Bianka Kitzke

Zwischen den Fronten


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aber im Inneren war es hochmodern. Es besaß eine große Küche in der Terrakotta-Fliesen die Wände und den Böden zierten. Das Wohnzimmer war riesig und verfügte über einen Kamin an dem man abends kuschelige Stunden verbringen konnte. Es gab zwei Badezimmer und drei Schlafzimmer. Rundum, dieses Haus war der pure Luxus. Zwar waren sie nun hoch verschuldet, doch es war und blieb ein Traum von einem Haus und es gehörte nun den Karters. Marie steckte viel Liebe und viel Geduld in dieses Haus und seinen Garten. Doch dann kehrte der Alltag mit all seinen Sorgen und Problemen ein und begann langsam aber sicher ihr Eheleben zu zerstören. Marie war fortan immer in dieser Agentur. Wenn Erik Frühdienst hatte, kam sie erst am späten Abend. Wenn er Nachtdienst hatte und den Tag zu Hause war, war sie in der Agentur und wenn er Spätdienst hatte das gleiche Spiel. Irgendwann wurde es ihm zu blöd und er blieb in der Klinik.

      „Wie sollen wir unsere Zukunft weiter planen? Ich mache mir wirklich Gedanken über alles und kann seit heute Morgen an nichts anderes mehr denken“.

      Erik schien das alles kalt zu lassen. Denn er machte kein bisschen das bestürzte Gesicht das sie erwartet hatte. Stattdessen stopfte er sich genüsslich ein Stück Pizza nach dem anderen in den Mund. Für Erik würde es bald keine Zukunft mehr mit Marie geben, glaubte er zumindest. Seine Ehe ging den Bach runter.

      Er und Marie hatten seit Monaten keinen Sex mehr und lebten ohnehin nur noch nebeneinander her. Daher hatte er sich eine Geliebte angeschafft. Dr. Erik Karter hatte eine Affäre mit Nachtschwester Larissa und verbrachte so viel Zeit wie möglich in ihrem anstatt in seinem ehelichen Bett. Zwar hatte er in den letzten zehn Jahren in der Ehe mit Marie auch schöne Momente erlebt. Doch als vor sechs Monaten Larissa bei ihnen als Nachtschwester angefangen hatte und die beiden sich an einem Morgen im Besprechungszimmer das erste Mal sahen hatte es gefunkt. Aber das wollte er Marie in dieser schweren Zeit, die sie nun durchmachte nicht sagen.

      „Ach Liebling, es wird schon wieder. Glaub mir. Wir kriegen das hin“, sagte er küsste sie leicht auf die Wange und aß weiter an der Pizza. Sie hatten alles aufgegessen, beziehungsweise Erik hatte alles aufgegessen und Marie dachte an ein wenig „ehelichen Spaß“, den sie schon lange nicht mehr hatten und kuschelte sich an ihren Mann. Doch weiter kam es nicht, da das Telefon klingelte. Erik nahm ab und verlautete dann er müsse auf Station und wie leid es ihm täte. Und so blieb Marie nur eines – wieder alleine zurück ins Ehebett. Erik geleitete Marie nach draußen und nahm sie in den Arm.

      „Schatz, nicht böse sein. Ich bin morgen früh zum Frühstück wieder zu Hause und dann reden wir noch mal über alles“. Er küsste Marie leicht auf die Lippen und verschwand hinter der nächsten Ecke, während Marie den Flur hinunterlief in Richtung Ausgang. Erik schaute seiner Frau nach und eilte dann ins Schwesternzimmer zu Larissa.

      „Denkst du sie hat was mitbekommen?“, fragte sie ihn, als Erik die Tür hinter sich geschlossen hatte.

      „Ach Quatsch … die hat andere Sorgen. Sie haben sie entlassen. Keine Sorge meine Süße. Du und ich, das ist ein gut gehütetes Geheimnis. Allerdings müssen wir jetzt noch vorsichtiger sein. Denn wenn Marie den ganzen Tag zu Hause sitzt, wer weiß auf was für Ideen sie kommt“, sagte Erik zu Larissa, nahm sie in den Arm und küsste sie, bevor er sie anlächelte.

      Marie erwachte am anderen Morgen allein in ihrem großen Ehebett. Nachdem sie sich gestreckt hatte und langsam zu sich kam, dachte sie an den vorherigen Tag. Sie war entlassen worden! Na super, - dachte sie sich als sie aufstand um sich im Bad etwas frisch zu machen. Marie kam gerade aus der Dusche als die Haustür aufgeschlossen wurde.

      „Ich bin daheim! Und ich habe uns auch gleich das Frühstück mitgebracht. Marie?“

      Erik kam ins Schlafzimmer als sie sich gerade angezogen hatte und gab ihr leicht einen Kuss auf die Wange.

      „Guten Morgen. Na, gut geschlafen?“

      „Nein! Aber Du anscheinend. Du bist ja richtig fit“.

      „Naja ich konnte ja auch genügend schlafen. War nix los heute Nacht. Kein Notfall, keine Babys … alles ruhig“, sagte er zu ihr. Dachte dabei aber an die vergangene Nacht, die er mit Larissa im Bereitschaftszimmer verbracht hatte.

      „Prima!“, antwortete ihm Marie und lief mürrisch an ihm vorbei. - „Ich geh Frühstück machen“.

      Erik stand da und schaute ihr einfach nur hinterher.

      „Ich geh vorher noch schnell duschen“, rief er ihr noch nach, bekam jedoch keine Antwort mehr von ihr. In der Küche lehnte sich Marie erst mal an den Tresen.

      Was glaubte ihr Mann eigentlich wie blöd sie war.

      Nachtdienst! Bereitschaft!

      Nie im Leben!

      Marie hatte den weiblichen Duft gerochen. Erik roch normalerweise immer nach Klinik. Er roch nach Desinfektionsmittel, Babypuder oder anderem Klinikzeugs wenn er heimkam,- aber nicht nach Parfüm. Und da sie ein solches Parfüm nicht benutzte, musste dahinter wohl ein anderes weibliches Wesen stecken. Marie ließ sich nichts anmerken. Sie spielte weiterhin das glückliche Weibchen. Auch wenn sie die leise Vorahnung hatte, dass ihr Mann sie wohl betrog.

      Die nächsten Tage waren für Marie der reinste Horror. Sie saß zu Hause, blätterte Tag für Tag diverse Zeitungen nach Stellenangeboten ab, doch nichts! Und langsam aber sicher fiel ihr die Decke auf den Kopf. Von Erik konnte sie keine Hilfe erwarten, denn er war ja wie immer in der Klinik oder womöglich bei dieser Frau, die nach billigem Parfüm roch. Und so sehr sich Marie auch anstrengte sich darauf zu konzentrieren einen neuen Job zu finden, es gelang ihr einfach nicht. Immer wieder kreisten ihre Gedanken um ihren Mann und diese andere Frau.

      Was hatte Erik dazu bewegt sich eine Freundin zuzulegen? Was stimmte nicht an ihr? Was stimmte nicht an ihrer Ehe? Tausende und abertausende Fragen wimmelten in ihrem Kopf und Marie kam zu keiner Antwort.

      Erik las wie jeden Morgen die Zeitung, während Marie in ihrem Müsli herumstocherte. Das Frühstück der beiden verlief eigentlich wie jeden Morgen bevor beide wieder zur Arbeit mussten – schweigend! Nur, dass Marie nun Hausfrau war und es sie tierisch ankotzte.

      „Wann musst Du wieder in die Klinik?“, fragte Marie schließlich, um das Schweigen das sie um sich herum hatte zu beenden. Erik sah auf seine Uhr und murmelte ein unverständliches „um elf“ in die Zeitung.

      „Warum?“

      „Naja, weil ich mich mit einer Freundin später in der Stadt treffe, wir einen Kaffee trinken, danach noch einen Besuch im Sexshop machen und dann wieder nach Hause gehen“.

      „Schön. Mach das“, murmelte er und Marie riss endgültig der Geduldsfaden.

      „Erik sag mal, was ist eigentlich los? Du hörst mir seit Wochen, - nein seit Monaten,nicht mehr richtig zu. Du bist fast nie zu Hause und anscheinend interessiert es dich einen Scheißdreck was ich den ganzen Tag tue“.

      Erik legte seine Zeitung beiseite und musterte seine Frau.

      „Du hast recht. Es stimmt was nicht. Ich wollte dir nicht wehtun und habe immer meinen Mund gehalten, aber nun hast du angefangen. Weißt du warum ich nie zu Hause bin? Weil Du auch nie da bist,- oder warst. Immer bist du in deiner blöden Firma gewesen. Wir haben uns einfach auseinander gelebt“.

      „Was? Aber …“.

      „Nichts aber. Es hat damit angefangen, als wir versuchten ein Baby zu bekommen und nie hat es geklappt. Und wenn es dann endlich mal geklappt hatte, hattest du eine Fehlgeburt. Von da an bist du ständig in dieser blöden Agentur gewesen. Selbst zu Hause bist du über diesen Werbeplakaten gehangen.“

      „Ich ... wie sollte ich mich denn ablenken, wenn nicht mit Arbeit? Außerdem machst du mich jetzt dafür verantwortlich, dass ich …? Du bist Arzt! Du müsstest wissen, dass …“

      „Ich weiß es und ich gebe dir auch keine Schuld. Keinem von uns. Zehn Jahre sind wir zusammen. Wir sind durch dick und dünn gegangen. Marie, aber nun … ist die Luft raus. Ich kann es nicht ändern. Ich wünschte ich könnte es, aber ich kann es nicht. Ich habe mir immer eine Familie gewünscht. Einen ganzen Stall von Kindern wenn ich abends nach Hause komme