Ralf Budde

Projekt-Controlling


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Mitarbeiter im Projekt haben in einer Matrix zwei Vorgesetzte, den Projektleiter und ihren Abteilungsleiter. Unternehmen, die das Konzept einer starken Matrixorganisation verfolgen, haben häufig das Problem einer hohen Mitarbeiterfluktuation. Zum Teil geht der Gedanke der starken Matrix sogar soweit, den disziplinarischen Abteilungsleiter einzusparen, da die Mitarbeiter grundsätzlich in Projekten arbeiten.

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      Abb. 25 Projekt-Organisation im Anlagenbau

      Alle diese Versuche haben jedoch gezeigt, dass es zu einer schlechten Stimmung und damit zu einer überdurchschnittlich hohen Abwanderung der Mitarbeiter kommt. Der Grund liegt darin, dass der Projektleiter die Mitarbeiter nur temporär benötigt und sich somit auch nur begrenzt verantwortlich fühlt. Eine Investition in die Zukunft aus fachlicher oder persönlicher Sicht würde nur das Budget des Projektes belasten. Da dies die Messgröße für den Projektleiter ist, verzichtet er also auf derartige Ausgabe. Unternehmen, die ihre Mitarbeiter nicht fördern, verlieren gegenüber der Konkurrenz erheblich an Attraktivität, was zu einer höheren Abwanderung führt.

      Die Komplexität der Prozesse in einem Unternehmen nimmt ständig zu. Verbesserungen lassen sich nur erzielen, wenn schneller und präziser auf Abweichungen reagiert werden kann. Ohne eine IT-Struktur, die auf Unternehmensstrategie, -Strukturen und –Prozesse abgestimmt ist, ist diese Herausforderung nicht zu bewältigen. IT-Systeme sind mittlerweile in der Lage, auch komplexe Anforderungen bewältigen zu können. Die IT-Unterstützung kann (mit Überschneidungen) in zwei Bereiche gegliedert werden:

       operative IT-Systeme, die Unternehmensprozesse unterstützen und

       analytische IT-Systeme, die die Unternehmenssteuerung unterstützen.

      Grundsätzlich sollte vor der Entscheidung, welches IT-System angemessen ist, die inhaltlichen Anforderungen erarbeitet werden. Die Analyse basiert auf den Daten, die aus dem operativen Geschäft stammen. Das Manko aller Systeme liegt darin, ob die richtigen Informationen vollständig erfasst werden, so dass eine qualifizierte Aussage getroffen werden kann.

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      Abb. 26 Operative und analytische IT-Systeme

      Analytische Systeme besitzen meist nur eine punktuelle Erfassung von vorher definierten Prozessgrößen. Die Auswahl dieser Messpunkte basiert zum einen auf dem technisch Machbaren und zum anderen auf Erfahrungswerten. Die Controlling-Systeme werden häufig durch die kaufmännisch ausgebildeten Mitarbeiter in einem Unternehmen geführt und definiert. Da sich diese Mitarbeiter vornehmlich mit Finanzen auskennen, sind die Systeme auch mehrheitlich auf der Finanzanalyse aufgebaut. Die Erfassung der primären Prozessgrößen geschieht nicht direkt, sondern nur indirekt über z.B. Kosten. Damit haben diese Systeme zwei maßgebliche Schwachpunkte. Zum einen werden nur die bereits definierten Werte herangezogen, was zu einer gewissen Blindheit gegenüber abweichenden Zwischengrößen führt und zum anderen werden die erfassten Systeme nur über abgeleitete Größen erfasst, was zu einer Totzeit zwischen auslösendem Eingriff in den Prozess und Erkennen in den Analysedaten führt. Sinnvoll wären Systeme, die direkt die Prozessdaten der Mitarbeiter in verwertbare Informationen umsetzen, so dass eine kontinuierliche Analyse möglich ist. Für die Kosten- und die Termin-Verfolgung gibt es zahlreiche handelsübliche Systeme, die umfangreiche Analysen ermöglichen. Das Schnittstellen- und Änderungs-Management wird dagegen aus Sicht des Autors nur unzureichend von Anbietern betrachtet. Gerade diese beiden Problemfelder sind jedoch wichtige Ansätze, um frühzeitig eine Information über fehlerhafte Abläufe im Projekt zu erhalten. In vielen Fällen helfen sich Unternehmen durch Eigenentwicklungen oder haben das Problem als solches noch nicht identifiziert.Als Basis sollten EDV-Tools eingesetzt werden, die als Mindestanforderung die folgenden Bereiche abdecken:

       Kostenverfolgung

       Terminverfolgung

       Schnittstellenmanagement

       Änderungsmanagement

       Ereignismanagement

      Viele Unternehmen fordern von Ihren Mitarbeitern, dass sie unternehmerisch denken sollen. Zu handeln wie ein Unternehmer würde als Konsequenz bedeuten, die Sicherheit einer Festanstellung aufzugeben, ein Geschäftskonzept zu entwickeln und sich selbständig zu machen. Dies ist sicher nicht gemeint, da Mitarbeiter, die sich selbständig machen, dem Unternehmen verloren gehen. Der Anspruch hinter dieser Aufforderung meint dagegen, dass mit den eingesetzten Produktionsmitteln ein optimales Ergebnis erwirtschaftet werden soll. Dieser Anspruch steht in fast jedem Arbeitsvertrag und kann daher noch kein unternehmerisches Denken definieren. Unternehmerisches Denken bedeutet, die bestehenden Risiken gegeneinander abzuwägen und eine Entscheidung zu treffen. Entscheidungen sind jedoch nur dort erforderlich wo es keine Vorschriften gibt, oder wo die Befolgung der Vorschriften zu einem Schaden oder Verlust führen würden. Unternehmerisches Denken und Handeln stützt sich auf zwei Säulen. Das Fachwissen und die Fähigkeit, die bestehenden Regeln in besonderen Situationen zu umgehen. Ein bewusstes Umgehen der Regeln führt in vielen Unternehmen jedoch zu einem Problem für den betroffenen Mitarbeiter. Er setzt sich einem (unternehmerischen) Risiko aus, für sein eigenmächtiges Handeln verurteilt zu werden. Unternehmen, die eine Angstkultur schaffen, werden keine Mitarbeiter zu unternehmerischem Handeln bewegen können.

      Wenn ein Mitarbeiter also durch Vorgesetzte bedroht wird, so zieht er sich auf seine sichere Seite zurück: sein Fachwissen. Es werden nur Entscheidungen getroffen, die „nach oben hin“ abgesichert sind und den eigenen Arbeitsplatz nicht gefährden. Interessanterweise würde in vielen Fällen der Mitarbeiter privat eine andere Entscheidung treffen, als wenn es um das Vermögen der Firma geht. Im Vordergrund stehen andere Faktoren, die seine Entscheidung maßgeblich beeinflussen.

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      Abb. 27 Elemente des unternehmerischen Handelns

      Unternehmerisches Handeln ist ein sinnvolles Abwägen, wann die Standardregeln zu umgangen werden sollten, damit ein optimales Ergebnis erreicht wird. Es bedeutet, dass die Mitarbeiter aktiv werden. In einer Angstkultur geht es um das Überleben. In totalitären Systemen nutzt über 80% der Menschen die passive Haltung, um zu überleben. Dieses Prinzip ist quasi angeboren und kann nur durch eine entsprechende Firmenkultur anerzogen werden. Die folgende Punkte-Liste gibt einen Überblick der wesentlichen Faktoren, die eine offene Kultur, das Selbstvertrauen der Mitarbeiter und damit das unternehmerische Denken und Handeln fördern.

       Einhalten der hierarchischen Verantwortung

       Vermeiden des Hineinregierens

       Kein Entscheidungs-Bypass (Entmündigung des Vorgesetzten)

       Entscheidungen nicht befehlen, sondern vereinbaren

       Respektvoller Umgang

       Grundsätzliches Einhalten der Spielregeln.

      Die folgende Tabelle ermöglicht die Einschätzung des eigenen Controllingprozesses im Vergleich zu einem umfassenden Projekt-Controlling. Anhand der eigenen Einschätzung lässt sich untersuchen, bei welchen Positionen möglicherweise Handlungsbedarf besteht. Diese Checkliste erlaubt einen Vergleich (Benchmarking) mit anderen Organisationen. Nicht immer bedeutet ein maximaler Prozess auch ein optimales Ergebnis, da Controlling Aufwand bedeutet und somit Kosten verursacht. Für eine umfängliche Beschreibung sollten die Kosten für den Controlling-Aufwand und die geschätzten Fehlerkosten aufgezeigt werden. So lässt sich ein optimaler und effizienter Controllingprozess etablieren.