Christoph Hoenings

Djihad


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die Ankunft der beiden gemeldet würde, so dass auch dort das Abhörgerät aktiviert werden konnte.

      Ezrah Goldstein wartete, bis Evamaria Morales bereit war zu gehen, und schlenderte vor ihr her zum Ausgang.

      Trotz der nachmitternächtlichen Stunde und trotz der Jahreszeit war die Promenade am Hafen von Puerto Banus noch gut besucht. Auf den offenen Terrassen der Lokale und Bars waren Heizstrahler installiert. Die Terrassen waren bevölkert mit Menschen überwiegend südeuropäischen oder arabischen Aussehens. Rupert Graf vermutete, dass sich ein Mitglied aus der ersten Reihe des Saudischen Königshauses in Marbella aufhielt. Dies führte dann immer dazu, dass zahlreiche hohe Verwaltungsbeamte, Geschäftsleute, Bittsteller mit einem Anliegen die Entourage bildeten und, sofern sie nicht eigene Anwesen unterhielten, Hotels und Restaurants besetzten.

      Während Mahmut und Graf gemächlich die wenigen Schritte zu der Bar zurücklegten, die Mahmut ausgesucht hatte, rollte ihnen im Schritttempo und lautlos Mahmuts Maybach hinterher. Vor ihnen herlaufend sorgte einer der Sonnenbrillenträger dafür, dass sie trotz der vielen Menschen ungehindert spazieren konnten.

      Sie nahmen nach wenigen Minuten auf opulenten weißen Lederpolstern unter einer grünweiß-gestreiften Markise Platz, eilfertig umschwirrt von mehreren Kellnern, die dafür sorgten, dass die Plätze in ihrer unmittelbaren Umgebung geräumt wurden und leer blieben.

      Rupert Graf liebte solche Zurschaustellung nicht.

      Es war unübersehbar, wie neugierig Mahmut und er beäugt wurden, nicht nur von den anderen Gästen, sondern auch von Spaziergängern, die auf der Promenade flanierten oder von Leuten, die versuchten, auf der Terrasse einen Platz zu bekommen und trotz der freien Sitzplätze nicht eingelassen wurden.

      Graf ging davon aus, dass eine schillernde Figur wie Scheich Mahmut von einer Reihe von Spionagediensten beobachtet wurde, nämlich all der Länder, die geschäftliche oder gar militärische Interessen in Saudi Arabien hatten. Und die sich wahrscheinlich noch am selben Abend für Mahmuts Gesprächspartner interessieren würden.

      Und ausgerechnet Mahmut legte größten Wert darauf, das U-Bootprogramm geheim zu halten!

      „Wie viele Monate könnten wir sparen, Mr. Graf?“

      Mahmut setzte die Unterhaltung dort fort, wo sie vorhin abgebrochen worden war.

      „Fünf, sechs, mehr keinesfalls. Die Alternative sind gebrauchte Boote.“

      „Und die taugen nichts?“

      „Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, Exzellenz. Die Boote sind erstklassig. Aber eben nicht das Neueste am Markt.“

      „Haben die Ihren…..“ Graf sah interessiert zu, wie Mahmut einen winzig kleinen Zettel aus seiner Brieftasche popelte und zögernd vorlas: „… außenluftunabhängigen Antrieb?“

      „Die Brennstoffzelle? Die kleinen Boote nicht! Wir könnten aber eine Sektion mit Brennstoffzelle einbauen. Aufschneiden müssen wir das Boot ja ohnehin.“

      „Wann wäre ein solches Boot lieferbar?“

      „Das muss ich prüfen. In der von Ihnen gewünschten Größe gibt es nur eine ganz geringe Zahl. Ich muss sehen, ob, eine der Marinen, die diese Boote besitzen, bereit ist, eine Einheit abzugeben.“

      „Die Deutsche Marine?“

      „Hat derart kleine Boote nicht.“

      „Wir brauchen ein erstes Boot in spätestens zwei Jahren. Mit einer einsatzbereiten Besatzung. Ich schicke Ihnen in den nächsten Tagen einen Experten, mit dem Sie technische und taktische Details besprechen können. Parallel werden wir den Konsortialvertrag verhandeln. Mr. Graf, wenn Sie mitziehen, haben wir dieses Geschäft in einem Monat unter Dach und Fach!“

      Als Rupert Graf eine Stunde später die Tür zu seinem Apartment im Marbella Club Hotel öffnete, klingelte das Telefon.

      Graf warf die Tür zu und hob den Hörer ab.

      „Wir müssen uns sehen, sobald Sie zurück sind!“ hörte er Schmehlings fröhliche Stimme. „Es gibt Dinge, die wir regeln müssen!“

      Es war zwei Uhr morgens.

      In Washington war es noch der Vortag, und erst 20 Uhr. Lieutenant Commander Carl Almaddi war gerade im Begriff, sein Büro zu verlassen, als sein Telefon piepte. Als er abhob, erkannte er die Stimme des israelischen Marineattachés Chaim Zimmerman, der ohne Begrüßung und ohne sich zu identifizieren sagte:

      „Carl, Sie haben neulich mal im Zusammenhang mit Saudi Arabien etwas von U-Booten gesagt. Offenbar hören Sie Gras wachsen. Auch wir haben Hinweise, dass das Land sich mit solchen Geräten befasst.“

      Bevor Carl Almaddi etwas sagen konnte, war die Leitung unterbrochen.

      Ahmed Faloufs Augen tränten.

      Seine Augen tränten nicht nur wegen des grellen Lichtes, das ihn blendete und ihm Schmerzen verursachte.

      Das Wasser lief ihm aus den Augen auch, weil seine Träume vom großen Geld vor wenigen Minuten geplatzt waren, und weil er fürchterliche Angst hatte um sich und seine Familie.

      Er konnte den Mann nicht sehen, der mit ihm sprach. Dazu war die grelle Lampe zu dicht vor Ahmeds Augen. Aber wer immer es war, er besaß die Audiokassette und Ahmeds handschriftliche Liste, die Ahmed so sorgfältig hinter dem Schrank in seinem Zimmer versteckt hatte!

      Der Mann hatte ihm die Kassette vorgespielt, in einer hervorragenden Qualität, viel besser als auf Ahmeds Kassettenrekorder. Und er hatte ihm die Liste der Anrufe General Faisals vorgelesen.

      Ahmed Faloufs Gedanken rasten.

      Hatten die Saudis ihn erwischt, wie er General Faisal belauschte?

      Hatte Majed ihn verraten an, wer immer Majeds Auftraggeber waren?

      Majed hatte ihm gesagt, er arbeite für die französische Industrie.

      Aber wieso konnte der Mann, der ihn hier in diesem Zimmer befragte, soviel über Ahmeds Familie in Palästina wissen?

      Ahmed Falouf wurde heiß und kalt, als sich in ihm langsam die Erkenntnis durchsetzte, dass er einem Mitarbeiter des israelischen Geheimdienstes ausgesetzt war. Ahmed hielt sich für mutig. Das hatte er gezeigt, als er Majed aufgefordert hatte, mehr Geld zu verlangen.

      Aber Ahmed Falouf war nicht tapfer.

      Dies zeigte sich, als sein Gegenüber ihm in klaren aber unmissverständlichen Worten auseinander setzte, was mit ihm selbst und mit seinen alten Eltern zuhause in Palästina geschehen würde, wenn er nicht zu bedingungsloser Zusammenarbeit bereit war!

      Als Ahmed Falouf aus seinem engen Verband gewickelt wurde, der ihn die vergangenen Stunden gefesselt hatte, weinte er bitterlich.

      Er weinte über den Verlust des als sicher erwarteten Geldes, das ihm eine erträgliche Zukunft gesichert hätte. Und er weinte über den Verrat, zu dem er gezwungen wurde.

      Wenige Tage später saß Ezrah Goldstein gemeinsam mit Moishe Shaked und Itzak Salomonowitz in seinem winzigen Büro im Verteidigungsministerium in Tel Aviv.

      Vor sich hatten sie Kopien der Niederschriften der Unterhaltungen aus Marbella zwischen Scheich Mahmut al Ibrahim und Rupert Graf sowie das Gesprächsprotokoll des Verhörs von Ahmed Falouf in Riad.

      Sie hatten sich gemeinsam die verfügbaren Tonbandaufnahmen angehört. Mehrmals.

      Sie hatten die Übersetzung der von Falouf aufgezeichneten Telefonate von General Faisal gelesen und anhand von Faloufs Liste verglichen, mit wem der General telefoniert hatte. Sie hatten sogar, und keiner von ihnen dreien wusste, wie ihr Geheimdienst hieran gelangt war, eine von der saudischen Telekom gedruckte Liste der Rufnummern, die General Faisal über sein Autotelefon angerufen hatte, und die Namen und Positionen der Angerufenen. Die Liste von Falouf war korrekt. Ganz offensichtlich hatte er, sobald er allein im Auto gesessen hatte, die im Telefon gespeicherte Anrufliste einfach abgeschrieben!

      Sie hatten Aufzeichnungen aus