Ralf Budde

Projekt-Controlling


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effizienter Controlling-Prozess erfordert eine möglichst objektive Informationspolitik innerhalb eines Unternehmens. Sanktionen aufgrund von Fehlern werden von allen Mitarbeitern genauestens beobachtet. Wenn die offene Kommunikation bestraft wird, führt dies zu einer Verhaltensanpassung der Mitarbeiter, unter der die freie Kommunikation erheblich leidet.

      Eindeutige Hierarchien und Verantwortung

      Um dem Controller seine Aufgabe zu ermöglichen, sind klare Regeln hinsichtlich der Informationsweitergabe (Siehe auch 1.3.6Meldungseskalation“) und der Zusammenarbeit der Fachbereiche erforderlich. Bewährt haben sich Systeme, die ereignisgesteuert alle Vorgänge zentral erfassen. Es existiert für den einzelnen Mitarbeiter, der unter Umständen in mehreren Projekten tätig ist, keine Konfusion, an wen zu berichten ist, da eine einheitliche Systematik existiert. Die Berichte erfolgen dabei nicht an den Controller, sondern an übergreifende Spezialisten, wie z.B. den Contract- oder Claim-Manager. Der Controller sollte aber regelmäßig prüfen, ob die Prozesse gelebt werden. Im Kapitel 9 dieses Buches befindet sich ein Beispiel, wie derartige Regeln im Zusammenhang mit dem Änderungsmanagement, als Richtlinie, aussehen können.

      KISS-Methode Einfache Methoden für die Mitarbeiter

      Aktive Controlling-Größen lassen sich meist nur durch die aufmerksame Mitwirkung der Mitarbeiter sinnvoll gestalten. Bewährt haben sich Berichte, die der Systematik von Kennzahlen nachempfunden sind. Bei der Elektrotechnik wäre dies z.B. die gesamte Kabellänge oder die Anzahl aller Antriebe. Es handelt sich dabei um Absolutwerte, die nicht zwischen unterschiedlichen Typen differenzieren, sondern lediglich pauschale Summen aufzeigen. Neben den aktuellen Werten spielen dabei auch die abgeschätzten Mengen und Massen zum Projektende eine Rolle. Ein erfahrener Ingenieur oder Techniker erkennt anhand vieler Randbedingungen, ob aus seiner Sicht, die geplanten Mengen ausreichen, um das Projekt zu beenden. Die Selbststeuerung (Bottom up) der Mitarbeiter in einem Unternehmen über Produktionsmenge, Stillstandszeiten und Fehlerquoten ist wesentlich besser als Fremdsteuerung (Top Down) durch z.B. Kostenvorgaben (Vergl. H. J. Vollmuth, Führungsinstrument Controlling, 5. Aufl. S 69), die für Mitarbeiter in einem Teilprozess undurchschaubar sein können. Analysen in japanischen Unternehmen haben gezeigt, dass im Produktionsbereich nur wenige Daten erforderlich sind, da das Bestreben der Mitarbeiter darin besteht, ihre Arbeit gut (und möglichst besser) zu erledigen. Fehleranalysen werden zusammen mit den Mitarbeitern durchgeführt und auch zusammen behoben. Controlling hat schließlich noch den Zweck, missbräuchliche Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen und schädlichen Vereinbarungen zu vermeiden.

      Jede Abweichung zwischen dem geplanten und dem aktuell erzielten Zustand ist die Indikation eines potentiellen Claims. Entweder ist der Grund für die Abweichung in dem Fehlverhalten anderer zu suchen (Eigene Claims -> Sicherstellen, dass eigene Kosten durch diese getragen werden) oder es besteht das Risiko, dass durch Fehler des eigenen Unternehmens nachfolgende Unternehmen in ihrer Arbeit behindert oder geschädigt werden (Fremde Claims -> Schutz des eigenen Unternehmens vor Forderungen Anderer). Erfahrung und Branchenwissen ist eine wesentliche Größe, um den wahren Grund einer Abweichung zu identifizieren. Wie bereits mit der Abb. 3 Fehlerfortpflanzung und Ursachenanalyse“ auf Seite 1-6 gezeigt, basiert die Analyse auf vielfältigen Informationen aus der Vergangenheit eines Projektes. Eine häufige Frage des Contract-Managers an das Projektteam lautet, ob denn zu dem Zeitpunkt X, eine entsprechende Meldung an die andere Partei erfolgt ist. Häufig muss dann festgestellt werden, dass ein Anspruch zum Teil oder ganz verloren wird, weil wichtige Dokumente als Nachweis fehlen oder auch vertraglich oder rechtlich erforderlicher Schriftwechsel nicht geführt wurde. Die häufigste Begründung lautet, dass man zu dem Zeitpunkt auf keinen Fall die andere Seite verärgern wollte. Dieses Argument kann und darf nicht akzeptiert werden, da diese Nachsicht keine Vorteile sondern langfristig nur Nachteile zur Folge hat. Auch unangenehme Botschaften lassen sich verkaufen. Es heißt nicht umsonst: „Der Ton macht die Musik“. Ein Sachverhalt, der dokumentiert werden sollte, kann formaljuristisch formuliert werden, so dass die Gegenseite das Schreiben direkt ihrem Anwalt vorlegt oder aber freundlicher und um Verständnis für die Umstände bittend, aber mit allen wesentlichen Inhalten. Bei der retrospektiven Analyse von Claimpotential haben sich zwei wesentliche Problemfelder gezeigt:

      1) Beweisfähigkeit der Ansprüche und der Schadenshöhe

      2) Vertraglich relevanter Schriftwechsel

      Beweisfähigkeit der Ansprüche und der Schadenshöhe

      Ein Claim ist der Versuch, bereits entstandene Kosten zu kompensieren. Das bedeutet, dass die geschädigte Partei zuerst den Nachweis erbringen muss, dass die andere Seite schuldhaft etwas getan hat, was zu dem Schaden geführt hat. Als zweiter Schritt ist dann die Höhe des Schadens nachzuweisen. Diese Umstände sind bei eindeutig identifizierbaren kurzfristigen Störungen meist noch nachweisbar. Sofern es sich jedoch um langsame und langfristige Störungen (Produktivitätsverluste) handelt, ist den meisten Unternehmen ein Nachweis, der auch vor einem Gericht standhalten würde, nahezu unmöglich. Dies kann jedoch durch eine geeignete Zusammenarbeit mit einem Contract-Manager und der kontinuierlichen Dokumentation der relevanten Vorgänge ermöglicht werden.

      Vertraglich relevanter Schriftwechsel

      Neben den vertraglichen Vereinbarungen existieren häufig auch gesetzliche Forderungen an die Anmeldung von Ansprüchen. Dieser Schriftwechsel ist ein wichtiges Werkzeug des Contract-Managers, um eine „Geschichte zu entwickeln“. Bei einem strittigen Verfahren zählen am Ende nur noch die vorliegenden Dokumente, die die Behauptungen der Parteien bestätigen oder entkräften. Der Contract-Manager sollte immer diese langfristige Perspektive im Auge behalten und die Korrespondenz entsprechend strategisch führen. Je schwieriger ein Vorgang ist, desto heftiger widersprechen sich die Parteien. Die geschickte strategische Nutzung des Schriftwechsels, ist ein wichtiger Erfolgsbaustein, um eine schwierige Forderung durchzusetzen.

      Das Contract- und Claims-Management in einem Unternehmen sollte nicht stand-by darauf warten, dass ein Claim behandelt werden muss, sondern aktiv geplant werden. Die folgende Übersicht zeigt die wesentlichen Punkte, die in einem Projekt als Basis eines erfolgreichen Claims-Managements geführt werden sollte. Das Controlling spielt vor allem eine zentrale Rolle bei der Dokumentation der Vorgänge, wobei sich das Contract-Management mit der Bearbeitung konkreter Störungen auseinandersetzt.

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      Abb. 20 Übersicht Gesamtprozess zum Contract- und Claims-Management

      Die oben aufgeführten Aktivitäten basieren aufeinander. Das Controlling bildet dabei einen zentralen Baustein, um die kommerzielle Bewertung zu ermöglichen. Gerade die Tatsache, dass einige Bewertungen nur auf Basis von langfristigen Aufzeichnungen möglich sind (z.B. Measured Mile Verfahren zur Claim Bewertung. Bei diesem Verfahren wird eine ungestörte Arbeitsphase mit einer gestörten Arbeitsphase verglichen. Der Effekt der Störung tritt z.B. erst nach einer Zeitspanne auf, bis zu der die Arbeiten ohne Störung ausgeführt werden konnten. Diese Zeitspanne wird „measured mile“ genannt. In der anschließenden Vergleichrechnung, kann daher zwischen der Produktivität in der Phase der „measuerd mile“ und der aktuellen (gestörten) Produktivität verglichen werden.) macht die erforderliche enge Zusammenarbeit zwischen dem Controlling und dem Claims-Management deutlich.

      Neben den offensichtlichen Ereignissen ergeben sich jedoch auch häufig die schleichenden Entwicklungen.