Jürgen H. Ruhr

Reise - Begleitung


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mich die Frau: „Ja, das sagten sie schon.“

      „... und ich bin Privatdetektiv.“ Ich hielt den Beamten meinen Detektivausweis hin. Der Polizist studierte ihn sorgfältig und machte sich eifrig Notizen. „Detektei ‚Argus’? Aha. Wer ist denn der Inhaber?“

      Er hatte mich ein wenig aus dem Konzept gebracht. „Bernd gehört die Detektei.“

      „Bernd? Hat ihr Bernd auch einen Nachnamen?“

      „Heisters. Bernd Heisters.“ Er notierte fleißig weiter. Dann gab er mir den Ausweis zurück.

      Rasch erklärte ich: „Ich habe den Auftrag - also, die Frau von Holger Hewa hat uns beauftragt - ihn zu beschatten, da sie vermutet, dass er eine Freundin hat und ihr untreu ist. Nach meinen Recherchen kann es sich durchaus um die von mir fotografierte Frau handeln.“

      Die Polizistin sah mich an: „Seine Frau?“ - „Nein, seine Freundin. Ich habe den Liegeplatz observiert und plötzlich stand Holger hinter mir. Als Beweis hatte ich die Frau schon einmal fotografiert, aber natürlich sollte Herr Hewa mit auf das Foto. Dann wäre mein Auftrag abgeschlossen.“ So, diese Erklärung dürfte genügen, jetzt konnten die Polizisten sich ein Bild machen.

      Die Frau sah mich an: „Es ist ja mächtig warm heute, finden sie nicht auch?“ Ich wusste zwar nicht, was das jetzt mit meinem Fall zu tun hatte, trotzdem nickte ich heftig. Natürlich war es warm und im Auto erst recht! Neunundvierzig Grad Celsius. Ich hatte ja auch keinen Parkplatz im Schatten gefunden.

      „Sie gehen jetzt am besten nach Hause. Nicht wieder auf die Liegewiese. Haben wir uns verstanden?“ Ich nickte. Na klar, jetzt würde ich ja Holger mit seiner Liebsten dort poussierend antreffen. Steckte die Polizei etwa mit dem Mann unter einer Decke?

      Während ich den Raum verließ, rief die Polizistin noch hinter mir her: „Herr Läsers, sie werden noch von uns hören ...“

      Ich überlegte, vielleicht doch einen Abstecher über die Liegewiese zu machen - einen ganz kurzen nur, so für ein oder zwei Fotos - bemerkte dann aber, dass die beiden Polizisten mich beobachteten. Also zuckte ich mit den Schultern, was unter meiner Decke kaum zu sehen war, und strebte an den Umkleidekabinen auf den Ausgang zu.

      Bis ich an dem Waschbecken für Badebekleidung vorbeikam. Mir kam der Gedanke, einmal kurz meinen Kopf unter den Wasserhahn zu stecken. Eine kurze Abkühlung. Das konnten mir selbst die strengen Polizisten nicht verwehren. Schließlich hatte ich ja Eintritt bezahlt. Einmal Erwachsener. Und ich wollte ja auch nicht ins Schwimmbecken. Das ging ja sowieso nicht, da ich keine Badehose anhatte. Aber kurz den Kopf unter kaltes Wasser. Da musste gehen!

      Vorsichtig legte ich die DSLR Kamera auf den Rand des Waschbeckens und vergewisserte mich, dass sie dort sicher und gut lag. Dann drehte ich langsam den Hahn auf. Wie köstlich spritzte das kühle Nass heraus. Während ich abwechselnd mit einer Hand die Decke über meinen Schultern hielt, spritzte ich mit der anderen kaltes Wasser über meine Arme. Wie gut das tat! Dann tauchte ich in einer fließenden, raschen Bewegung den ganzen Kopf unter den Strahl. Eiskalt! Es klirrte und schepperte in meinen Ohren.

      Als ich mich wieder aufrichtete, erkannte ich, dass das Klirren und Scheppern von der Kamera her stammte, die jetzt im Waschbecken genau unter dem Wasserstrahl lag. Rasch drehte ich den Hahn wieder ab. Vorsichtig hob ich die Kamera hoch und begutachtete sie von allen Seiten. Nichts passiert, kein Schaden. Zum Glück! Ich drehte den Einschaltknopf, um zu sehen, ob noch alle Funktionen gegeben waren. Die Kamera gab ein kurzes, zischendes Geräusch von sich. War das jetzt gut oder nicht? Ich drückte ein paar Mal den Auslöser, hörte aber nichts mehr. Vielleicht musste das Ding ja erst einmal trocknen ...

      Mein Wagen stand mittlerweile wieder in der prallen Sonne und an der Windschutzscheibe prangte ein großer Zettel: ‚Geh’ zur Fahrschule, dort lernst du richtig parken - du Idiot’.

      Wie kleinlich die Leute aber auch waren!

      II.

      Am nächsten Morgen klingelte mich mein Wecker zeitig aus dem Schlaf. Abends hatte ich die Kamera noch mit in meine Wohnung genommen und mit einem Fön getrocknet. Leider zeigte sie trotzdem keine Funktion mehr. Vielleicht war ja auch die Batterie leer. Gleich am Montag würde Birgit sie zur Reparatur geben müssen, schließlich brauchte ich die Kamera für meine Überwachung. Heute müsste allerdings mein Smartphone reichen. Falls ich Holger Hewa endlich einmal mit einer seiner Freundinnen vor die Linse bekommen würde.

      Auf meinem Handy befand sich eine Mitteilung von Bernd, eine SMS in der er mich bat, um zehn Uhr in seinem Büro zu sein. Das passte mir nun gar nicht, da in dieser Zeit ja dann keine Observierung stattfinden würde. Ich rief Bernd also direkt an.

      „Jonathan. Dir auch einen guten Morgen. Weißt du eigentlich wie spät es ist?“

      Natürlich wusste ich, wie spät es war. Ich saß ja schließlich im Schlafanzug auf der Bettkante und hatte meinen Wecker gerade abgestellt. Vielleicht wusste Bernd es nicht. „Ja, sicher, Bernd. Es ist jetzt exakt zwanzig Minuten vor sieben.“

      „Achtzehn Minuten“, korrigierte mich mein Freund. Warum fragte er mich erst, wenn er es doch wusste? „Jonathan, was gibt es denn so Dringendes, dass du mich um diese Zeit am Sonntag wecken musst?“

      „Du hast mir eine SMS geschickt“, erklärte ich. „Ich muss aber Holger Hewa observieren, da kann ich doch nicht einfach um zehn Uhr in dein Büro kommen.“

      Ich hörte, wie Bernd am anderen Ende gequält aufstöhnte. „Jonathan, lass’ die Observierung sein und komm’ einfach in mein Büro. Zehn Uhr, ja? Und jetzt möchte ich noch ein wenig schlafen, also störe mich nicht länger.“ Schon legte er wieder auf.

      Die Observierung abblasen? Hatte ich gestern durch meine Aktion im Schwimmbad vielleicht die entscheidenden Hinweise gefunden? Oder gab es am Ende doch noch einen wichtigeren Auftrag für mich? Einen knallharten Einsatz vom Oberstaatsanwalt? Ich ließ mich zurück auf mein Bett sinken und dachte über einen möglichen neuen Auftrag nach.

      Ich erwachte um fünfzehn Minuten vor zehn Uhr. Während meiner Grübeleien musste ich wohl wieder eingeschlafen sein. Ärgerlich, dass ich vergessen hatte, meinen Wecker erneut zu stellen. Jetzt hechtete ich aus dem Bett, fuhr mir schlaftrunken über das Gesicht und versuchte zu überlegen, was ich als erstes tun sollte. Schuhe an, Autoschlüssel schnappen und los. Nein, erst lieber noch etwas anziehen, ich konnte ja schlecht im Schlafanzug durch die halbe Stadt fahren.

      Der Einfachheit halber schnappte ich mir meine Sachen vom Vortag und verzichtete auf Waschen und Frühstück. Innerhalb weniger Minuten saß ich in meinem Wagen und fuhr mit quietschenden Reifen an.

      Bernds Büro lag im Güdderather Industriegebiet. Er unterhielt dort ein Sportstudio, ‚Krav Maga’, wobei der Begriff ‚Sportstudio’ wirklich untertrieben war. In dem Gebäude befanden sich ein Schießstand, eine Bibliothek, ein kleines Schwimmbad, sowie diverse Trainingsräume. Und unter dem ganzen Komplex gab es eine Tiefgarage mit einer exklusiven Auswahl an Fahrzeugen. Im gleichen Gebiet, ein paar Straßen weiter, war auch das Gebäude unserer Detektei. Bernd hatte es günstig von einem in Konkurs gegangenen Unternehmen gekauft, das versucht hatte mit der Digitalisierung von Akten Geld zu verdienen.

      Ich wohnte seit einiger Zeit im Ortsteil Wickrath. Christine, meine ehemalige Sekretärin und jetzige Kollegin, hatte die Räume unter mir gemietet. Sie war es auch gewesen, die mir meine Wohnung vermittelte. Von dort aus bis zu Bernds Büro musste ich gerade einmal zehn Minuten mit dem Auto fahren - wenn ich nicht trödelte. Was ich jetzt auch nicht tat. Die eine oder andere rote Ampel interessierte mich nicht und so schaffte ich es, um exakt zehn Minuten nach zehn Uhr mit quietschenden Reifen auf dem Parkplatz vor Bernds Krav Maga Studio zum Stehen zu kommen. Um zehn Uhr fünfzehn stand ich keuchend vor Bernds Schreibtisch.

      „Guten Morgen, Jonathan“, Bernd sah demonstrativ auf seine Uhr. „Du bist exakt sechzehn Minuten zu spät!“

      „Um zehn nach war ich auf dem Parkplatz, also eigentlich nur zehn Minuten ...“, erklärte ich kleinlaut. Bernd sah mich nur zweifelnd an.

      „Setz’