Dustin Kreutzburg

Warum ist das so schwer?


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wie absurd die Situation eigentlich ist. Ich weiß nicht wie sie heißt, habe aber schon Bekanntschaft mit ihrer Vagina gemacht. Toll! Mal überlegen: Tina? Nein! Anna? Nein! Lisa? Nein! Lara? Was mache ich hier eigentlich? Ich muss herausfinden, wer und wie sie ist, muss sie kennenlernen. Unbedingt. Sie steht an der Bar und flirtet mit dem Barkeeper. Plötzlich dreht sie sich um. Ich habe keine Zeit mehr - muss hingehen. Doch was soll ich sagen? Ein altbekanntes Problem taucht mal wieder auf. Wie zum Teufel spreche ich die Frau nur an. Ich habe nur eine Chance. Bevor ich mich aufraffe, trinke ich mein Bier mit einem Zug leer. Und los! Sie steht immer noch an der Bar und nippt an ihrem Drink. Sie streckt ihr Hinterteil so weit raus, dass ich sofort merke wie mein Blut in eine ganz bestimmte Region meines Körpers schießt. Scheiße, nicht jetzt! Ich schiebe meinen Körper durch die fade Beleuchtung des Raumes und tauche ihn ins Licht der Bar. Ich stehe jetzt einen Meter neben ihr und sie dreht sich um und guckt mich an. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Was ist bloß los mit mir? Ich habe ein Blick in ihr Höschen werfen können und bin verliebt?

       So fühlte es sich schon mal an. Bei Jenna. Aber das ist eine andere Geschichte. Komm wieder runter und bleib cool, sage ich mir. Sie schaut mich an. Nein, sie schaut hinter mich. Dann geht sie an mir vorbei. Das einzige, was ich von ihr habe, ist ein flüchtiger Nebel ihres Parfums, der meine Nase hoch kriecht und in mir wie ein Aphrodisiakum wirkt. Vor meinen Augen beginnen sich Phantasien zu überschlagen. Ich drehe mich um und traue meinen Augen nicht, als ich sie in den Armen von Finn sehe. Ich bleibe wie angewurzelt stehen und fühle mich, als würde ich den Mittelpunkt des Raumes markieren und alle spotten über mich, den Volltrottel. Ich fühle mich allein. Ich bin verletzt. Durch Finn und durch »Fräulein X«. Es kann doch nicht sein, das er die Frau bekommt, die ich begehre. Dieser Arsch! Ich lasse das nicht auf mir sitzen und beschließe zu den Beiden zu gehen.

       »Hey Nik, setz´ dich. Hast du noch Bier geholt?«, er starrt auf mein leeres Glas und beantwortet sich seine Frage selbst.

       »Das ist Leo.«, stellt er mir sie vor.

       Sie lächelt, entblößt eine Reihe strahlend weißer Zähne und reicht mir die Hand. Leo. Was macht so eine Frau in einer Bar wie dieser? Ich finde keine Antwort. Ich erwiderte die Geste und schüttle ihre Hand. Ein fester Händedruck und doch so weich in seiner Beschaffenheit. Ein Griff aus Seide.

       »Ich bin Nik«, sage ich, immer noch ihre Hand schüttelnd.

       »Ich weiß wer du bist. Finn hat mir gesagt, dass ihr Freunde seid.«

       Freunde, genau! Woher hat er das denn, oder ist jeder sein Freund, der ihm ein Bier spendiert und sich seine Geschichten anhört? Wie auch immer, Finn ist mein Kontakt zu Leo. Obwohl sie mich nach unserer Vorstellung nicht mehr beachtet, sondern lieber Finn mit ihrem Blick die Klamotten vom Leib reißt, bin ich mir sicher, irgendwann wird sie merken, wer ich bin und dann ist mein Tag gekommen. Ich vertraue auf ihr Gespür für Männer. Nachdem man sich gut zuredet und vielleicht utopische Dinge als realisierbar eingestuft hat, bekommt man so was wie gute Laune. So auch ich. Ich setze mich neben die Beiden und schnorre mir von Finn eine Zigarette. Ohne hinzuschauen greift er in seine Tasche und reicht mir die Schachtel. Mit jedem weiterem Bier, das ich trinke, fühle ich mich in diesem Sündenpfuhl wohler. Ich steige ab, denke ich mir, komme aber mit dem Gedanken gut klar. Ich gebe mich als Chamäleon in einem mir bisher unbekannten Terrain und schlage mich, meiner Meinung nach, gut. Man kann es kaum glauben, dass sich hinter den Türen des »Bunker« eine andere Welt voller Sünde, Leid und Vergnügen verbirgt und diese drei Attribute hier mir Leichtigkeit verschmolzen werden. Eine Mischmaschine der Moral und jeder der diesen Laden betritt, füttert sie. Während ich mich in Gedanken an diese Bar verliere, bemerkt mein Unterbewusstsein etwas, was ich gar nicht sehen will. Ich gucke in mein leeres Bierglas und blicke dann auf zu Leo und Finn. Es trifft mich wie ein Dolch ins Herz und sofort wird mein Mund staubtrocken. Ich versuche zu schlucken. Es tut weh. Wie will meine Spucke auch an dem Kloß, der sich in meinem Hals festgesetzt hat vorbei? Ich starre die Beiden immer noch an und will am liebsten sofort die Berührung ihrer Lippen unterbrechen. Sie küssen sich tatsächlich vor meinen Augen und ich meine nicht nur ein kleiner freundschaftlicher Kuss, sondern eher ein wild angeregter Dialog ihrer Zungen. Ich stehe auf und verlasse den Tisch, das kann ich einfach nicht mit ansehen. Als ich mich vom Tisch entferne, frage ich mich was eigentlich mit mir los ist. Ich meine, es kann doch nicht sein, dass ich mich verliebt habe, oder doch? Ich kenne nur ihren Namen, aber sie zieht mich derart in ihren Bann, dass es sich in mir anfühlt, als wären meine Organe eingeschlafen und mit dem typischen kribbeln wieder aufgewacht - nur das dies ein Dauerzustand ist. Ich beschließe nach Hause zu gehen, hole meine Lederjacke von der Garderobe und gehe hinaus in die Kälte.

      Die Löwin

      »Hey, Nik! Was ist los mit dir? Wo willst du hin?«

       Ich brauche mich nicht einmal umzudrehen um zu erkennen wer hinter mir ist.

       »Wonach sieht's denn aus? Ich gehe nach Hause! Hab´ keinen Bock mehr.«

       »Ach komm schon, wir hatten doch Spaß...«

       »Spaß? Ja, du hattest Spaß. Ich habe mir das ganze Elend angeschaut und beschlossen es mir nicht länger reinzuziehen.«, gifte ich zurück.

       »Na, schön. Ich komme mit dir, habe sowieso keine Lust mehr auf die Alte!«

       Die Alte? Kein Lust mehr? Ich weiß nicht wo sein Problem liegt. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten Leo und ich den Bunker gar nicht mehr verlassen.

       »Woher kennst du sie?«, frage ich Finn.

       »Ach, wir haben n paar mal miteinander gepennt. Nichts wildes. Wir führen eine Art offene Beziehung oder so was.«

       Ich kann Finn kaum glauben. Nicht was er über sie erzählt, nein, vielmehr wie er über sie spricht, als wäre sie ein x-beliebiges Mädchen, das an jeder Ecke zu finden ist.

       »So eine findest du an jeder Ecke.«

       Ich gehe einen Schritt schneller und beachte ihn nicht mehr.

       »Was machen wir jetzt? Lass uns noch was starten, Nik!«

       Ich sage jetzt gar nichts mehr und gehe Richtung zu Hause. Irgendwann drehe ich mich um, weil ich nichts mehr höre, keine Schritte, kein Geplapper, nichts.

       Und in der Tat hinter mir ist nichts und niemand mehr. Finn ist weg, wer weiß wann oder warum er sich aus dem Staub gemacht hat, aber mir war es auch egal.

       »Eine offene Beziehung, oder so was...«,murmele ich vor mich hin.

       Ich glaub´s echt nicht. Toller Einstand, tolle Stadt. Als ich zu Hause angekomme, sehe ich vor der Tür eine Frau.

       Sie hat schwarz-braunes langes Haar und sieht aus, als stamme sie aus Lateinamerika, oder so, auf jeden Fall irgendwas südländisches. Kurvig, leicht braun gebrannter Teint.

       Sprich, hier absolut fehl am Platz. Ich gehe zur Eingangstür und lasse meine Blicke auf der schönen »Latina« ruhen. Dabei setze ich weiterhin einen Fuß vor den Anderen und verliere den Bordstein aus den Augen, mein Bein jedoch nicht und ich stolpere. Da ich die Gesetze der Physik nicht brechen kann, gebe ich mich der Gravitation hin und schlage voll auf den Asphalt. Ein hässliches Geräusch dringt in meine Ohren. Ich bleibe liegen, weil der Schmerz mich am Boden hält, außerdem realisiere ich nach kurzer Zeit, dass ich mich vor der Frau völlig blamiert habe. Ein weiterer Grund liegen zu bleiben und ihr nicht zu begegnen. In mein Blickfeld tritt ein dünner hoher Absatz, ich drehe mich unter Schmerzen auf den Rücken und schaue nach oben. Ich kann durch die Tränen, die in meine Augen geschossen sind nur Umrisse erkennen. Nach kurzer Zeit fokussieren meine Augen und ich erkenne die schöne Brünette sich über mich beugt.

       »Alles klar bei dir?«, sie streckt ihre Hand aus um mir aufzuhelfen.

       Peinlich. Ich greife zu und stehe langsam wieder auf.

       »Tolle Vorstellung, was?«, entgegne ich ihr.

       Sie lacht.

       »Wohnst du hier in dem Haus?«

       »Ja, bin vor kurzem eingezogen.«

       »Dann sind wir ja fast Nachbarn«, sage ich und bedanke mich noch für ihre Hilfe, dann greife ich in meine Tasche, hole