Christoph Hoenings

Djihad


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amerikanischen Systeme sind besser als unsere. Umfassender. Sie haben andere, bessere Möglichkeiten als wir.“

      „Aber sie teilen ihre Erkenntnisse doch mit uns!“

      „Leider nicht alle. Sie sagen uns nur das, von dem sie glauben, dass es ihnen nützt.“

      „Wieso?“

      „Sie trauen uns nicht. Sie wissen, dass sie nicht beliebt sind in unserem Land. Sie halten uns für unzuverlässig und für unfähig. Sie schauen auf uns herab.“

      „Aber wenn die Computer untereinander kommunizieren können, dann müsstet ihr doch der Lage sein, an die den Amerikanern zugänglichen Informationen zu kommen.“ Hakeem war jetzt wirklich aufgeregt.

      „Sie filtern bestimmte Informationen vorher heraus.“

      „Was ist mit dem, was unter Wasser stattfindet?“

      Admiral Zaif sah seinen Sohn fragend an.

      „Ich habe bei dem Essen mit General Faisal und Admiral Abdallah zugehört. Du hast davon gesprochen, dass die Königliche Marine unbedingt eine Unterwasserkomponente benötigt.“

      Zaif blickte voller Stolz auf seinen Sohn.

      „Von dem, was sich unter Wasser abspielt, haben wir so gut wie keine Ahnung, mein Sohn. Klar, unsere Fregatten verfügen über Sonargeräte, wir können auch von Hubschraubern aus Sonarbojen abwerfen und die empfangenen Signale, so Allah es will, hören und analysieren. Aber, damit eine Fregatte Sonargeräusche empfangen kann, muss sie selbst ruhig im Wasser liegen oder doch zumindest ganz langsam fahren. Sonst sind die Eigengeräusche zu hoch, um etwas zu hören. Die Sonarbojen schwimmen an der Oberfläche. Auch hier sind die Geräusche sich brechender Wellen zu stark, als dass man auf größere Entfernung etwas hören könnte, es sei denn, ein U-Boot befindet sich in unmittelbarer Nähe.“

      „Und wieso ist dann ein U-Boot besser?“ fragte Hakeem.

      „Du musst dir das vorstellen, wie wenn du in einer Badewanne liegst und den Kopf über Wasser hältst. Wenn du dann den Verschluss deiner Badegelflasche ins Wasser fallen lässt, hörst du den Aufschlag auf das Wasser und auch, wenn der Deckel auf den Wannenboden fällt. Wenn du gleichzeitig mit einer Hand im Wasser rührst, hörst du so gut wie nichts. Machst du jedoch den gleichen Versuch mit den Ohren unter Wasser, hörst du sehr genau, wie der Deckel am Boden aufschlägt. Der Schall trägt unter Wasser viel besser.“

      Hakeem beschloss, dieses Experiment noch am selben Abend zu machen.

      „Und die Amerikaner? Haben die U-Boote im Golf?“

      „Wahrscheinlich,“ gab Zaif lakonisch zur Antwort.

      „Ihr wisst es nicht?“ fragte Hakeem ungläubig.

      „Nicht genau. Manchmal, während gemeinsamer Übungen, erhalten wir Daten darüber. Manchmal.“

      „Würdet ihr mit eigenen U-Booten die amerikanischen Boote entdecken können?“

      „Auf alle Fälle!“ Zaif klang auf einmal sehr überzeugt. „Die amerikanischen U-Boote haben einen Atomreaktor an Bord, der ihnen die notwendige Energie liefert. Solch ein Reaktor ist laut. Nicht so laut wie ein Automotor, aber doch laut genug, um erkannt zu werden. Dieselelektrische Boote sind nahezu geräuschlos, wenn sie mit Batteriestrom fahren.“

      „Das heißt, mit eigenen U-Booten könntet ihr genau hören, wer unter Wasser und an der Oberfläche herumfährt?“ fragte Hakeem.

      Zaif nickte. „Auf große Entfernung!“

      „Und dann?“

      „Dann können wir, wenn wir wollen, ihn mit Allahs Hilfe versenken.“

      „Wie?“

      „Mit Torpedos. Dazu müssen wir nicht einmal mehr auftauchen. Wir lenken den Torpedo aus beliebiger Wassertiefe geradewegs zu seinem Ziel.“

      „Wie tief kann so ein Boot tauchen?“

      „Die Operationstauchtiefe liegt je nach Typ bei dreihundert, dreihundertfünfzig Metern. Die Kollapstiefe beträgt normalerweise das Doppelte.“

      „Kollapstiefe?“ fragte Hakeem. „Was ist das denn?“

      „Die Tiefe, bei der das Boot zerbirst. Mit jedem Meter Tiefe nimmt der Druck des Wassers auf die Bootshülle zu. Irgendwann kann es dem Druck nicht mehr standhalten.“

      „Und die Besatzungen?“

      „Gehen ein ins Paradies. Allah in Seiner Gnade schenkt ihnen einen schnellen Tod.“

      Beide waren still. Eine ganze Weile lang. Hakeem versuchte, sich die Situation vorzustellen, in einem Boot, in das plötzlich Wasser einbrach und alles Leben an Bord zermalmte. Er selbst hatte nur mühsam schwimmen gelernt und bekam schon in einem Swimmingpool jedes Mal einen eisigen Schreck, wenn er den Boden nicht mehr mit den Zehenspitzen erreichen konnte.

      „Sind denn dreihundert Meter Tauchtiefe ausreichend?“ fragte er schließlich.

      Sein Vater lächelte.

      „Allemal! Du musst dir vorstellen, dass der Feind ja nicht weiß, aus welcher Tiefe er beschossen worden ist. Er hat nur wenige Möglichkeiten. Er kann Wasserbomben werfen, die er auf eine bestimmte Tiefe einstellen muss. Aber auf welche? Das U-Boot kann dreißig, fünfzig, hundert, zweihundert Meter tief sein. Die Wasserbomben schaden nur, wenn sie dicht am Bootskörper explodieren. Hinzu kommt, dass der Kommandant des U-Bootes seine Position verändern kann. Er schleicht sich mit seinem Boot davon.“

      „Und das kann man oben nicht hören?“

      „Wenn er vorsichtig ist, nicht. Die Überwasserschiffe können lediglich versuchen, das Boot mit ihren Aktivsonaren zu orten.“

      Hakeem sah seinen Vater fragend an.

      „Sonargeräte, die Schallwellen aussenden. Wenn diese Wellen auf das U-Boot treffen, werden sie zurückgestrahlt und von dem Überwasserschiff aufgefangen. Dann wissen sie, wo sich das U-Boot befindet. Die Computer rechnen die Wassertiefe und die Position aus.“

      „Also lässt sich das U-Boot doch finden!“ sagte Hakeem.

      „In der Theorie schon. Tatsächlich ist es jedoch so, dass unterschiedliche Salzdichten und Wärmeschichten des Wassers den Sonarstrahl ablenken. Das U-Boot kann sich unter solchen besonders salzhaltigen Schichten geradewegs verstecken. Das ist, wie hinter einem Busch zu sitzen.“

      „Und wie weiß man auf dem U-Boot, ob man eine solche Salzschicht in der Nähe hat?“

      „Das wird automatisch gemessen.“

      „Dann kann also ein U-Boot überhaupt nicht entdeckt werden?“

      Zaif lachte laut auf.

      „Das wäre schön, wenn es so einfach wäre! Doch, auch U-Boote können entdeckt werden! Von Flugzeugen aus, zum Beispiel. Zur U-Bootsortung werden Maschinen eingesetzt, die besonders langsam fliegen können. Sie messen magnetische Veränderungen, auch unter der Wasseroberfläche. Wenn sie etwas entdecken, was ihnen nicht normal erscheint, werfen sie eine Sonarboje ab, die nach unten lauscht.“

      „Aber du hast doch gesagt, ein U-Boot ist nicht zu hören?“

      „Wenn es sich langsam bewegt, nicht. Wenn es aber mit normaler Geschwindigkeit fährt, gibt der Propeller Geräusche ab, unglaublich leise zwar, aber doch hörbar. Dann gibt es die Satelliten. Die messen aus dem All die Oberfläche des Meeres. Wenn sich dort ein U-Boot befindet, ist der Meeresspiegel durch die Wasserverdrängung des Bootes geringfügig höher. So winzig diese Verdrängung auch ist, sie ist, so Allah will, messbar. Außerdem haben die Satelliten Infrarotsensoren. Ich hatte bereits den Reaktor an Bord von Atom-U-Booten erwähnt. Der Reaktor strahlt Hitze ab. Die ist messbar. Im Golf, der ja nicht besonders tief ist, kann man U-Boote bei Tageslicht vom Flugzeug aus oft schon mit bloßem Auge erkennen. Ein dunkler Schatten gegen den hellen Grund.“

      „Dann wäre doch ein Boot