Hope Monroe

Ace


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aus dem Haus zu werfen. Doch der alte Sack merkte, was sie vorhatte, und stieß sie von sich. Sie geriet ins Wanken, ihre Hand griff ins Leere. Mom stürzte die Stufen hinunter. Als sie endlich unten aufkam, hatte sie sich das Genick gebrochen.

      Und der verdammte Hurensohn stand immer noch dort oben. Auf derselben Stufe. Die ganze Zeit schon. Mit seiner zugekifften Visage schaute er zu ihr hinunter. Der Idiot begriff nichts. Hatte keine Ahnung, was er angerichtet hatte.

      Mom war tot.

      Ihr Tod hatte zwar dazu geführt, dass der Mistkerl auf der Stelle mit dem Kiffen aufgehört hatte. Doch was nutzte das Mom noch? Nichts! Tot war sie!

      Maren Tully, tot. Die Treppe heruntergefallen, und aus war’s. Vorbei, für immer.

      Beerdigen lassen, hatten wir sie müssen.

      Und das alles nur, dieses Dreckskerls wegen. Dem Kiffer. Meinem Dad.

      Jesus, tat die Erinnerung daran weh.

      Meine Tränen arteten zu einem Fluss aus. Doch es war mir scheißegal. Sollte doch der Sessel unter Wasser stehen –, verdammt, mir fehlte Mom so sehr!

      Mom, sie war eine Seele von einem Menschen; und die Einzige, die mich richtig verstand. Nichts konnte ich vor ihr geheim halten, und für alles zeigte sie Verständnis.

      Wieso musste ausgerechnet sie sterben?

      Und dann auch noch solch einen Tod?

      Mom, sie war der Engel in meinem Leben gewesen. Ein Engel, der immer auf mich aufgepasst hatte. Der stets für mich da gewesen war, wann immer ich einen Engel gebraucht hatte.

      Und jetzt war er fort, dieser Engel. Meine Mutter.

      Weg für immer. Unwiederbringlich.

      Und in mein Leben war dadurch eine Leere eingezogen, die niemand jemals wieder, in der Lage sein würde, auffüllen zu können.

      Wie auch? Jeder Mensch hatte nur einen einzigen Engel. Und mein Engel war fort.

      Musste ich auch noch mit ihrem Mörder an meiner Seite, hinter dem Sarg her traben.

      Am liebsten hätte ich ihn erwürgt! Damals.

      Heute nicht mehr. Immerhin war er mein Vater.

      Der erste Hass war verflogen.

      Und dieser Mistkerl, das musste man ja mal ganz klar sehen, war der Einzige, den ich, neben meinem Bruder, noch hatte. Der mir noch geblieben war.

      Dennoch war ich auf – Mister Tully – auch heute noch zornig, wenn ich an Mom dachte.

      Mit ein Grund, weshalb ich den Alten so wenig besuchte. Ich fühlte nicht unbedingt danach, seine Gesellschaft zu suchen. Wenn ich ihn nur ansah, kam die Erinnerung, und was er Mom angetan hatte, zurück.

      Was sich damals zwischen den beiden abgespielt hatte, ich hatte versucht, es zu verdrängen. Immerhin musste ich für mich einen Weg gefunden haben, mit Mutters Tod klarzukommen, und weiterzuleben.

      Na ja, es gab auch noch Sky.

      Sky, mein jüngerer Bruder. Ich musste lächeln, sowie ich an ihn dachte.

      Lange nichts mehr von ihm gehört, fiel mir dabei ein.

      Ich legte die Hände auf die Sessellehnen und stützte mich darauf ab. Zeit fürs Bett. Zuviel an Moralischen sind nicht gut für die Seele. Ich stand auf und torkelte zum Bett (alle Wetter, in dem Bier musste heute mehr Alkohol gewesen sein, als sonst). Mit den Klamotten an, ließ ich mich hineinfallen.

      Kira war nicht da, da konnte ich auch mit den Klamotten schlafen gehen.

      Kira – mit wem sie jetzt wohl im Bett lag und es trieb?

      Scheiße, ich musste schlafen, und den Mist von mir schieben.

      4 – Was für ein Kack-Morgen

      Am nächsten Morgen starrte ich erst einmal in einen trüben Himmel. Na toll, was für ein Tag. Die Augen noch nicht ganz auf und schon alles duster. Yeah!

      Ich drehte mich zur Seite. Eigentlich hatte ich keine Lust zum Aufstehen. Doch ich dachte an die alte Mrs. Dendrite, und schon schaffte ich meinen Arsch aus der Kiste. – Was tat ich nicht alles für das alte Mädel! –

      Boh nee, jetzt war auch noch die Zahnpasta all und die Zahnseide lag im Müll, weil sie mir gestern ins Klo gefallen war. Tube ausdrücken half auch nicht, war schon bis an den Rand hin ausgepresst. Dass Kira aber auch nicht einmal darauf achtete, was uns ausging. Immer musste ich das machen. Wer war ich eigentlich? Ihr persönlicher Tully-Depp? Ach leck mich!

      Musste ich eben mi’m Messer ran. Half ja sonst alles nichts. Damisch!

      Eigentlich fehlte nur noch, dass der Maxwell aus war, oder das Filterpapier umkippte und die Soße den Kühlschrank versaute. – Ich sollte die Kaffeemaschine unbedingt woanders hinstellen, wo sie nicht so viel Dreck machte. Der Kühlschrank war ‘n echt bekloppter Platz für das Teil. –

      Ich sah das Desaster schon vor mir. Aber freuen tat ich mich darauf nicht, das kannst’e mir glauben!

      Trüber Tag, Zahnpasta alle, Zahnseide im Müll, und dann noch der Kaffee …

      Wahrlich, dann wäre der Tag doch mal so richtig scheiße angelaufen.

      Ich dachte an meinen Firebird, und daran, dass das Ding immer noch keinen Mucks machte.

      Würde mir die Kiste nicht dermaßen gut gefallen, allein schon den Lärm, den sie beim Gas geben machte, und hätte ich sie nicht von Dad und Mom bekommen – ich denke, dass ich mich dann schon längst von ihr getrennt hätte.

      Der Gedanke an meine Karre spülte mir ein Lächeln ins Gesicht. – Eigentlich waren mein Firebird und ich, wie Kira und ich. Ich konnte weder ohne Kira, noch wollte ich ohne meinen Benzinfresser sein. –

      Während ich die Zahnpasta-Tube aufschnitt, rutschte ich auch noch mit dem Messer ab, und prompt spritzte der rote Saft wie eine Blutfontäne aus meinem Zeigefinger.

      Wonderful (wunderbar), jetzt hatte ich auch noch das Handtuch versaut und musste auch noch das Blut vom Boden wischen. Eigentlich hätte ich es ja für Kira antrocknen lassen sollen, aber dann würde das selbst Monate danach, noch auf den Fliesen kleben. – Putzwütig –, wie meine faule Freundin nun einmal war.

      Never (niemals) konnte der Tag was werden.

      Was für ein Kack-Morgen!

      Wenn’s scheiße anlief, dann ging’s auch scheiße weiter. Darin hatte ich meine Erfahrungen. Yeah!

      Im Schlafzimmer überlegte ich glatt, mich nochmals hinzulegen, doch dann fiel mir wieder Mrs. Dendrite ein. Und der Neue, der ja heute – vielleicht – auf dem Festplatz auftauchen sollte.

      Also hockte ich mich aufs Bett, streifte meine ausgeleierten Frotteesocken über und stieg in die Vans. Dass ich davor, meine verwaschene Levis angezogen hab, war ja wohl logo, wa'?

      Als ich auch noch ein weißes Shirt übergestreift hatte, war ich fertig für meinen Kaffee. – Mal sehen, was mir jetzt in der Küche noch bevorstand. –

      Der Kaffee war nicht all, noch, dass der Filter umkippte. Nee, ging auch gar nicht. Der Strom war über Nacht ausgefallen und die Kaffeemaschine hatte anscheinend ‘nen Kurzen gekriegt.

      Sicher, ich war Elektriker, aber Zeit, am frühen Morgen gleich noch an den Sicherungen rumzufummeln, hatte ich echt nicht.

      – Hol ich mir die schwarze Brühe eben an der Tanke, ausnahmsweise. Der schmeckte dort zwar wie schon dreimal aufgewärmt, war aber immerhin besser als gar nichts. –

      Ich schmiss die Tür ins Schloss, – und das nicht gerade leise, bei so ’nem Tagesbeginn –, und marschierte los.

      Die Brotstulle hatte ich zwischen die Zähne geklemmt, während ich in meine Jacke schlüpfte. Immerhin, es war erst Anfang Mai, und der konnte morgens schon noch kalt sein.