R. S. Volant

Das Kind der Königin


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befürchtend und nervös an seiner Unterlippe lutschend.

      „Gar nichts, mein Liebling“, beruhigte ihn Henry sanft und hauchte einen zärtlichen Kuss auf dessen Handrücken. „Aber es ging dir nicht gut.“

      „Aja“, machte Amanoue skeptisch. „Seltsam, isch kann misch an gar nischds erinnern! Aber, macht nischds, `eute geht es mir ja wieder gut“, meinte er locker grinsend. „Sehr gut, sogar! So, `err, nun frühstückt Ihr erst einmal, bevor die Milsch gans kalt wird und isch `ole Gregorius“, sagte er aufstehend und deutete lächelnd auf das Tablett.

      „Ich bin nicht krank, Liebling“, sagte Henry matt. „Bitte, bleib einfach nur hier, bei mir, ja?“

      „Wie Ihr wollt“, antwortete Amanoue achselzuckend und setzte sich wieder neben ihn.

      Henry trank einen Schluck Milch und schnaufte gequält auf. „Ich habe gar keinen Hunger, bitte Schatz, vielleicht später, ja?“

      „Ihr seid doch krank! Sonst schimpft Ihr immer, wenn Isch nischds essen mag“, hielt Amanoue streng dagegen. Er hob das Tablett hoch, stand auf und brachte es zurück zum Tisch. „Isch `ole jesd Gregorius!“, sagte er entschlossen und marschierte hinaus.

      Es regnete noch immer und so spurtete er schnell hinüber, zum Zelt des Heilers. „`allo? Meister Gregorius?“, rief er laut und der Heiler trat heraus.

      „Na, mein junger Freund, wie geht es Euch?“, fragte er freundlich.

      „Gut, danke! Isch bin wegen meine `err `ier! Isch wollte Eusch bitten, nach ihm su se`en, isch glaube, er ist krank“, antwortete Amanoue besorgt. „Irgendwie, ist er gans verwirrt und Kai auch“, raunte er ihm zu.

      „So?“, meinte Gregorius und musterte ihn dabei eingehend. „Aber Euch, geht es gut?“

      „Aber ja! Was `abt ihr nur alle?“, antwortete Amanoue verständnislos, packte ihn einfach am Arm und zog ihn mit sich.

      Als sie das Zelt betraten, saß Henry bereits angezogen am Tisch. „Aber `err“, rief Amanoue erschrocken, „Ihr solltet doch im Bett bleiben!“

      Gregorius warf dem König einen fragenden Blick zu und deutete eine Verbeugung an. „Eure Majestät fühlen sich nicht wohl?“

      „Doch“, antwortete Henry, mit einem seufzenden Seitenblick auf Amanoue. Er machte eine kurze, versteckt-deutende Handbewegung in dessen Richtung und Gregorius nickte verstehend. „Er sagt, dass er sich an nichts erinnern würde und benimmt sich auch so, eben, als wäre nichts gewesen“, raunte er leise und der Heiler atmete tief durch.

      „Das habe ich fast befürchtet. Er hat es wieder einmal verdrängt, wie vieles andere auch, das er erlebt hat. Eure Majestät, wisst Ihr noch, als Ihr ihn mitgebracht hattet? Da wusste er gerade mal noch seinen Namen, sonst nichts. Er konnte sich nicht einmal mehr daran erinnern, wer er war und woher er kam, damals. Er scheint ein Meister darin zu sein, Unangenehmes zu verdrängen. Vielleicht ist das sein Schutz, sich davor zu bewahren, gänzlich wahnsinnig zu werden“, sagte er darauf und sah kurz und sehr betroffen wirkend, zu Boden. „Vielleicht, ist es aber bereits Wahnsinn.“

      Henry verzog bestürzt sein Gesicht. „Und?“

      „Am besten, Ihr macht gar nichts, Eure Majestät. Helfen, könnt Ihr ihm nicht! Es sei denn, mit Eurer Liebe und Eurer Geduld! Es kann sogar sein, dass er sich jetzt wieder so benimmt, wie früher! Keiner weiß, was und wieviel, er aus seinem Gedächtnis gestrichen hat. Das müsst Ihr selbst herausfinden, aber mit Vorsicht! Ich, würde nichts mehr, von gestern erwähnen, belasst es einfach dabei und erfreut Euch daran, wie gut es ihm geht“, meinte Gregorius, worauf beide schwer seufzend zu Amanoue hinsahen.

      „Von wem redet ihr?“, fragte der, unschuldig lächelnd und legte auf seine zauberhafte Weise den Kopf schief.

      „Es ist nichts, mein Liebling, mach dir keinen Kopf, alles ist gut“, antwortete Henry sanft.

      „Ja, `err, alles, ist wieder gut, so, wie Manou es gesagt `at“, meinte Amanoue nickend und zart lächelnd. Wieder warfen Gregorius und Henry sich einen sehr betroffenen Blick zu, doch beide schwiegen. „Es regnet“, sagte Amanoue plaudernd und zeigte nach draußen. „Ist das gut?“

      „Für die Bauern schon“, erwiderte Henry und zwang sich, ihn anzulächeln. „Aber für uns wohl nicht so. Bei Regen, kommen wir nicht so gut voran. Ich reise nicht gern, wenn es regnet und alles nass wird, besonders die Zelte. Nasse Zelte sind schwer und die Wagen könnten steckenbleiben“, meinte er seufzend.

      Amanoue nickte verständnisvoll. „Es `ört bestimmt bald wieder auf, `err! Isch denke, es ist nur eine Frühlingsregenschauer und morgen scheint schon wieder die Sonne, Ihr werdet schon se`en“, sagte er unbekümmert und wandte sich zu Gregorius um. „So, was ist nun, mit ihm?“, fragte er fordernd und stemmte seine Hände gegen die Hüften.

      „Nichts Ernstes“, antwortete Gregorius beruhigend, „nur eine kleine Magenverstimmung.“

      „Aha! Natürlisch! Das kommt bestimmt, von die fette Essen! Das sage isch immer wieder, su ihm! Aber er `ört ja nischd, auf misch und stopft immer diese fette Sweinebraten, in sisch rein“, schimpfte er strafenden Blickes zu Henry hin. „Seht Ihr, `err, das bekommt Eusch nischd“, sagte er tadelnd und mit erhobenem Zeigefinger.

      Zwangsläufig musste Henry lachen und auch Gregorius schmunzelte vor sich hin. „Ach, mein Liebling“, sagte er besänftigend, „du hast ja recht, aber ich esse ihn nun mal so gerne, besonders Bracs“, meinte er entschuldigend, doch Amanoue wedelte weiterhin mit seinem Zeigefinger vor ihm herum.

      „Jawohl! Und dann noch reichlisch Birr dasu! Seht Ihr“, zeterte er wieder zu Gregorius hin, „wie er sugenommen `at, die ledsden Monate?“

      „Wie bitte?“, rief Henry empört aus und blickte unwillkürlich auf seinen doch recht deutlichen Bauchansatz. „Wo denn?“, fragte er unschuldig und Amanoue pikste ihn in den Bauch.

      „Da!“

      Henry griff schnell nach ihm und zog ihn auf seinen Schoß. „Na warte, du!“, raunte er warnend, doch dann küsste er ihn liebevoll. Gregorius verbeugte sich schmunzelnd und verabschiedete sich noch, was sie allerdings gar nicht mitzubekommen schienen.

      Amanoue hatte längst seine Arme um Henrys Hals geschlungen und beide vertieften ihren Kuss. Danach lehnte er sich zurück und strahlte ihn an, wie lange nicht. „Was machen wir `eute?“, fragte er erwartungsvoll und Henry zuckte die Achseln.

      „Nichts“, meinte er lächelnd, „auf besseres Wetter warten!“

      „Wie langweilisch! Wie wäre es, mit eine Würfelspielschen?“, erwiderte Amanoue herausfordernd und Henry sah ihn überrascht an.

      „Du würfelst?“

      „Aber ja! Oft, mit die Jungs! Finn und Matto, `aben es mir beigebracht!“, antwortete Amanoue überaus begeistert.

      „Na, wenn das so ist“, meinte Henry gespielt beeindruckt und lachte auf. „Aber zuerst, muss ich etwas essen! Mir geht’s schon viel besser und jetzt, habe ich einen Mordshunger! Kai, was gibt es zu Mittag?“

      Der Diener hob betreten die Augenbrauen. „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, Eure Majestät, darum kümmert sich immer Sebastian“, gab er kleinlaut zu.

      „Schläft der immer noch?“, fragte Henry höchst verwundert.

      „Nein, Eure Majestät“, antwortete der alte Diener selbst und kam aus seiner Ecke heraus. „Bitte, vergebt mir“, sagte er etwas verlegen und gab Kai gleich einen Klaps auf den Hinterkopf. „Warum hast du mich nicht geweckt?“, brummte er ärgerlich und der hob beide Schultern.

      „Sebastian! Sei nicht so streng mit ihm, er hat es nur gutgemeint! Und außerdem habe ich auch ziemlich lange geschlafen! Das hatten wir wohl alle nötig, nach, naja“, raunte Henry abwinkend und seufzte schwer. „Also, was ist? Bekomme ich nun was zu essen?“

      „Eure Majestät, ich werde mich sofort darum kümmern“, antwortete der alte Diener und eilte davon.