Jasmin Koch

Dämonenweib


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Namen nicht wirklich, deswegen nennen wir dich so. Abgeleitet von Evil, dem Bösen.“

      Das war neu. Geschockt setzte sie sich auf einen Stuhl an der Wand. Ich habe ja eine tolle Fangemeinde, die meinen richtigen Namen auch noch verunstaltet. Ihr Name war der verdrehten Version erschreckend ähnlich, war sie doch unvorsichtig?

      Verdutzt stellte Viktoria fest, dass die Atmung ihrer Feindin immer schneller ging. Die Pupillen waren wieder völlig rund und das Gesicht schien um Jahre gealtert. War dieses Ding gerade schockiert? Diesen Namen gab es schon seit einigen Monaten und hatte sie vollkommen aus der Fassung gebracht. War das überhaupt möglich? Monster konnten sie alle sein, aber keines war so gefährlich wie dieses Weib.

      Und doch schlich sich Mitleid in ihre Gedanken.

      „So lange bin ich doch noch gar nicht auf meiner Mission und habe schon einen Spitznamen…“ murmelte Evilin.

      „Nein, das nicht, aber du bist berüchtigt.“

      „Ihr seid doch alle Biester, alle Töten, aber ich stehe als Buhmann da?“

      „Ha, der Buhmann ist ein scheiß gegen dich! Du hast schon viele Vampirclans auf dem Gewissen, weil du alleine zwei große Meister vor vier Monaten geköpft hast. Davor hast du das Dämonennest vernichtet. Da sind ein Dutzend umgekommen. Soll ich weitermachen?“

      „Das waren angeordnete Exekutionen.“

      „Von wem ? Du bist doch selber ein Dämon, oder? Und dann tötest du einfach so deine eigene Art?“

      „Meine Tanten haben mich ausgesandt…“

      „Du hast Tanten? Wen ?“

      „Hexen.“

      Schwer schluckte Viktoria die Galle runter. Das konnte nicht sein. Sie machte eine Kill Out in den eigenen Reihen angestiftet von Hexen. Das ergab nun gar keinen Sinn mehr, vor allem nicht, weil sie ja noch am Leben war. Ruhig bleiben.

      „Du bist doch ein Dämon…ich meine…deine Füße, deine Finger mit diesen…“

      Gequält schaute sie Evilin an und atmete langsam aus.

      „Ja, bin ich wirklich… zumindest halb.“

      „Nur halb? Das kann nicht sein… Nur halb…“ sie schüttelte sich in ihren Fesseln. „nur halb! Du bist kräftiger als ich. Du bist schneller. Du kannst doch kein halber sein…“

      „Leider ja...“ knurrte Evilin. Was sollte sie jetzt tun?

      „Ok, wenn du ein… was ist die andere Hälfte?“

      „Mensch.“

      „Geht nicht! Deine Tanten sind Hexen sagst du.“

      „Ja, aber meine Mutter nicht. Die hatte keine Kräfte oder die Empfindungen der Hexenwelt, nur so ein Gefühl für die Unnatürlichen.“

      „Das kann doch nicht sein. Wie geht das denn? Dämon und Hexe. Na ja… nicht ganz. Was für einer steckt den in dir? Ich habe noch nie solche Füße gesehen!“

      „Das versuche ich herauszufinden. Der Dämon sagte vorhin, es wäre etwas sehr altes…“

      „Vorhin….? Du hast die drei aufgesucht, um herauszufinden wer deine Dämonenhälfte ist. Du weißt es nicht? Und doch hast du sie einfach…“

      „Jaaa, das war meine Aufgabe! Wir suchen schon so lange.“

      „Deine Tanten…och, das ist zu viel!“ Sie schüttelte den Kopf und zog die Beine an.

      „Hör zu… das weiß sonst keiner…“

      „Ha, jetzt tötest du mich doch…“

      Verdutzt schaute Evilin zu Viktoria.

      „Das hatte ich nicht vor. I-Ich …“ Sie drehte sich weg, stand auf und stürzte ins Bad. Dort übergab sie sich ins Waschbecken.

      Viktoria traute ihren Ohren nicht. „Sag mal, kotzt das Monster gerade seinen ekelhaften Burger aus?“

      „Glaube schon…“ kam nur als würgende Antwort.

      Nach nur drei Stunden Schlaf erwachte Blake in seiner Unterkunft. Das Zimmer war mit sehr kostspieligen Möbeln bestückt und hatte ein eigenes Badezimmer. Langsam schälte er seinen nackten Körper aus den Lacken und trottete ins Bad. Dort angekommen stellte er die Dusche an und schob seinen massigen Körper unter den zu kleinen Wasserstrahl.

      Er bevorzugte diese großen Wasserverschwender, aber er war hier zu Gast und musste mit dem auskommen, was da war.

      Währenddessen schaute sich Jeanine in dem riesigen Haus um. Sie hatte nicht schlafen können und schlich nun durch die vielen Gänge in diesen Haus. Überall traf sie auf Wachen, die ihr aber nur ein Zwinkern oder Lächeln zuwarfen. Die Verbindung zu Blake und Leon war gut, weshalb auch sie nicht argwöhnisch von alle beäugt wurde, sondern freundlich begrüßt. Das war keineswegs normal. Es gab viele verfeindete Clans in der verborgenen Welt des Übernatürlichen.

      Ein großes Bild zu ihrer rechten Seite ließ sie inne halten. Es war von beängstigender Schönheit. Eine Jagdszene aus dem frühen achtzehnten Jahrhundert.

      Plötzlich stellten sich ihr die Nackenhaare auf und sie ließ ein leises Knurren vernehmen. Da war jemand.

      Leon stand an Ende des Korridors.

      „Meine Schöne, ich wollte dich nicht erschrecken, so wie du dort in Gedanken standst. Verzeih!“

      „Schon gut.“ sagte sie schlicht. „Nicht so schlimm, aber ihr schleicht euch einfach zu gut an, ihr Vampire.“

      „Das ist war. Das Bild hat dich also genauso gefesselt, wie mich einst?“

      „Es ist… beeindruckend.“

      „In der Tat. Hast du denn nicht vor zu schlafen? Spuckst hier durch das Haus, ganz unruhig.“

      „Ich konnte nicht.“

      „Fühlst du dich unwohl bei mir?“

      „Das nicht, obwohl ich sonst ungern mit Vampiren zusammen bin, muss ich gestehen.“

      „Das habe ich gemerkt.“ schmunzelte Leon.

      „Nichts für Ungut. Ich wollte niemanden beleidigen.“

      „Das kannst du nicht, weil ich lieber ehrliche Leute um mich habe, als diejenigen, die mir bei der ersten Gelegenheit in den Rücken fallen.“

      „Verstehe ich, aber ich will trotzdem…“

      „Schon gut, Jeanine.“ Langsam strich er ihr über den Arm. Er drückte sich leicht an ihre Seite, legte den Arm ganz um sie und drehte sie wieder Richtung Gemälde. „Was denkst du bei dieser Szene?“

      „Ich mag die Jagd nicht…“

      „Aber du bist doch durch das Tier gezeichnet. Jagst du selber nicht?“ Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Er hatte sie durchschaut, noch ehe sie auch nur ein Wort gewechselt hatten. Natürlich hatte er erkannt was sie war. Ein Lykaner. Sie hatte versucht es zu verbergen und hatte mal wieder versagt, bei ihm.

      „Du brauchst dich nicht vor mir zu verstellen, meine Liebe. Ich gestehe doch auch offen, was und wer ich bin vor euch. Ich habe nichts gegen deine Art, vielmehr suche ich die Anwesenheit geradeso.“

      „Aber wieso ? Alle anderen Töten uns nur weil wir existieren.“

      „Ich nicht. Ich fürchte euch nicht, wie die Anderen. Man muss doch nur wissen wie man miteinander auskommt, oder. Komm, Jeanine, ich zeige dir noch ein paar meiner gesammelten Werke und du verlierst deine Furcht vor mir.“

      „Ist sie so offensichtlich?“

      „Wir alle können sie schmecken! Deswegen möchte ich dich beruhigen, wenn du mich lässt...“

      Vorsichtig nahm er ihre Hand in seine und zog sie den Korridor in die Richtung zurück, aus der er gekommen war.