Benedict Dana

Mo Morris und der Supervirus


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die „kleine Betty“ über die Jahre geworden war, sondern brachte sie auch alle drei gemeinsam zum Lachen. Mo fühlte sich für einen Augenblick unterlegen und lenkte daher schnell wieder auf das eigentliche Thema zurück.

      „Schön, dann sollten wir jetzt vielleicht endlich mal diese Software starten. Wenn ich alles recht verstanden habe, muss das möglichst noch heute geschehen, weil die Ortung nach drei Wochen erfolgen soll. Ich verstehe das zwar nicht, aber bitte, Tims irrationaler Hang zur Numerologie verlangt es nun einmal so.“

      „So ist es. Es geht dabei etwas weniger um die Numerologie als um die Regel, dass die Ortung zur Wahrung von Tims Privatsphäre nicht zu früh gestartet werden soll. Es wird alles genau im System festgehalten und Tim wird später genau nachprüfen können, ob alles wie geplant abgelaufen ist. Ich habe bereits vor einer Woche, also am 14. Tag, eine Suche nach seinem Wagen gestartet, so wie es vorgesehen ist. Er ist in derselben Straße geparkt, in der sich das Hotel in Washington befindet, aus dem er mich zuletzt angerufen hat. Es handelt sich um einen schwarzen Range Rover, dessen Nummer ich ihnen noch aufschreiben werde. Ich habe bisher noch keine Maßnahmen getroffen, ihn untersuchen oder an einen anderen Ort bringen zu lassen.“

      Betty erhob sich und forderte ihre beiden Besucher mit einem Handzeichen auf, ihr an den Computer zu folgen. Sie bauten sich rechts und links von ihr an dem Schreibtisch vor dem Bildschirm auf und Sie begann zu erklären:

      „Sie sollten sich ansehen, was ich hier tue. Auf diese Weise werden Sie Tim später bestätigen können, dass alles ordnungsgemäß abgelaufen ist. Am Samstag vor drei Wochen habe ich die Software mit einem Masterpasswort gestartet. Bei der Gelegenheit wurde ein zweites Passwort generiert, das nach genau sieben Tagen gültig wurde. In derselben Art habe ich jede Woche ein neues Passwort erhalten, so dass ich heute das vierte und letzte eingebe.“

      „Ich nehme an, die Ortung erfolgt per Chip und GPS-Signal?“, vermutete Jayden und beobachtete, wie sie ein kompliziertes Passwort aus Zahlen und Buchstaben von einem Zettel ablas und in den Computer eingab.

      „Richtig, es ist sehr simpel, es funktioniert im Grunde nicht anders als ein x-beliebiges Navigationsgerät. All unsere Mitarbeiter werden mit mehreren Chips ausgestattet. Tim und ich tragen zusätzlich noch einen Chip unter der Haut direkt am Körper.“

      Sie klickte die Schaltfläche „Ortung starten“ an, woraufhin ein leerer, weißer Balken erschien, der den Fortschritt des Ortungsprozesses in blauer Farbe anzeigte. Derweil erläuterte sie:

      „Ein Chip ist im Wagen, ein weiterer in der Armbanduhr, der dritte in der Kleidung und der vierte direkt am Körper. Es macht Sinn das Signal von allen Chips abzurufen, weil die Ortung dadurch natürlich viel exakter wird. Falls sie sich an verschiedenen Orten befinden sollten, lässt das einige Schlüsse zu. Im Moment orte ich die Armbanduhr.“

      Nach einer Weile hatte sich der Balken endgültig gefüllt und direkt darauf wurde in fetter schwarzer Schrift ein Längen- und Breitengrad angezeigt. Wenig später tat sich eine Satellitenansicht der Erde auf. Nachdem Betty die Vergrößerungsfunktion betätigt hatte, waren die Umrisse einer kleinen, karabinerhakenförmigen Inselgruppe mitten im Ozean zu erkennen, die sich schließlich als die Bermudasinseln entpuppten. Obwohl die Bermudas auf der Höhe Georgias rund 800 Meilen östlich der nordamerikanischen Küste völlig einsam im Atlantik lagen, schien die schöne Detektivin das Ergebnis der Ortung nicht sonderlich zu erstaunen. Sie betätigte den Zoom erneut, wodurch ein Straßenname in der Hauptstadt Hamilton auf der Hauptinsel Grand Bermuda sichtbar wurde.

      „Der exakte Ortungspunkt wird sich womöglich als ein Hotel in Hamilton erweisen, in dessen Restaurant Tim gerade gemütlich beim Mittagessen sitzt. Es würde mich nicht wunden, wenn sich am Ende herausstellen sollte, dass er da draußen bloß Urlaub mit irgendeinem leichten Mädchen macht!“

      „Es läge nah, anlässlich dieser Bemerkung einen Witz zu reißen, aber ich werde es mir verkneifen. Sie sagten ja, ich sollte nicht immer in dieselbe Kerbe hauen“, feixte Mo und strengte sich sichtlich an, seine Zunge in Zaum zu halten. Betty hörte kaum hin, da sie voller Spannung darauf konzentriert war, die Ortung des nächsten Chips zu starten.

      Als nach einer schier endlos scheinenden Minute ein neuer Längen- und Breitengrad angezeigt wurde und die Satellitenansicht mit einem Ruck von den Bermudasinseln abschwenkte und in süd-süd-westlicher Richtung von ihnen einen neuen Punkt mitten im Ozean ins Visier nahm, war der Raum von einer angespannten Stille erfüllt. Betty zoomte den Punkt immer weiter heran, aber weil sich trotz ihrer verzweifelten Suche nirgendwo ein Stück Land zeigen wollte, rief sie nervös aus:

      „Entweder befindet er sich auf einem Schiff, auf irgendeiner winzigen, unverzeichneten Insel oder auf einer Ölbohrplattform oder so etwas!“

      „Sieht fast so aus, als wäre der gute, alte Tim im Bermudadreieck verschollen…“, murmelte Mo bedeutungsschwer und stieß einen leisen Pfiff durch die Zähne aus.

      Tatsächlich befanden sich die angezeigten Koordinaten genau in dem bekannten Seegebiet, das in dem Dreieck zwischen Bermuda, Puerto Rico und dem südlichen Zipfel Floridas lag und in dem überdurchschnittlich häufig Flugzeuge und Schiffe verunglückten oder verschwanden. Dabei sah es auf den ersten Blick nicht so aus, als ob der betreffende Punkt viel mehr als 50 bis 100 Meilen von den Bermudas entfernt war.

      „Bevor wir uns vorschnellen Vermutungen hingeben, werde ich jetzt den letzten Chip anpeilen. Es würde mich nicht wundern, wenn dadurch nochmals alles in einem anderen Licht erscheint“, kündigte Betty an und startete die Ortung des Chips, den Tim direkt unter der Haut an seinem Körper trug. Sie beobachteten abermals voller Spannung, wie die Satellitenansicht wieder einen Schwenk machte und dieses Mal einen Punkt anzeigte, der etwa 100 Meilen nördlich von Bermuda im Ozean lag.

      „Sie können bei dieser Gelegenheit beweisen, ob Sie wirklich die Gabe der höheren Ahnung haben, Morton. Was hat das Ihrer Meinung nach zu bedeuten? Vielleicht muss es ja gar nichts Schlimmes sein, was meinen Sie?“

      Mo beugte sich zu ihr hin und nahm ihr die Computermaus aus der Hand. Obwohl man nicht mehr als eine einzige blaue Fläche sah, zoomte er den Punkt noch weiter heran. Als dadurch weitere Dezimalstellen hinter den Kommata der Längen- und Breitengrade sichtbar wurden, stellte er wie erwartet fest, dass diese sich langsam veränderten.

      „Man braucht zum Glück noch nicht gleich die Gabe der höheren Ahnung anzustrengen, um ein paar einfache Vermutungen anzustellen. Es liegt nahe, dass Tim nach Washington fuhr, um sich weitere Informationen vor Ort zu besorgen. Wahrscheinlich verfügte er über Kontakte zu FBI- und CIA-Agenten oder zu sonstigen Informanten. Danach flog er aus einem Grund, der mit den neuen Informationen zusammenhing, nach Bermuda. Entweder vergaß er dort seine Armbanduhr im Hotel oder er ließ sie absichtlich liegen. Vielleicht ahnte er zu diesem Zeitpunkt bereits die Gefahr und legte vorsorglich eine Spur für Sie, Betty.

      Da die Koordinaten seines Körperchips sich langsam verändern und damit eine Bewegung anzeigen, wird er sich auf einem Schiff befinden. Dies lässt mehrere Schlüsse zu. Wahrscheinlich hatte er ein ganz bestimmtes Ziel und stach von Bermuda aus mit einem Boot in See. Unterwegs verlor er aus irgendeinem Grund das Kleidungsstück mit dem Chip oder warf es absichtlich ins Meer. In diesem Fall könnte er sich noch immer auf dem ursprünglichen Boot befinden und sich inzwischen in nördlicher Richtung fortbewegen. Eine andere Möglichkeit wäre, dass er unterwegs Schiffbruch erlitt, sich des Kleidungsstückes mit dem Chip notgedrungen im Meer entledigte und später von einem anderen Schiff gerettet wurde.

      Ich selber würde allerdings folgende Variante favorisieren: Tims Ziel war ein anderes Schiff. Als er es erreichte, enterte er es heimlich und ließ den Chip auf seinem eigenen Boot zurück, um eine Spur für Sie zu legen, Betty - genau wie schon mit der Armbanduhr!“

      „Das klingt alles recht einleuchtend. Allerdings muss es sich ja nicht unbedingt um ein Schiff handeln, sondern es könnte auch ein Flugzeug oder Hubschrauber sein“, wandte Jayden ein. „Können Sie die Veränderung der Koordinaten in Geschwindigkeit umrechnen, Betty? Das müsste doch sicher möglich sein!“

      Bettys Antwort bestand darin, sich sofort auf die Suche nach der entsprechenden Software zu machen und sie zu starten.

      „Leider