Christoph Hoenings

Djihad


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das Angebot, für das alte Boot ohne Aufpreis ein brandneues zu erhalten. Kein Problem bei dem Preis, den Scheich Mahmut geboten hatte!

      Sie hatten Aufzeichnungen von Gesprächen aus Grafs Büros und Kopien seiner e-Mailkorrespondenz, in denen Graf sich mit Kollegen aus den technischen Abteilungen darüber beriet, wie ein altes und gebrauchtes U-Boot möglichst schnell modernisiert und auf höheren technischen Standard gebracht werden könnte.

      All dies gefiel ihnen nicht!

      „Was mir Sorge macht, ist die Eile, die die Saudis an den Tag legen!“ sagte Moishe Shaked. „Sonst haben die alle Zeit der Welt! Kommste heut nicht, kommste morgen. Wenn die also jetzt so auf die Tube drücken, dann, weil ihnen von irgendwoher eine Vorgabe gemacht worden ist. Haben die irgendein Jubiläum, das sie in zwei Jahren feiern? Den Jahrestag irgendeiner Schlacht? Irgendein Datum, das der Koran erwähnt? Das müssen wir analysieren!“

      „Ich könnte Graf aus dem Verkehr ziehen lassen,“ sagte Ezrah Goldstein. „In dem Augenblick, in dem er mit Mahmut seine Konsortialvereinbarung unterschreibt, kann ich auf diskrete Weise die Bandaufnahme aus Marbella an die deutsche Staatsanwaltschaft geben. Die nehmen Graf dann erst mal hoch wegen des Versuchs der Umgehung des Internationalen Bestechungsgesetzes! Die Bildung einer kriminellen Vereinigung mit Mahmut zum Nachteil des Königreiches Saudi Arabien! Die Deutschen sind dermaßen blöd, die fallen da erst mal drauf rein! Graf wird wahrscheinlich von seinen eigenen Konzernvorständen verboten, das Geschäft weiterzuverfolgen. Die gucken, was gerade bei Siemens und Daimler passiert und kneifen den Schwanz ein!“

      „Das wird aber den Kauf der Boote nicht verhindern,“ warf Shaked ein.

      „Nö, aber verzögern! Und wenn wir das geschickt in die Medien spielen, können wir zumindest verhindern, dass es die Deutschen sind, die die Boote liefern!“

      „Ich schlage vor, wir lassen die Sache erst mal laufen,“ meldete sich Itzak Salomonowitz zu Wort. Die beiden anderen sahen ihn verblüfft an.

      „Wir wollten doch einen Auftrag für Deutschland verhindern…“ sagte Goldstein.

      „Nun,“ sagte Salomonowitz. „Bei Graf und seiner DRRS wissen wir, was passiert. Graf wird eng überwacht und belauscht. Wir werden die Konfiguration der Boote kennen. Wir werden genau wissen, was die Saudis kriegen! Und, wenn die Saudis mit den Booten tatsächlich einen Schlag gegen Israel planen sollten, erfahren wir es auf diesem Weg am ehesten. Das mit dem Datum müssen wir unbedingt analysieren! Wenn wir das rausfinden, wissen wir, was die Saudis vorhaben.“

      Lieutenant Commander Carl Almaddi hatte Zugriff auf so ziemlich alle Gerätschaften, mit denen die US-Behörden ausgestattet sind, um Angriffe auf ihr Land und ihre Bevölkerung zu verhindern oder zu vereiteln. Allerdings war es den riesigen Rechnern seiner Behörde nicht leicht gefallen, die mitgeschnittenen Telefonate einer Stimmenanalyse zu unterziehen. Dies lag zunächst an der unzulänglichen Tonqualität der Mitschnitte. Selbst wenn die Gespräche sicherlich auch von saudischen Behörden mitgeschnitten worden waren, konnten die USA nicht gut um Kopien bitten, ohne erklären zu müssen, woher sie den Inhalt der Telefonate bereits kannten!

      Es hatte daher eine ganze Weile gedauert, bis die Stimmenanalysatoren der CIA errechnet hatten, dass der Anrufer bei der Koranschule in Peshawar der im gesamten islamischen Sprachraum tätige Imam Hadschi Omar bin Othman sein musste. Omar, mit vollem Namen Omar bin Othman bin Mohammad bin Abdallah, sein Vater ein Staatsbürger Saudi Arabiens und Omar deshalb mit saudischem Pass ausgestattet, die Mutter Jemenitin, war als eloquenter Prediger bekannt, der nicht gerade die Freundschaft zwischen Christentum und Islam zu preisen pflegte. Auch wenn Hadschi Omar bisher als überfrommer Sektierer galt, wurde er doch wegen seiner höchst konservativen, fast schon fundamentalistischen Haltung von gleich mehreren amerikanischen Diensten im Auge behalten.

      Es hatte eine weitere Weile gebraucht, an die Videoaufzeichnungen der Überwachungskameras des Hyatt Park Hotels in Riad zu gelangen. Aber die endlich erhaltenen Bilder hatten um die Zeit des Anrufes einen Mann in Burnus und Kufiya gezeigt, der durchaus der Prediger sein mochte.

      Wieso, in Dreiteufelsnamen, bat ein frommer Spinner aus der saudischen Hauptstadt Riad über ein anonymes holländisches Mobiltelefon um ein Gespräch über gottverdammte U-Boote? Was sollte die Aussage in dem zweiten Gespräch? Wir haben gefunden, was du suchst. Ideal für euren Plan! Und voller Hass!

      Lieutenant Commander Carl Almaddi wusste, hier kam noch eine Menge Arbeit auf ihn zu!

      Rupert Graf saß gemeinsam mit Norbert Schmehling im Restaurant Confetti´s im Düsseldorfer Stadtteil Oberkassel. Beide waren hier in diesem Schickimicki-Lokal Stammgäste, so dass sie problemlos einen Tisch bekamen, an dem niemand ihr Gespräch würde mithören können. Das wäre in dem vollbesetzten Lokal mit seinem hohen Geräuschpegel ohnehin schwierig gewesen.

      Schmehling war glänzender Laune. Für ihn war der Auftrag so gut wie perfekt! Wenn jetzt noch etwas schief ging, dann konnte nur Graf schuld daran sein! Und genau so sagte er es auch.

      Graf wies auf die Notwendigkeit der Ausfuhrgenehmigungszusage nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz hin.

      „Das regele ich mit meinem Freund!“ sagte Schmehling und stocherte in seinem Carpaccio mit Senfsoße.

      Schmehlings Freund hatte als Regierungsmitglied wiederholt in schwierigen Situationen zugunsten der deutschen Industrie eingegriffen. Dies, soweit Graf wusste, immer bei Geschäften, bei denen auch Schmehling seine Hand im Spiel hatte.

      „Wir werden weiterhin eine Genehmigung brauchen, das verlangte gebrauchte Boot wieder nach Deutschland einzuführen, zu modernisieren, und den Saudis zu überlassen. Und eine Genehmigung für den Export des Ersatzbootes an den derzeitigen Nutzer.“

      „Wo kriegen Sie das denn her?“ fragte Schmehling schmatzend.

      „Pakistan ist bereit, eines abzugeben.“

      „Das sind doch uralte Boote!“

      „Mopfen wir auf. Neue Systeme. Wir bauen eine Brennstoffzelle ein. Und neue Sonarsysteme. Die USA haben signalisiert, sie sind bereit, welche zur Verfügung zu stellen. Trotzdem, das Problem könnte die Genehmigung werden.“

      Wieso?“ fragte Schmehling.

      „Pakistan steht heute auf der Liste der nicht als sehr zuverlässig eingestuften Staaten. Das war damals anders.“

      „Da soll sich mein Freund drum kümmern!“ Schmehling sagte das in einem Ton, als sei sein Freund sein Angestellter. Graf mochte nicht ausschließen, dass dies tatsächlich so war.

      Stumm warteten sie, bis der Kellner ihre Vorspeisenteller abgeräumt und Wein und Wasser nachgefüllt hatte.

      „Wir brauchen darüber hinaus eine Genehmigung dafür, die Saudis die Boote selbst zusammenbauen zu lassen. Das fällt unter Technologietransfer. Genehmigungspflichtig!“

      Schmehling wurde sichtlich ungeduldig.

      „Gleich sagen Sie mir noch, Sie brauchen auch eine Genehmigung, wenn Sie pinkeln gehen wollen!“

      „Es ist doch die Partei Ihres Freundes, die immer wieder Bürokratieabbau verspricht,“ entgegnete Graf. Er wusste, dass Schmehling die Partei massiv finanziell unterstützte.

      „Wie geht es jetzt weiter?“ wollte Schmehling wissen. Es klang so, als ob er fragte, wann er sein Geld bekäme.

      „Ich habe Scheich Mahmut einen Entwurf für einen Letter of Intent und die Liste der Punkte zugeschickt, die in den Konsortialvertrag müssen.“

      „Warum nicht gleich den Vertrag?“ wollte Schmehling wissen.

      „Ich brauche Zeit, um vorab die Genehmigungsfragen zu klären. Die Anträge auf die Genehmigungszusagen sind raus. Da vor Jahren die Lieferung von U-Booten an die Saudis schon mal positiv beschieden worden ist, sollte es keine Probleme geben. Trotzdem wird das von den Beamten in Ruhe abgearbeitet werden.“

      „Geht das in den BSR?“ fragte Schmehling.

      „In den Bundessicherheitsrat? Wahrscheinlich, im Umlaufverfahren.“