Denise Devillard

Die Magier von Stonehenge Teil II.


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bemerkte, dass er sich wirklich große Mühe gab, sich zu erinnern, um nichts Falsches zu sagen. Dieser alte Mann hat mir erzählt, dass er mit einigen anderen Männern, unter dem Haus eine große Grube gegraben hat. Er hat davon berichtet, weil er sich sehr über den geringen Tagelohn, der ihnen für diese schwere Arbeit bezahlt wurde, geärgert hatte. Obwohl sie, laut ihm, dazu verpflichtet worden waren, über ihre Arbeit, die sie verrichteten, zu schweigen. Meine Eltern dachten damals, der Alte wollte sich nur wichtigmachen, deshalb hatte man ihm auch nie so wirklich Glauben geschenkt. Na, auf jeden Fall hatte ich mich damals vor dem Haus zu ihm gesetzt, und er hat mir einige sehr merkwürdige Dinge erzählt. Später dann, als ich schon größer war, habe ich mir dann gedacht, dass er mir einfach nur eine spannende Geschichte erzählen wollte, wie man sie Kindern eben gerne erzählt. Ich habe dann auch nie mehr daran gedacht, bis sie mich vorhin danach gefragt hatten.“ Jonathan war sich merklich unsicher, was er hier zum Besten gab. Er wollte sein Ansehen nicht verlieren und als Märchenerzähler dastehen, dem man dann nur mehr mit einer gewissen Vorsicht Glauben schenkte. Matthew spürte seine Ängste und Bedenken und versuchte, sie ihm zu nehmen. „Ist schon gut Jonathan, sie brauchen sich nichts dabei denken, es wird außer mir niemand davon erfahren, was sie mir hier unter vier Augen erzählen. Versprochen. Und ob da wirklich etwas Wahres dran ist, werden wir dann ja sehen. Nur Mut, erzählen sie ruhig weiter.“

      Jonathan fasst sich erneut ein Herz und begann zu erzählen: „Ich erinnere mich daran, dass er davon sprach, dass drei Leute bei dieser Arbeit gestorben sind, aber keiner wusste warum. Sie wurden immer einzeln tot in der Grube liegend gefunden, ohne Hinweise darauf, was ihnen zugestoßen war. Sie hatten keine Verletzungen oder Blut an ihren leblosen Körpern. Die Leute dachten, sie hätten sich wohl einfach überanstrengt und wären einem Herzinfarkt erlegen, aber der Alte, war da ganz anderer Ansicht. Zu dieser Zeit gab es ja auch niemanden, der das überprüft hätte. Ein einfacher Arbeiter zählte zu dieser Zeit gar nichts und so beerdigte man sie einfach in aller Stille und schwieg darüber. Die Leute im Dorf wussten ja auch gar nicht genau, was sie da eigentlich taten. Man sagte ihnen nur, dass der alte Baron, dem das alles damals gehörte, sie hatte kommen lassen, für Renovierungsarbeiten am Haus. Alle, die hier beschäftigt waren, kamen nicht aus unserer Gegend, sondern waren von weit hergekommen. Sie schliefen in der alten Scheune und wurden dort auch verköstigt, sodass sie so wenig wie möglich Kontakt zu den Leuten im Dorf hatten.“ Jonathan machte dann eine bedeutsame Pause, bevor er weitersprach. „Ich weiß wie gesagt nicht, ob das stimmt und ich weiß nicht, wie ich das jetzt sagen soll, ohne dass sie mich für verrückt halten, aber der Alte sagte mir noch etwas ganz im Vertrauen und ich glaube, das hat er nur mir erzählt, denn ich habe nie von einem anderen darüber etwas gehört.“ Er atmete hörbar tief ein, bevor er leise weitererzählte. „Ich hatte seither als kleiner Junge lange Zeit große Angst vor diesem Haus und habe es deswegen immer vermieden, hierher zu kommen.“ Matthew wurde langsam ungeduldig. „Aber was war denn nun der Grund dafür? Nun rücken sie schon raus mit der Sprache Jonathan! Ich werde sie schon nicht auslachen oder ihnen den Kopf abreißen, also sagen sie schon“…

      „Ja Sir, tut mir leid, es ist nur so, … also er sagte, dass es hier spuckt, das hat er selber erlebt.“ Nun war es raus und Jonathan senkte verlegen den Kopf. Matthew bewahrte seine Haltung und gab sich ganz locker, um Jonathan nicht noch mehr zu verunsichern. Dass er über derartige Dinge nur zu gut Bescheid wusste, konnte er ihm schlecht sagen. Matthews Neugierde war nun endgültig geweckt, er wollte mehr darüber wissen. „Ok und hat er ihnen auch erzählt, was genau er dort erlebt hat?“ Jonathans Finger bearbeiteten nervös den Stoff seiner Kappe, an der er sich festhielt, als könnte sie ihm Halt geben. „Ja. Er erzählte mir, dass er dort allein die Nachtwache verbracht hatte, bei der sie sich abwechselten. Und eines Nachts, als er da so alleine auf einem Hocker saß in der Grube, hörte er plötzlich so ein Flüstern. Er dachte zuerst, es seien die anderen und sah sich um, aber da war niemand außer ihm. Dann sah er plötzlich eine Gestalt, die fast durchsichtig wirkte und von einem schwachen Licht umringt war. Er sagte, es sei ein sehr alter Mann gewesen mit langem weißem Bart.“ Matthew nickte, ihm war sofort bewusst, um wen es sich dabei handeln musste. „Und hat er auch etwas zu ihm gesagt?“ Jonathan schüttelte den Kopf. „Nein, Sir, davon weiß ich nichts, darüber hat er mir nichts erzählt. Er sagte nur, dass er große Angst bekam und davongelaufen sei. Mehr weiß ich nicht darüber.“ Matthew gab nicht so schnell auf und fragte ihn: „Und hat er nichts darüber erzählt, wofür sie diese Grube gegraben haben, oder was danach geschah?“ „Nein, Sir, das war wirklich alles, was er mir erzählt hat, mehr weiß ich auch nicht.“

      „Ok, danke Jonathan, sie können dann gehen. Und sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, von mir erfährt keiner was über diese Geschichte.“ Jonathan erhob sich von dem Stuhl und nickte nur kurz, dann verließ er sein Büro. Wohl fühlte er sich nicht wirklich dabei, schließlich hatte er einen guten Ruf zu verlieren.

      Matthew grübelte. Was war wirklich dran an dieser Geschichte? Ohne nähere Angaben, wo diese Grube gegraben worden war und wozu, konnte er nicht viel ausrichten. Etwas zu suchen, dessen Ort man nicht kannte, war alles andere als einfach. Wo konnte man dieses Kellergewölbe, das es sicherlich schließlich geworden war, gegraben haben? Er ging noch einmal die Pläne vom Haus durch, irgendein Hinweis musste doch zu finden sein, sei er auch noch so gering. Und eines war auch klar, wenn es wirklich stimmte, dass dem alten Mann damals Myrddin erschienen war, dann musste es auch einen triftigen Grund dafür geben. Wenn man dies dabei in Betracht zog, konnte diese Geschichte wirklich wahr sein. Das war definitiv eine intensive Suche wert. Matthew wollte nicht unnütz Zeit verschwenden, er wusste ja nicht, wie viel ihm noch blieb. Also ging er nun akribisch die Pläne des Gehöfts durch, das in den Jahren immer mal wieder ausgebaut worden war. Er verglich jedes auch noch so geringe Detail, um dem Ganzen auf die Spur zu kommen. Es musste sich einfach etwas finden lassen. Viele Stunden vergingen, ehe er einen winzig kleinen Unterschied in einem alten Plan entdeckte. Auf einem neueren Plan war an derselben Stelle des älteren, keine Türe eingezeichnet worden. Auf beiden war allerdings auch kein Raum dahinter verzeichnet, dass dies erklären konnte. Es musste also dort ein Raum existiert haben, sonst hätte wohl kaum jemand an dieser Stelle eine Türe eingezeichnet. Matthew faltete den Plan zusammen und nahm ihn mit ins Wohnzimmer, wo Elisabeth vor dem Kamin saß und las. Als er den Raum betrat, sah sie nur kurz hoch und fragte: „Na, gibt’s neue Erkenntnisse?“ „Das nehme ich mal an“, entgegnete er. „Was heißt das?“ Matthew erzählte ihr, wovon Jonathan berichtet und was er auf dem Plan entdeckt hatte. Sie runzelte die Stirn und sagte: „Und denkst, dass da wirklich ein Raum dahinter ist? Wo sollte denn der sein?“ Matthew überlegte. „Na ja, ich weiß doch jetzt, wo genau die sein soll, und an der Stelle werde ich eben suchen.“ „Na, da bin ich aber mal gespannt“, antwortete sie zweifelnd und zog ihre Augenbrauen hoch. Sie war ja selber oft genug im Haus unterwegs, aber sie konnte sich nicht vorstellen, wo das sein könnte. „Ich will nur vermeiden, dass es jemand sieht, deshalb warte ich, bis alle schlafen gegangen sind, dann fange ich heute noch an“, sagte er leise. „Ok, ist gut, ich gehe heute ohnehin früh ins Bett, ich bin doch schon sehr müde. Man glaubt gar nicht, wie anstrengend so eine Schwangerschaft sein kann.“ „Das glaube ich dir gerne, mein Liebling. Ruh dich nur aus, das ist gut für euch zwei.“ Er schenkte ihr ein Lächeln, strich ihr liebevoll übers Haar und ging zurück in sein Büro.

      Als dann endlich im Haus alles still war nachts, machte sich Matthew an die Arbeit. Er nahm den Plan mit und ging in den hinteren Trakt, der an den Garten grenzte. Auf dieser Seite war auch die Tür eingezeichnet. Jetzt musste er nur noch diesen Zugang finden. Er ging durch die hohen Räume, die dort nebeneinanderlagen.

      Jede Mauer klopfte er leise ab, um festzustellen, ob dahinter noch ein Raum war. Doch es klang nicht dumpf wie erwartet, sondern immer sehr hell. So kam er nicht weiter. Er holte den Plan hervor und breitete ihn auf dem kleinen Tisch an der Wand aus. Dann verglich er seinen Standort mit dem Plan. „Ach Mist!“, fluchte er leise vor sich hin. Er hatte sich mit dem Raum vertan. Der, den er suchte, lag neben dem, in dem er gerade stand. Er schloss leise die Tür hinter sich den Plan in der Hand und betrat den daneben. Nachdem er, dessen Türe leise hinter sich zugemacht hatte, knipste er das Licht an und sah sich genau um. In diesem kleinen, in allen Ecken mit Spinnweben überzogenen Raum, standen fast keine Möbel. Nur ein alter Schrank an der Wand, dessen Front in Richtung der Türe zeigte, ein kleines, staubiges Tischchen und ein sehr alter Stuhl aus Holz, auf