Nik Morgen

Animus oder Die Seele eines Stärkeren


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Warte. Ich hole eine Schere. Entschuldige, wenn ich dir eine kleine Glaze schneide. – (Zu sich.) Noch nie hab ich einen solchen Bauch gesehen. Mir ist, als würde er mich wie mit einer Bettdecke einhüllen.

      BAUCH: Jetzt hab ich einen richten Mutterbauch. Ich wäre wirklich froh, ich könnte mein Kind austragen!

      EINER: Du stellst dir wirklich vor, du hast ein Kind?

      BAUCH: Ja, deshalb habe ich es so überfüttert. Ich habe Angst, es könnte verhungern. Ich habe schon öfter geträumt, ich würde immer dicker und mein Kind immer kleiner.

      EINER: Das Kind hat zu wenig Raum, um mit dir etwas zu unternehmen. Wenn du ein wenig Sport treibst, jauchzt dein Kind. Es wächst dann schneller. Ich weiss das, weil ich selber ein Kind eines Vaters bin wie dir.

      BAUCH: Ich möchte mich wirklich mehr bewegen. Sonst fühl ich mich bald selber wie im Laufgitter.

      EINER: Schade, dass du schon gehst.

      BAUCH: Ich lass dir meinen Bauch da. Du wirst sehen, er nimmt ab wie der Mond.

      ERZÄHLER: Er schnallt sich den Bauch ab und gibt ihn ihm. Dieser hält sich den dicken Bauch um seinen kleinen und atmet tief in sich hinein.

      EINER: Danke. Ich werde ihn auch immer wieder einmal glattstreichen.

      ERZÄHLER: Er ruft ihm nach.

      EINER: Viel Freude an dem Kind.

      Begegnung mit dem Captain (und dem Trikot-Team)

      Dass er mit den Menschen war, war nicht sehr verschieden davon, dass er sich auch mitten in ihnen befand. Und genau wie seine Handlungen einem Geist entsprachen, so redeten seine Gesten eine innerliche Qualität.

      Als Captain einer Mannschaft war er für die Schlagkraft seines Teams zuständig.

      Er hatte eine eigne Art zu pflegen. Blau weiss vertikale Streifen mit der roten Zahl und klangvollen Namen war das Trikot seines Teams.

      Dass die Streifen nach der Länge nochmals vielgeteilt, und im Silber hell und dunkel schimmern, entging jeder bewussten Betrachtung, tat ihre Wirkung aber instinktiv.

      Die Siegerhemden auszubreiten, ihren Geruch und Schweiss im selben Raum reinigen und vermischen, war, wenn nicht die Pflicht, dann doch sein regeltreues Unternehmen.

      Er kannte sie und wusste wie platzieren, welche Namenszüge sich folgen, welche Nummern zu entrücken; er kannte die Spuren Schweiss, die Flecken Gras, die Farb der Wunden und wusste sie zu ordnen und die Kräfte zu sortieren.

      Um Hantelstangen legt er sie, über Stuhllehnen, Tisch und Sitze, ganz nach einem inneren Gesetz. Selbst jedoch behielt er seines an, um mit ihm bei ihnen zu sein.

      Ein dünner Schein fiel aus der Feuernische im Nebenraum auf ihn.

       Erst jetzt wird man ihm gewahr. Man sieht’s, steht still und horcht: man hatte seiner Handlung beigewohnt.

      Wie laut das Fett nun in der Pfanne spritzt

       und es im Topf daneben kocht.

       Doch war man nicht im Schutz hinter der Lichtquell?

      Trotzdem wusste er natürlich, weil er alle Wesen des Hauses kannte: Man war da.

      Und wieder blendete er die kleinen, fremden Kräfte aus durch einen geringen Strahl. Wenn auch mit einer Spur von Ärger drin, denn bis die Gegend der Team-Trikots im Raume ausgeglichen war, das dauerte heute an.

      Bitte um Intervention

      Gott, ich muss dich bitten um Kraft und Gelassenheit, um Gelingen und vor allem um das grösste Geschenk, das du mir machst: die Erwiderung meiner Liebe! Ich stehe unruhig vor meiner zweiten Nachtwache in der Klinik, und all meine Gefühle und Zweifel drehen um den Widerstand, den ich empfinde, heute nacht einem Menschen gegenüberzutreten, der für mich zu einer Ikone deiner Menschwerdung geworden ist. Ich fühle mich hässlich und unwert vis-à-vis von jemanden, der mit seiner Ausstrahlung und seinem Wesen meine tiefsten Gefühlsschichten aufrührt. Ich nehme mit meinem Befinden seine Ablehnung vorweg, vor der ich zittere wie vor dem Tod. Warum sollte er sich nicht auch zu mir hingezogen fühlen? Wer bin ich, dass ich mich selbst so abschreckend empfinde? Jesus, in diesem Menschen begegnest du mir. Bitte lass nicht zu, dass ich mich wie schon oft verworfen und bedeutungslos fühle. Lass eine Reaktion des Herzens von ihm auf mich ausgehen und lass sie mich ihm froh und unbelastet zurückgeben. Was ist so tragisch an meiner grossen Zuwendung?

      Bitte, schenke mir Freundschaft zu Menschen, die ich von Herzen lieb habe. Lass deine Güte wiederscheinen in der Art, wie sie sich mir gegenüber verhalten. Ich bin bereit, das wenige, das viele zu geben, was ich an Kenntnis der menschlichen und deiner göttlichen Natur durch dich erhalten habe. Lass ihn nicht gleichgültig sein gegenüber meinem Vermögen, ihn vollkommener mit sich auszusöhnen. Das scheint denn meine Mission zu sein, die mich beinah zerreisst: Ihn sich seines Segens bewusst zu machen, seines Wohlgefühls, das in ihm und von da auf jeden ausgeht, der von seiner Handlung betroffen ist. Ich spüre die Brutalität, Aggression und Gewalt, welche in meiner Ferne zu Pater K liegt und ich will mich wehren, damit sich eine ähnlich Reglosigkeit nicht wiederholt, die mich lähmt und vernichtet.

      Wie besessen sehe ich dieser Nacht entgegen, in welcher du erscheinen sollst. Ich fühle mich verletzt und wehrlos, aber ich werde tapfer sein und mich nicht im Stich lassen, wenn das nicht stattfindet, ohne welches ich nicht leben möchte: Sympathie und Zuwendung deren, die ich liebe, und für die ich bereit bin, mich klein oder mich gross zu machen. Jesus, segne diesen Menschen, der mich so sonderbar berührt und nach dessen Zutrauen ich mich so unheimlich sehne. Bitte schenke mir grünes (oder weisses) Licht zu Weihnachten, dass ich mit ihm verbunden werde, und sende sein Licht in meine Kammer. Ich verspreche dir, meinerseits alles zu tun, was ich kann, das ihm hilft, mit seiner eigenen Sehnsucht in Berührung zu kommen und sich in deiner Liebe zu sonnen. Amen!

      Blumenbeethoven

Bild 122281 - Dieses Bild ist aus diesem Werk.

      Ich möchte beten für einen Freund, der am 26. März 1827 in Wien gestorben ist. Ich möchte ihn in Blumen betten, die ich aus Worten wie Flügel spriessen sah, die von ihm selber stammen. Bei allem Zwielicht, in dem die Menschen stehen, so dürfen sie doch denen einen Kranz winden, die sie lieben. Denn lieben können sie sie ja nur deshalb, weil sie in ihnen ein Abbild des Wahren sehen.

      Christus, du weisst, weshalb ich meine Blumen für Beethoven unnotwendigerweise zu rechtfertigen suche. Du weisst, dass ich ihn einst für dich, den Messias, gehalten hab und von ihm dachte, dass er der einzige sei, der mich verstehen und mir helfen kann. Leid und Dunkel seiner Person zogen mich an und ich bewunderte die Kraft dieses nicht selten wütigen Komponisten, mit der er sich gegen alle Widerstände auf eine Weise durchsetzte, die ihm den Ruhm und Glorie ganz grosser Kunstwerke einbrachte.

      In seinen hart errungenen Orchester-Siegen, die sein Leiden nie bezwingen konnten, versuchte ich mich selber zu sehen und meine eigene Hoffnung anzuknüpfen, was nicht sehr klug war, aber ich wusste es nicht besser.

      Die Motive für Zuneigung und Liebe zu einem Menschen sind selten unvermischt. Und dennoch bleibt der Liebesimpuls der kostbarste im Menschen überhaupt.

      Wie wenig unvermischt nun meine Empfindungen der Liebe sind. Herr, zumindest Dir gegenüber möchte ich sie nicht verleugnen. Für wen immer ich glühen mag und ob die Motive falsch sind oder echt, du läuterst diese Liebe; du lösest und knüpfest Bindungen, damit Dein Werk gelingt.

      In Bezug auf dich erhält Bee seine menschliche Leuchtkraft zurück, die so bedeutsam auf mich wirkt in seiner Kunst und Liebenswürdigkeit. Er ist jetzt ein Heiliger, der glücklich in deiner Wohnung lebt, ohne Scherereien mit unbefriedigendem Personal.