Lisa Blech

L II


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und staunte nicht schlecht, als sie die gnubbeligen Wesen sah, die halb so groß wie Riesen waren – aber immerhin noch verdammt riesig!

      Scheibenkleister!

      Die Trolle, fünf an der Zahl, hatten sich mindestens zwanzig von den leuchtenden bunten Riesenpilzen geschnappt, eine gigantische Pfanne über einem viel zu großen Feuer aufgesetzt und bereiteten sich gerade ein Pilzragout zu.

      Was sind das denn für Trolle?! Ja, äh, Trolle! Dummes Pack! Weiß doch echt jeder, dass die Pilze leben! Die kreischen doch auch, wenn man ihnen aus Versehen etwas abbricht.

      OH OH!

      Der letzte Gedanke bezog sich auf einen Schatten, der sich rasend schnell auf das hungrige Pack zu bewegte und nicht gerade sehr erfreut schien – der Waldgeist. Die Wächter sprangen alle hintereinander schnurstracks aus dem Turmfenster und ließen sich von Winden zur Lichtung tragen – gerade noch rechtzeitig!

      Die Trolle schauten mehr als verdutzt drein, als acht Jugendliche vor ihnen vom Himmel herab fielen und eine dunkle Wolke anvisierten, die sich auf sie stürzen wollte. Loreley hatte Schwierigkeiten, mit den anderen zusammen den Waldgeist festzuhalten, doch mit einem äußerst starken Schutzschild, den sie um das Nebelwesen herum aufbauten, gelang es ihnen. Alter!

      „Haben Leben verraten! Wald verraten! Strafe!“, raunte die sonst so piepsige Kinderstimme und strampelte verzweifelt herum, fest im starren Griff der Wächter.

      Der Waldgeist versuchte ihnen zu entkommen; seine Anstrengen waren jedoch vergeblich. Die Trolle schauten immer noch verdutzt drein und rührten gerade die Pilze in der tischgroßen hohen Pfanne um.

      „Liebe Trolle!“, begann Rosalie zu sprechen und pustete sich dabei eine hellblonde Strähne aus dem Gesicht, die von ihrem perfekt geschnittenen legeren Bob ins Gesicht hinab glitt. „Einige von uns habt Ihr ja schon gestern kennengelernt. Wir sind die acht Wächter dieser Stadt. Wir freuen uns sehr, dass ihr hier seid und die Riesen vertretet. Weshalb der Waldgeist euch … öhm … besuchen wollte: Leider habt ihr gegen ein Waldgesetz verstoßen – es dürfen keine Leben genommen werden, außer im Notfall. Und Hunger gehört leider nicht dazu!“

      Die Trolle legten die Köpfe schief, liefen schnell aufeinander zu und unterhielten sich tuschelnd, sodass die Wächter und der Waldgeist kein Wort verstanden. Die kleine Wolke neben ihnen zitterte immer noch vor Wut und brabbelte einige unverständliche Worte. Loreley konnte Fetzen davon, wie „Gesindel“, „Trollbrut“ und „Folter“, aufschnappen.

      Sie schienen sich zu Ende beraten zu haben, da die knollennasigen Geschöpfe sich nun wieder zu ihnen umdrehten, wobei sie bei jedem Schritt den Boden ein wenig erbeben ließen. Aurelia wäre fast umgefallen, konnte jedoch noch rechtzeitig von Herakles aufgefangen werden. Er lief sauerkirschrot an, als sie sich sogar noch bei ihm bedankte.

      Einer der Trolle räusperte sich. Loreley bestaunte seinen prächtigen rotgoldenen Bart, der sich ungestüm um die wulstigen Lippen und ein besonders prächtiges Exemplar einer Knollennase wandte, und die massive Statur. Sie hoffte innigst, dass er sich hinsetzen würde, denn das lange Nachobengucken bekam ihrem Nacken gar nicht gut. Er knackte schon, als sie sich ein wenig reckte.

      „Zö, wör höben ünz bezpröchen, Ördenvölk.“

      Ördenvölk? Was soll das denn sein? (5)

      „Wör ökzeptören öre Gesötze ünd entzüldigen ünz völmälz!“

      Scheinen ja doch ganz nett zu sein!

      „Wir freuen uns dies zu hören!“, freute Dana sich, die keine Probleme damit hatte, die Trolle zu verstehen. Sie nickte den anderen Wächtern zu.

      „Da ihr nichts von den Regeln und Gesetzen des Schattenwaldes wusstet, wird der Waldgeist euch dieses … ähm … Versehen bestimmt durchgehen lassen, insofern ihr es nicht wiederholt! „

      Die Wächter verbeugten sich, den Waldgeist immer noch in der Mangel, und die Trolle taten es ihnen gleich. Dabei erschrak ein Großteil der Bewohner des Waldes, da der Rücken eines besonders prächtigen Trollexemplares trommelfellzerreißend laut knackte, als dieser sich nach vorne beugte. Die Wächter hatten noch Stunden nach diesem Zusammentreffen ein heftiges Klingeln in den Ohren und versuchten das zermürbende Geräusch angestrengt aus ihren Köpfen wegzubekommen.

      ++++

      Loreley stand dicht neben Ted. Sie schauten beide auf den Sonnenaufgang, der sich majestätisch hinter dem Schattenwald erhob und das Ende ihrer Schicht bedeutete. Ted streckte ganz langsam seine Hand aus und umfasste Loreleys.

      Die Wangen der Junghexe bekamen einen rosigen Schimmer; sie stierte freudig nach vorn, schaute Ted bewusst nicht an. Er fuhr mit seinem Daumen an ihrem entlang und sie musste kichern.

      „L?“, fragte Ted und betrachtete dabei, genauso fixiert wie Loreley, den lilanen Sonnenaufgang.

      Grüne Wolkenschleier zogen darüber wie ein frisch eingefärbtes Seidentuch.

      „Ja?“ Sie schluckte kurz und wandte dann ihren Blick auf Ted.

      „Ich … ähm … du …“

      Doch was er ihr sagen wollte, sollte sie nicht so schnell erfahren. Wie mit einem gewöhnlichen Staubsauger, nur ohne das nervige Geräusch, wurde ihre Umgebung eingesogen. Alles wirkte einfach nur noch unwirklich.

      „Teeeeed!“, schrie Loreley, die durch diesen Sog in die Menschenwelt gezogen wurde. „Teeeeeeeed!“

      Krähenkacke! Was? Wer?!

      Sie schaute sich panisch um, konnte jedoch niemanden erblicken. Ted war in der magischen Parallelwelt (6) zurückgeblieben. Sie saß auf dem Weg neben dem ehemaligen Rapsfeld und war völlig allein. Um sich herum sah sie nur karges, unbestelltes Land. Der Bauer hatte vergessen einen Tel des Rapses einzuholen.

      Mit einem Mal, als hätte jemand eine Benzinspur oder etwas Ähnliches durch das Feld hindurch gelegt, standen die Überreste des Rapses in Flammen. Loreley sah zu, wie die Halme verbrannten und roch den süßlich-rauchigen Geruch, der zu ihr in Wolken herüber waberte.

      VerbuckelteGlibberwesen! WassollderQuatsch, ey!?

      Loreley stand blitzschnell auf und rannte in Richtung des Gartens ihrer Großmutter. In die magische Welt konnte sie bestimmt nicht zurück. Wer auch immer ihre Gegner waren – sie wollten sie allein haben, das war klar.

      Sie rannte, so schnell sie konnte, doch der Weg wurde immer länger.

      Hab ich schon immer so lange bis zu Oma gebraucht?

      Das kann gar nicht sein!

      Sie blieb stehen. Es ergab keinen Sinn. Sie konnte noch so viel rennen, doch ihr Ziel würde sie nicht erreichen. Sie stützte kurz die Hände auf den Knien ab, um sich vom schnellen Spurt zu erholen, und sah sich dabei keuchend um.

      Wo seid ihr? Zeigt euch! Dreckspack!

      Den letzten Gedanken sprach sie auch laut aus, was womöglich ein Grund dafür war, weshalb sie plötzlich hinter sich schwere Schritte wahrnahm. Fluchs drehte die Junghexe sich um und die Schurken dann vor sich. Ihre Augen weiteten sich panisch.

      Echt jetzt? Och nö!

      ++++

      (1) Was ist das denn für ein Leben! Bis nach 12 Uhr schlafen! Wo sind wir denn hier?!

      (2) Verfrühtes Essen, damit sie rechtzeitig und bis dahin gesättigt zu ihren Einsätzen kamen!

      (3) Sie sind ja nicht blöde! Sie wussten nun alle, dass die 'Weiße Frau' käuflich ist.

      (4) Immerhin hatten sie schon echt viel gekuschelt und Händchen gehalten!

      (5) Wahrscheinlich meinten die Geschöpfe das Wort 'Erdenvolk'. Im Gegensatz zu den ansässigen Magiern, halten sich Trolle zumeist in den Wäldern der bergigen Gebiete auf.

      (6) Oder wie man es auch