M.E. Lee Jonas

Die kuriosen Abenteuer der J.J. Smith 02: Die schwarze Prinzessin


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Mädchen sieht an sich hinab und steckt verlegen die Hände in die Hosentaschen.

      Sie ist zwar ein wenig enttäuscht, haucht dem Diener aber trotzdem ein Küsschen auf die Wange, bevor sie mit Lincoln hinauf in ihr Zimmer geht.

      »Ich bin noch überhaupt nicht müde! Ich glaube, ich werde noch mal den Monitor hochfahren! Vielleicht lenkt mich das ein bisschen ab«, sagt sie leise zu dem Halfie, von dem mittlerweile nur noch der hintere Teil sichtbar ist.

      J.J. hört nur ein leichtes Hecheln und sieht zu dem blauen Hundekörbchen.

      »Schläfst du immer hier? Ich meine, auch wenn ich nicht da bin?«, fragt sie.

      Der kleine Halfie seufzt.

      »Eigentlich schlafe ich wieder oben bei … Du weißt schon. In dem Zimmer, wo ich vorher auch gewohnt habe.

      Ich bin dort sehr gern. Es erinnert mich an ihn. Ich weiß, dass du immer mal wieder in Havelock vorbeikommst. Da schlafe ich auch gern bei dir im Zimmer. Aber ich weiß auch, dass … Na ja, dass Diggler nicht wiederkommt. Deshalb bin ich lieber oben und denke an unsere lustige Zeit!«

      Dem Mädchen treten bei den leisen Worten des Halfies unwillkürlich dicke Tränen in die Augen. Durch ihre eigene Verzweiflung und Wut hat sie ganz vergessen, dass die anderen Bewohner ihren eigenen Schmerz haben. Sie geht zu dem traurigen Halfie, der verträumt in den Raum starrt.

      »Es ist sehr höflich von dir, dass du mich nicht alleine lassen möchtest. Wenn du jedoch lieber in deinem Zimmer schlafen möchtest, ist das auch in Ordnung. Wirklich!«, flüstert sie betroffen und krault ihm sanft den Rücken.

      Der kleine Mops winselt leise und schluchzt, denn er ist immer noch in tiefer Trauer über den Verlust seines besten Freundes Diggler.

      »Heute Nacht bleibe ich noch hier, J.J. Wenn es dir wirklich nichts ausmacht, schlafe ich morgen wieder oben!«, antwortet er leise.

      J.J. lächelt ihn sanft an und nickt.

      Dann geht sie zum Schreibtisch zurück und lässt den Monitor hochfahren. Nur ein paar Augenblicke später kann sie schon das leise Schnarchen ihres kleinen Freundes hören.

      Dass der Bote prompt auf dem Monitor erscheint, erschreckt sie dann doch. Breit lächelnd hält dieser ein Plakat in die Höhe:

      Du hast vierundzwanzig neue Nachrichten! Möchtest du sie alle lesen?

      Das Mädchen starrt nachdenklich auf das Plakat und nickt automatisch. Dieses Mal will sie wissen, wer ihr geschrieben hat.

      Zwölf Nachrichten sind von Zoé, vier von William, zwei von Felder, eine Nachricht ist von Cassidy, eine von Mrs. Rogan und die letzten vier Nachrichten sind von Ava! Zögerlich öffnet sie die erste Nachricht von Zoé.

      J.J.

      Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich bin total durcheinander. Ich habe deinen Brief gefunden, aber ich verstehe ihn nicht. Ich verstehe gar nichts!

      Ich mache mir große Sorgen und sehr große Vorwürfe. Ich habe bemerkt, dass es dir in den letzten Wochen nicht gut ging, und mich wohl nicht genug um dich bemüht. Ich hoffe, dass du bald wieder gesund bist und zu uns zurückkommst. Und ich bete dafür, dass bald alles wieder so wird, wie früher.

      Ich vermisse dich so sehr. Du bist doch meine Schwester im Herzen! Es ist sehr einsam hier ohne dich. Wenn du irgendwelche schlimmen Probleme hast, melde dich bitte bei mir! Wir finden eine Lösung.

      Was ist nur geschehen?

      Ich umarme dich!

      Deine Freundin Zoé!

      J.J. lässt ihren Tränen freien Lauf. Sie vermisst Zoé ganz schrecklich und die Tatsache, dass sie sich ihrer besten Freundin nicht anvertrauen kann, macht ihr schwer zu schaffen.

      Sie hat oft darüber nachgedacht, ob sie es ihr nicht einfach sagen soll. Was könnte schon passieren? Zoé könnte sie höchstens für verrückt halten. Vielleicht vergisst sie es ja auch wieder. So wie die Sache mit dem Gedankenstein. Darüber hat sie schließlich auch kein Wort mehr verloren.

      J.J. holt noch einmal tief Luft und liest die anderen elf Nachrichten von Zoé, die eigentlich alle den gleichen Inhalt haben.

      Melde dich! Wie geht es dir? Ich vermisse dich!

      Sie kann die Verzweiflung ihrer besten Freundin regelrecht fühlen. Das macht sie richtig fertig. Was würde sie tun, wenn es umgekehrt wäre?

      Vorsichtig tippt sie auf die letzte E-Mail, die Zoé erst vor vier Tagen abgesendet hat. J.J. bemerkt, dass ihre Freundin hier nicht mehr traurig, sondern sehr wütend schreibt.

      Okay, J.J. Ich hab’s kapiert! Es ist dein Leben. Offensichtlich spiele ich darin keine sehr große Rolle mehr.

      Melde dich einfach, wenn du bereit bist!

      Deine Freundin Zoé!

      J.J. seufzt verzweifelt und überlegt eine Weile, ob sie ihrer Freundin nicht doch antworten soll. Sie weiß, dass diese Ungewissheit grausam für Zoé sein muss. Aber sie hat Angst, wieder einen großen Fehler zu machen. Also lässt sie es sein und öffnet die E-Mail von Cassidy, Pippas Tochter.

      Erstaunlicherweise hat diese Nachricht fast denselben Wortlaut wie die erste Nachricht von Zoé.

      J.J.!

      Was ist nur passiert? Wo bist du? Geht es dir gut?

      Unsere Mutter macht sich große Sorgen, weil du einfach weggegangen bist, ohne ihr etwas zu sagen. Melde dich doch bitte, bitte bei ihr!

      Cassidy

      »Nein! Bei Pippa werde ich mich garantiert nicht melden! Es würde mir das Herz brechen, wenn ich sie wieder weinen höre!«

      Wütend löscht sie eine Nachricht nach der anderen, auch die von William, Felder und Mrs. Rogan, ohne sie überhaupt gelesen zu haben. Bei Avas Nachricht hält sie allerdings inne.

      Verachtend starrt sie auf den Namen der Junghexe und bemerkt, wie ihr Blut zu pulsieren beginnt. Nervös betrachtet sie ihre Hände, auf denen sich die Adern schon ziemlich dick abzeichnen. Hastig tippt sie auf die erste Nachricht.

      Jezabel!

      Ich weiß, was in Xestha vorgefallen ist. Deshalb denke ich auch, dass du diese Nachricht gar nicht erst lesen wirst. Also kann ich meinen Gedanken auch freien Lauf lassen:

      Ich habe verstanden, dass die Menschen in der realen Welt eine andere Vorstellung von gesellschaftlichen Verpflichtungen haben als wir Hexen aus Xestha. Wir Hexen vom dunklen Phad definieren Loyalität auf eine andere Weise als ihr. Was aber nicht automatisch bedeutet, dass ihr Menschen die besseren Wesen seid! Ihr habt einfach nur andere Gesetze, die »gut und böse« völlig vereinfacht eingrenzen.

      Manchmal sind die Dinge allerdings anders, als sie im ersten Augenblick erscheinen. Ich möchte mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen und behaupten, dass unsere Gesetze im Endeffekt ehrlicher sind. Ich wollte dir nur gern schreiben, dass ich es nicht nachvollziehen kann, warum ihr mich damals nicht mit ins Amtsgebäude genommen habt. Ich denke, dass Linus Bedenken hatte und er euer Vorhaben nicht gefährden wollte. Aber egal was du von mir denkst, ich kann mit erhobenem Kopf behaupten, dass ich euch nicht in eine Falle gelockt habe!

      Hast du mal darüber nachgedacht, dass ich vielleicht selbst in eine geraten bin?

      Als ich in der Arena den Dämonenhund gesehen habe, wusste ich sofort, dass nur du das gewesen sein kannst. Glaube mir, ich fand das großartig! Aus Erfahrung weiß ich, dass nur eine Hand voll Hexen in deinem Alter solch ein Wesen beschwören kann. Diese würden so etwas im Gegensatz zu dir allerdings niemals tun!

      Das mit Fjigor hat mir ganz offensichtlich gezeigt, wie wenig du uns Bewohner vom dunklen Phad verstehst.

      Ich weiß, dass du viele Dinge ablehnst, die wir in Xestha tun, weil sie gegen deine ethischen Grundsätze verstoßen. Aber wir dunklen Hexen haben eine eigene Vorstellung