Christoph Hoenings

Djihad


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zu Besuch kamen!

      Sie hassten die Amerikaner!

      Fast alle aus ihrer Gruppe waren einmal in den USA gewesen.

      Hakeem erinnerte sich an den Besuch gemeinsam mit seinen Eltern und Geschwistern in New York und in Florida.

      Welch ein Sündenpfuhl!

      So voller Sünde, dass er selbst – Allah möge ihm vergeben - außerstande gewesen war, der Versuchung zu widerstehen. Noch immer dachte er voller Scham an seine Erfahrungen mit Freudenmädchen in New York und in Miami! Herausgeputzte schamlose Weiber, die sich ihm an den Hals geworfen und anschließend für ein kurzes und äußerst geschäftsmäßig abgewickeltes Vergnügen eine Menge Geld verlangt hatten.

      Und wie hatten die Amerikaner ihre arabischen Freunde behandelt?

      Den Schah von Persien, einen Vetter der eigenen königlichen Familie, fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel, als sie ihn nicht mehr brauchten.

      Saddam Hussein, einen weiteren arabischen Vetter, erst als guten Freund mit den modernsten Waffen versorgt, damit er seinen Krieg gegen den Ajatollah führen konnte, dann zum Feind erklärt, als es den amerikanischen Interessen diente! Osama bin Laden, einen der Ihren, benutzt wie eine Hure, um den Widerstand in Afghanistan gegen die Russen anzuführen, aber nach erfolgreich geführter Schlacht fallen gelassen!

      Was würden die Amerikaner mit der Führung Saudi Arabiens machen, wenn sie diese nicht mehr bräuchten? Mit dem alten und von Krankheit schwer gezeichneten König, dem ältesten noch lebenden Sohn des von allen verehrten Staatsgründers Abdul Aziz.

      Was die Amerikaner wollten, war ihr Öl! Das einzige Wertvolle, das ihr Land zu bieten hatte. Die Amerikaner hatten eigene Ölquellen, ergiebig genug, um ihr gesamtes Volk zu versorgen. Aber sie importierten lieber Öl und hoben ihr eigenes auf!

      Mehrere aus ihrer Gruppe hatten Ferienzeiten dazu benutzt, sich in Lagern in Afghanistan ausbilden zu lassen. Sie hatten begeistert davon erzählt. Hakeem träumte davon, auch in ein solches Lager zu gehen, eine Ausbildung an Waffen und in der Herstellung von Bomben zu erhalten, mit den anderen zu beten und die Predigten der kämpferischen Geistlichen zu hören. Und sich vorzubereiten auf den Kampf gegen die Ungläubigen, die der arabischen Welt eine Beleidigung nach der anderen zufügten!

      Die Freunde Hakeems stammten ebenso wie er selbst aus angesehenen Familien. Die Väter waren Geschäftsleute, Ärzte, oder Militärs wie sein eigener Vater.

      Unter der Anleitung von Hadschi Omar stellten sie Überlegungen an, wie die amerikanischen Feinde am besten zu treffen wären. Sie alle waren voller Bewunderung für die Handvoll Männer, die zu Beginn der Neunzigerjahre unter Gefahr für ihr eigenes Leben den mutigen Sprengstoffanschlag auf einen Wohnblock der amerikanischen Soldaten in Riad ausgeübt hatten. Aber jetzt kam man als Araber gar nicht mehr nah genug an derartige Einrichtungen heran, obwohl sie sich mitten in ihrer eigenen Hauptstadt befanden!

      Und trotzdem musste es Wege geben, den Amerikanern zu zeigen, dass sie hier nicht erwünscht waren!

      Sie wollten ein Zeichen setzen, das in Amerika nicht übersehen werden konnte, ein Fanal, das in der gesamten arabischen Nation grenzenlosen Jubel auslösen und den palästinensischen Brüdern nachhaltig beweisen würde, dass sie nicht vergessen worden waren.

      Etwas, so einzigartig wie die Anschläge des 11. September 2001, als die Araber dem Rest der Welt gezeigt hatten, zu welch exakt berechneten Planungen sie fähig waren!

      Hakeem betete inbrünstig zu Allah um eine Eingebung, wie ein solches Zeichen aussehen könnte.

      An die Passdaten des Predigers Omar bin Othman zu kommen, war für Lieutenant Commander Carl Almaddi kein ernstes Problem. Das Königreich benutzt Rechner und Software aus den USA auch für die Verwaltung von Personendaten. Almaddi hatte eine Kopie der Passseiten mit den wesentlichen Angaben über Omar, sogar mit Bild.

      Almaddi hatte ferner Zugriff auf die Rechner der saudischen Einwanderungsbehörde. Anders als westliche Länder registriert Saudi Arabien auch die Aus- und Wiedereinreisen seiner eigenen Bürger.

      Wie Almaddi sehen konnte, war der Imam drei Tage nach seinem Anruf mit einem Rückflugticket der Saudi Airlines von Riad nach Dubai geflogen. Erst dort hatte er einen Flug der Pakistan International Airways nach Islamabad gekauft.

      Für die rund zweihundert Kilometer von der pakistanischen Hauptstadt zur Grenzstadt Peshawar benötigt man mit dem Auto gute vier Stunden. Pro Fahrt. Da der Imam jedoch nur 6 Stunden in Islamabad geblieben war und es in dieser Zeit keine brauchbare Flugverbindung zwischen beiden Städten gegeben hatte, ging Almaddi davon aus, der Gesprächspartner Omars war nach Islamabad gekommen.

      „Am üblichen Ort“.

      In Islamabad befindet sich die größte Moschee der Welt, ein Geschenk des früheren saudischen Königs Fahd an die damals noch junge pakistanische Hauptstadt.

      Wie Almaddi weiter hatte herausfinden können, war der Prediger in den vergangenen Jahren viermal nach Islamabad gereist. Jedesmal über Umwege, selbst wenn ihm Direktflüge zur Verfügung gestanden hatten. Alle vier Male war er zunächst von Saudi Arabien ausgereist und hatte den Weiterflug erst auf den Umsteigeflughäfen gekauft. Und jedes Mal bar bezahlt.

      Offenbar bestand ein regelmäßiger Kontakt zu den in Peshawar vermuteten Taliban.

      Welche Hilfe mochte der Imam dieses Mal in Pakistan gesucht und gefunden haben für U-Boote, die es noch gar nicht gab?

      „Herr Graf,“ sagte Brigitte Orlowski, als sie Rupert Graf seine Tasse Kaffee brachte, die er während der Lektüre seiner Post leeren würde. „Wir haben mal wieder eine Computerüberprüfung. Ich hatte zwar darum gebeten, dass man das macht, wenn Sie unterwegs sind, aber es ließ sich nicht ändern. Bei einem externen Check sind Unregelmäßigkeiten entdeckt worden, und die Sicherheitsexperten wollten unbedingt mit Ihnen persönlich sprechen. Die kommen so gegen zehn.“

      „Guckt jemand von meinem PC aus Pornofilme, wenn ich verreist bin?“ fragte Graf .

      „Nein, aber es ist festgestellt worden, dass mehr Datenabflüsse berechnet werden, als das System offiziell abgibt.“

      „Was heißt das?“

      „Dass jemand das System angezapft hat und Daten abruft. Und dieser Abruf wird vom Unternehmen bezahlt!“

      „Verstehe ich immer noch nicht.“

      „Wir kriegen doch jeder hier im Gebäude eine Einzelrechnung für seinen Telefonapparat. Die Summe aller Einzelrechnungen müsste also das sein, was im gesamten Unternehmen vertelefoniert wurde. Wenn aber der insgesamt zu zahlende Betrag höher ist als die Summe aller Einzelrechnungen, muss jemand telefonieren, ohne dass es registriert werden kann! Nur sprechen wir nicht vom Telefon, sondern vom IT-System.“

      „Und dazu müssen die mir die Zeit stehlen?“

      Brigitte Orlowski zuckte nur mit den Schultern.

      Als anderthalb Stunden später drei Herren mit ernsten Gesichtern in Grafs Büro geführt wurden, erkannte Graf nur einen, den Chef des Sicherheitsdienstes des Unternehmens, Peter Vogel.

      Vogel stellte die beiden anderen als Experten aus dem IT-Bereich vor.

      „Wir haben irgendwo ein Leck, Herr Graf,“ erklärte Vogel und beschrieb, wie sie darauf gekommen waren. Die Erklärung war in etwa die, die bereits Frau Orlowski gegeben hatte.

      „Und warum kommen Sie geradewegs zu mir?“ fragte Graf.

      „Weil Sie mit militärischen Gütern zu tun haben,“ antwortete Vogel. „Da liegt es am nächsten, dass abgehört wird. Aber Ihre Kollegen aus dem Panzerverkauf und aus dem Vertrieb von Geschützen sind genauso betroffen.“

      „Technische Daten gehen nicht über meinen Tisch. Alles, was aus der Technik dem Geheimschutz unterliegt, ist in den Produktionsbetrieben und nicht hier in der Hauptverwaltung. Müssten Sie nicht eher bei den Werften in Bremen oder in den Kanonenschmieden in München und Bochum ansetzen?“

      „Deren