Michael Hamberger

Die Seelenräuberin


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wenn Sie hier sind!“

      Layla legte auf und begann sich wieder umzusehen. Die Polizeistation war tatsächlich menschenleer, fast so, als ob sie evakuiert worden wäre. Da fielen Layla die drei überlebenden Polizisten ein, die sie im Verhörraum ins Land der Träume geschickt hatte. Sie ging also dahin zurück und sah sich um. Die drei Polizisten (waren es wirklich Polizisten??) lagen noch genau so da, wie Layla sie zurückgelassen hatte. Die Leiche des vierten, toten Polizisten ignorierte sie. Die konnte ihr mit Sicherheit nicht mehr helfen, also ging sie zum ersten Lebenden, um ihn zu untersuchen. Geschockt stellte sie fest, dass der Mann Schaum vor dem Mund hatte. Rasch versuchte Layla, einen Puls festzustellen. So sehr sie sich aber auch bemühte, konnte sie trotzdem keinen finden. Der Mann war also ebenfalls tot. Hektisch eilte Layla zum zweiten. Der zeigte genau das gleiche Bild. Auch der dritte Polizist war tot. Was war da passiert? Als sie den Raum verließ, waren alle drei noch am Leben gewesen, da war sich Layla sicher. Dies erinnerte sie stark an den Mann im Flugzeug, der kurz vor der Landung so mir nichts dir nichts gestorben war. Warum nur? Es schien fast so, als ob diese Leute ihre Schuldigkeit getan hätten und nicht mehr gebraucht würden. Steckte da ihr Gegner dahinter? Konnte er Menschen, aber auch Tiere, wie zum Beispiel die Hunde in Zürich kontrolliert? Und wenn er sie nicht mehr brauchte, dann gab er ihnen einfach den Befehl zu sterben, damit keine Spuren zurückblieben. Layla erschien dies möglich. Aber die Kontrolle war offenbar nicht unüberwindlich. Der letzte Polizist war augenscheinlich nach dem Kampf mit Layla seiner Kontrolle entwichen. Und was war dies für ein Alptraumwesen, das diesen armen Polizisten getötet und sie angegriffen hatte? Es stand anscheinend auch unter dem Einfluss ihres Gegners, wie sein Tod nach der Niederlage bewies. Nur was war dies für ein Wesen? So etwas konnte es einfach nicht geben. Halt einmal: Einen Werwolf konnte es auch nicht geben. War dies etwas Ähnliches? Konnte es auch seine Gestalt ändern, wie Layla? Die konnte sich nicht erinnern, dass es nach seinem Tod sich in einen Menschen zurückverwandelt hatte, wie dies bei einem Werwolf der Fall gewesen wäre. Trotzdem vermutete Layla, dass es etwas ähnliches sein musste. Es war offensichtlich sehr intelligent und unglaublich kampfstark. Auch war es ähnlich wie ein Werwolf fast unverwundbar. Nur bei den Augen schien auch dieses Wesen seinen Schwachpunkt zu haben. Layla hatte Glück gehabt, dass sie das Wesen hatte überraschen können. Wenn nicht, dann wäre es wohl wesentlich schwerer gewesen, als Sieger aus diesem Kampf hervorzugehen.

      Aber jetzt musste Layla so schnell, als möglich verschwinden. Sie vermutete, dass es nicht lange dauern würde, bis es hier wieder von Leuten wimmeln würde. Es war sehr wahrscheinlich, dass ihr Gegner dafür gesorgt hatte, dass die Polizeistation für die Zeit der Befragung leer war und jetzt, wo er sie nicht mehr brauchte, würde die sich wohl schnell wieder füllen. Und wie sollte sie dann die toten Polizisten erklären?

      Was Layla erschütterte war, dass wenn sie Recht hätte, ihr Gegner sehr, sehr mächtig sein müsste. Wie Recht hatte doch die Zigeunerin im Zug gehabt, als sie Layla warnte, dass sie mit mehr Ehrfurcht an die Sache herangehen solle. Mittlerweile hatte Layla richtig Angst bekommen. Ebenfalls Recht hatte die Zigeunerin mit ihrem Amulett gehabt, dass offensichtlich keine Wirkung zeigte. In was war sie da wieder hineingeschlittert?

      Da hörte Layla Stimmen. Die Leute, die hier arbeiteten kamen offenbar zurück! Jetzt wurde es höchste Eisenbahn, dass sie verschwand! Layla richtete sich auf und ging zur Türe. Zwei Frauen, höchstwahrscheinlich Sekretärinnen, liefen in Richtung des Büros, wo sie über die Visitenkarte des Polizisten ihren Aufenthaltsort bestimmt hatte. Layla schlich sich aus dem Raum und ging zügig, aber ohne Eile zu zeigen zum Ausgang. Dabei waren ihre Nerven bis aufs Äußerste angespannt. Fast konnte sie den grellen Schrei einer der Sekretärinnen hören, wenn sie die Leichen im Verhörzimmer fanden. Und was war erst lost, wenn sie die Katzenbestie fanden! Layla schaffte es tatsächlich, unbehelligt die Polizeistation zu verlassen. Gut, sie hatte mit Sicherheit Millionen von Fingerabdrücken hinterlassen. Da sie aber ihrem Wissensstand nach noch nicht bei Interpol registriert war, würde es wohl noch einige Zeit dauern, bis diese die Polizisten auf ihre Spur bringen würde. Verlassen wollte sich Layla da aber nicht darauf und nahm sich vor, sehr gut aufzupassen. Wo sich Layla jedoch hundertprozentig sicher war, war, dass ihr Gegner dafür gesorgt hatte, dass keine der Überwachungskameras eingeschaltet gewesen war. Na, dann hatte er ihr doch erstmalig geholfen. Laylas Gesicht hellte sich auf. Das Lächeln war jedoch nicht erlösend, sondern eher wie ein Trost. Layla war bis ins Mark hinein erschrocken, mit was für einem mächtigen Gegner sie es zu tun hatte. Fast wünschte sie sich, die Zigeunerin wäre bei ihr und konnte ihr wenigstens ein paar ihrer Fragen beantworten. Da sah Layla ein kleines Restaurant, oder Bar. Hier würde sie auf ihren Kontaktmann warten!

      Kapitel 5

      Es dauerte dann auch fast 45 Minuten, bis ihr Kontaktmann endlich beim Restaurant angekommen war. Zum Glück gab es dort einen anständigen Kaffee, was in Brasilien gar nicht so selbstverständlich war, obwohl das Land einer der größten Kaffeeexporteure weltweit gesehen war. Offenbar wurde dabei die erste Qualität exportiert, während die zweite Qualität im Land blieb. Aber hier in diesem kleinen Restaurant war der Kaffee wirklich ausgezeichnet.

      Hektisch kam ihr Kontaktmann hinein und sah sich um. Als er Layla sah, hellte sich sein Gesicht auf. Er hatte sich offensichtlich große Sorgen gemacht. Er wollte sich setzen, aber Layla erklärte ihm kurz, dass sie, wenn möglich, so schnell als möglich von hier verschwinden sollten. Also bezahlte der Mann umgehend und die beiden gingen zur Türe.

      Angekommen im Wagen, sah sie der Mann erst einmal fragend an, aber Layla erklärte ihm, dass sie erst einmal nur von hier weg wollte. Schon seit 20 Minuten war in der Polizeistation die Hölle los. Fast minütlich kamen Polizeiwagen mit Blaulicht dort an. Der Mann sah Layla fragend an und Layla begann, ihm in kurzen Worten zu erzählen, was dort geschehen war, ohne aber die Katzenbestie, noch ihre Verwandlung zum Werwolf zu erwähnen. Sie wusste nicht, in wieweit der Mann informiert war, und inwieweit sie ihm trauen konnte.

      Der Mann, von dem sie immer noch nicht wusste, wie er hieß, macht das Radio an und drückte auf einen speziellen Knopf. Augenblicklich war der Polizeifunk von Sao Paulo zu hören. Dort war ein hektisches Durcheinander. Deshalb verstand Layla überhaupt nichts mehr, aber der Mann wurde bleich und sah Layla immer wieder mit großen Augen an. Layla versuchte diesen Blick zu deuten, was ihr aber total misslang. Es schienen zu viele Emotionen auf einmal in ihm zu toben. Ihre feine Werwolf Nase sagte ihr, dass der Mann mächtig Angst hatte.

      Nachdem er einige Minuten zugehört hatte, drehte er sich plötzlich zu Layla um und sagte:

      „Da muss ja echt die Hölle los sein. Sie haben vier Leichen gefunden, die offenbar keine Polizisten sind, sondern anscheinend von einer Eliteeinheit des Militärs stammen, sowie ein ebenfalls totes Monster, dass die Soldaten getötet haben soll. Wer das Monster getötet hat, können sie sich nicht erklären. Haben Sie dieses Monster auch gesehen? Es wird auch von einer rätselhaften Frau berichtet, die kurz gesehen wurde, die aber nicht näher identifiziert werden konnte. Damit sind offensichtlich Sie gemeint.“

      Layla sah dem Mann an, dass er etwas beleidigt ist, dass sie ihm von der Katzenbestie nichts erzählt hatte. Layla tat dies etwas leid, aber sie konnte es sich einfach noch nicht erlauben, ihn voll zu involvieren. Was wäre, wenn ihr Gegner ihn auch unter Kontrolle bekam?

      Für Layla war es das wichtigste überhaupt, an Informationen zu kommen, damit sie ihre nächsten Schritte sinnvoll planen und Mark endlich zur Seite stehen konnte. Bisher hatte sie nur reagiert und nicht agiert. Es war für sie sehr, sehr kritisch, dass ihr Gegner offensichtlich jeden ihrer unbeholfenen, hilflosen Schritte kannte, während sie noch nicht einmal sicher wusste, um wen es sich dabei eigentlich handelte. Die Zigeunerin hatte von einer Seelenräuberin gesprochen, ja. Aber war dies tatsächlich ihr Gegner? Und wenn ja, wer war diese Seelenräuberin dann überhaupt? Sie drehte sich zu dem Mann um und lächelte, um ihn etwas wohler zu stimmen, bevor sie ihn fragte:

      „Haben Sie schon einmal von einer Seelenräuberin gehört?“

      „Die gleiche Frage hat mir Mark bei unserem letzten Treffen auch gestellt. Nein, davon habe ich nie gehört!“

      Aha, Mark war also auch darauf gestoßen, Na, das war doch etwas. Offenbar war diese Seelenräuberin tatsächlich ihr Gegner. Nur, was hatte