinander einen Konsortialvertrag geschlossen hatten, der die Arbeitsteilung festschrieb.

      Die DRRS war durch Rupert Graf und zwei Kollegen aus dem Werftvorstand, Kellermann von der Technik, und Hartung vom Controlling, vertreten. Begleitet wurden sie von dem örtlichen Repräsentanten der DRRS, einem Libanesen namens Dr. Karim Mehmet. Anwesend war weiterhin der Verteidigungsattaché der Deutschen Botschaft in Riad, Oberst der Luftwaffe Karl-Heinz Kunzelmann. Der Botschafter hielt sich vornehm zurück.

      Oberst Kunzelmann überreichte den Saudis formell die Exportgenehmigungszusage