Christoph Hoenings

Djihad


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auf Jahre hinaus lahm legen. Keine Öleinnahmen mehr für den Iran. Kein Geld für Rüstung. Kein Geld mehr für die iranische Atomforschung. Und keiner weiß, wer´s war. Ich schließe nicht mal aus, dass die Amerikaner die Saudis dazu ermutigen. Oder die Israelis, über den Umweg USA. Das wäre typisch für die!“

      Graf: „Trauen Sie den Saudis das zu?“

      Schmehling: „Offen gestanden nicht! Ich denke eher, die wollen so was haben, weil andere in ihrer Nachbarschaft auch so was haben oder anschaffen wollen.“

      Graf: „Da hat keiner U-Boote. Nur der Iran. Boote aus der damaligen UdSSR. Kilo Klasse. Mehr als dreißig Jahre alte Technologie!“

      Schmehling: „Es wird gemunkelt, die Iraner hätten auch Mini-U-Boote.“

      Graf: „Ja, aber das sind Boote für zwei Mann Besatzung. Wie die Malialis der Italiener im zweiten Weltkrieg. Bemannte Torpedos.“

      Schmehling: „Israel? Können die was in Israel planen?“

      Graf: „Klar. Sie können in den Golf von Akaba eindringen und Eilath angreifen. Da kämen sie von Jeddah aus hin und zurück. Aber Eilath sollte so gesichert sein, dass keiner rein und raus kommt, der da nicht hingehört. Ich nehme an, da gibt es mehr Sonare als Korallen. Die Saudis könnten auch ein Boot auf ein Mutterschiff laden und bringen, wohin sie wollen. Auch, unmittelbar vor Haifa.“

      Schmehling: „Das hätten die Kerle verdient!“

      Graf: „Das passt aber nicht zu den Saudis. Die haben noch nie irgendwo den Angreifer gespielt! Waffen hätten die doch genug! Außerdem hätten wir mitgekriegt, wenn die sich ein Mutterschiff beschafften. Selbst wenn sie einen alten Tanker umbauten, so dass das U-Boot unter Wasser wie aus einem Dock herausfahren könnte, hätte sich das in der Branche herumgesprochen. Nein, das Einzige, was Sinn macht ist, wenn die Saudis die Boote haben wollen, um eine U-Bootswaffe aufzubauen. Zu Trainingszwecken.“

      Schmehling: „Aber daran glauben Sie nicht?“

      Graf: „Nein, nicht so richtig. Dann würden sie nicht dermaßen viel Theater gemacht haben, das erste Boot in zwei Jahren zu haben. Die anderen kommen schließlich erst zweieinhalb Jahre später, und dann in Abständen von neun Monaten.“

      Schmehling: „Also glauben Sie, etwas steckt dahinter?“

      Graf: „Ja klar!“

      Hier endete dieser Teil der Unterhaltung. Es folgte das Füllen der Gläser durch einen Kellner sowie zehnminütiges Geplauder über die anderen Gäste und darüber, wie sehr sich Grafs Gefährtin zu amüsieren schien.

      Sie spulten das Band weiter bis zu der Stelle, an der Schmehling fragte:

      „Warum kann überhaupt jemand ein Kriegsschiff zu einem bestimmten Zeitpunkt haben wollen? Bei Bauzeiten von mehreren Jahren? So lange plant doch keiner einen Angriff im Voraus!“

      Graf: „Ich habe das bisher nur erlebt, wenn lang absehbare Festivitäten anstehen. Was weiß ich, der Jahrestag von irgendwas. Einer längst vergessenen Seeschlacht. Staatsjubiläum. Gründung der Marine. Zumeist verbunden mit einer Parade auf See. Alle Honoratioren am Ufer, mit Ferngläsern. Die Dampfer fahren vorbei und tuten, und alle winken wie verrückt!“

      Sie übersprangen die folgende Anekdote Grafs über eine südamerikanische Marine, die zu solcher Gelegenheit halbfertige Schiffe mittels unter der Wasseroberfläche gespannter Trossen von vorausfahrenden Schiffen an den Zuschauern vorbei schleppen ließ und mit in den Kaminen entzündeten Holzfeuern den Eindruck erweckte, die Schiffe führen aus eigener Kraft.

      Schmehling: „Aber etwas stört Sie?“

      Graf: „Ja. Bei so einer Parade würde man nicht ein U-Boot mitfahren lassen, das kaum aus dem Wasser guckt. Und schon gar nicht einen Winzling wie die Saudis ihn bekommen. Der ist vom Ufer aus nicht zu sehen!“

      Schmehling: „Also schließen Sie das aus?“

      Graf: „Nein. Man kann nichts ausschließen. Vielleicht feiert der Marinechef einen runden Geburtstag, und der Minister will ihm eine Freude machen. Oder umgekehrt. Aber genauso gut kann es sein, dass ein Experte daran bastelt, zu einem bestimmten Datum einen Schlag auszuführen. Denken Sie bloß an die Idioten der Baader-Meinhof-Bande damals bei uns in Deutschland. Die suchten sich immer Jahrestage, die ausschließlich für sie selbst Symbolcharakter hatten! Aber letztlich ist das nicht mein Problem. Das Problem, das ich habe ist, die Lieferzeit einzuhalten. Insofern wäre ich nachgerade froh, wenn die Saudis es nicht schafften, alle Vorbedingungen zum Inkrafttreten des Vertrages zu erfüllen. Dann wäre ich aus dem Schneider!“

      Hier knipsten sie das Band aus. Sie wussten, jetzt folgte der maulige Protest Schmehlings, der seine ersten Provisionszahlungen erst nach Inkrafttreten der Verträge erhalten würde.

      „Was haltet ihr davon?“ fragte Ezrah Goldstein.

      „Graf hat recht. Da ist was faul,“ antwortete Salomonowitz. „Interessant, dass er sich Gedanken macht.“

      „Der Arsch hat nur Angst um seine Reputation. Wir wissen aus einem anderen Gesprächsmitschnitt, er befürchtet, die Saudis würden mit unzureichend ausgebildeten Mannschaften in See stechen und das Boot verlieren. Dann gibt alle Welt ihm die Schuld!“

      „Können wir ausschließen, dass eine unserer Organisationen dahintersteckt, oder die CIA?“ fragte Salomonowitz.

      „Dann hätte ich wohl davon gehört,“ antwortete Goldstein ohne Überzeugung.

      Sie alle wussten, dass es in jedem Geheimdienst der Welt immer wieder Aktionen gab, die so geheim waren, dass Mitarbeiter der verschiedenen Ebenen aneinander vorbei arbeiteten.

      „Also, wenn da was liefe Richtung Iran, das wüssten wir doch wohl!“

      „Naja….,“ sagte Goldstein. „Ich höre mich mal um. Trotzdem, ich glaube eher, das ist eine saudische Sache. Moishe, kriegen wir aus deinen saudischen Quellen was raus? Da haben wir doch Leute? Können wir die gezielt darauf ansetzen?“

      Moishe Shaked wiegte den Kopf.

      „Wenn die Saudis wirklich einen Schlag planen sollten, kann das nur im allerengsten Kreis sein. Unterhalb der Führungsebene, sprich, unterhalb des Königshauses. Ich lasse mal die Datenbanken durchforsten, was es an Jubiläen und Gedenktagen geben könnte. Müsste ja etwas sein, das ab heute gerechnet in frühestens zwei bis drei Jahren eintritt. Das wird ´ne Scheißarbeit! Kann schließlich auch was sein, was der Koran hergibt. Unsere Experten werden sich freuen!“

      Hakeem bin Zaif hatte als Familienangehöriger eines hohen Militärs Zugang zum Offiziersklub in Riad. In dieser Anlage in der Nähe des Zentrums der Hauptstadt, durch hohe Mauern vor Blicken Neugieriger geschützt, gibt es rund um einen Fußballplatz angeordnete Gebäude, in denen Sporteinrichtungen und Restaurants untergebracht sind. Die Angebote reichen von Billard über Kegelbahnen bis hin zu Fitnesszentren und leichtathletischen Einrichtungen. Es gibt ein eigenes Gebäude, fensterlos, in dem sich die Ehefrauen und Töchter aufhalten und von den Männern unbeobachtet sportlichen und gesellschaftlichen Aktivitäten nachgehen können.

      In den Restaurants des Klubs treffen sich die Angehörigen der Streitkräfte, wo sie nach der Einnahme der Mahlzeiten zusammen sitzen, Wasserpfeife rauchen und Tee oder Softdrinks trinken.

      Hakeem kannte viele der Besucher, insbesondere die Angehörigen der Marine.

      Gerade zu den jüngeren Offizieren hatte er ein freundschaftliches Verhältnis, weil sein Vater es liebte, seine Zöglinge auch nach Hause einzuladen, um dort mit ihnen zu diskutieren. Manche der jungen Männer waren nur wenig älter als Hakeem selbst.

      Als Hakeem nach einem Tennismatch die Bar betrat, an der ausschließlich alkoholfreie Erfrischungsgetränke ausgeschenkt wurden, erkannte er in einer Gruppe von jungen Männern einen der direkten Mitarbeiter seines Vaters, Khalid.

      Khalid bin Abdul stammte aus einer Ortschaft im Norden des Landes, einem Dorf, das auf keiner Landkarte verzeichnet war. Khalids Vater, Abdul bin Abdul, war der Stammesführer dort, und da die einzelnen Stämme