K. Krista

DNA


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nicht mehr in dieser Wohnung leben können. Dass man immer daran denken muss, was die Einbrecher alles angefasst haben. Kurz, das Sicherheitsgefühl, welches jeder Mensch in seinen vier Wänden ganz natürlich hat, ist von einem Moment auf den anderen verloren gegangen.

      Nach dem ersten Schock fällt mir jedoch sofort auf, dass wirklich wertvolle Gegenstände, wie die Bilder an den Wänden, wobei es sich ausschließlich um echte Gemälde namhafter Künstler handelt, völlig unberührt sind. Bereits im Wohnzimmer ist mir aufgefallen, dass die Chinesischen Vasen, sämtliche aus der Ming-Dynastie und damit äußerst wertvoll, nicht angerührt wurden. Im Schlafzimmer schließlich stelle ich fest, dass selbst der Safe nicht aufgebrochen oder geöffnet wurde. Ich weise den Beamten darauf hin, dass mir dies sehr seltsam vorkommt, da mein Vater, wäre es den Räubern um Geld und Wertsachen gegangen, sofort die Safe Kombination genannt hätte, niemals hätte er sein Leben oder das seiner Frau wegen Geld in Gefahr gebracht. Hier handelte es sich mit Sicherheit nicht um einen Raub, der sollte nur vorgetäuscht werden. Auch diese Vermutung teile ich dem Kriminalbeamten mit, sehe jedoch an seinem Gesichtsausdruck, dass er meine Einschätzung nicht teilt.

      Da der gesamte Schmuck meiner Mutter fehlt, was ich an den leeren Schatullen er-kenne, sie hat es immer abgelehnt, ihn im Safe unterzubringen, die Kombination konnte sie sich einfach nicht merken und da das Haus alarmgesichert ist, war sie sicher, dass der Schmuck auch in der Kommode im Schlafzimmer gut aufgehoben wäre, sowie einige wertvolle kleinere Statuen und zwei teure Geigen, bestätigte dies nur seine Vermutung, es könne sich hier nur um einen Raub gehandelt haben.

      Ich dringe nicht weiter in ihn, ob Raub oder nicht, meine Eltern sind tot, selbst wenn das Eindringen einen anderen Grund gehabt hat, diese Erkenntnis bringt sie auch nicht mehr zurück. Es gelingt mir nur mit Aufbietung meiner ganzen Kraft, mich auf den Beinen zu halten. Der Verlust meiner geliebten Eltern wird mir mit jeder Minute bewusster. Der Schmerz ist kaum auszuhalten und ich schaffe es nur mit Mühe ihm zu widerstehen. Gäbe ich dem Schmerz nach, würde ich schreiend zusammenbrechen, doch alles in mir sträubt sich, mich vor diesen, mir völlig fremden Menschen fallen zu lassen. Dabei bringt mich der Schmerz fast um.

      Den Vorschlag des Kriminalbeamten, ich solle mich für ein paar Tage ins Krankenhaus Rechts der Isar begeben, lehne ich barsch ab, allerdings gebe ich ihm recht, ich möchte mich unter diesen Umständen nicht allein in unserem Haus aufhalten.

      Plötzlich trifft mich die Erkenntnis, dass dies nun nicht länger mein Lebensmittelpunkt ist, ich kann hier nicht mehr länger wohnen. Fünfundzwanzig Jahre lang war dies mein Zuhause, hier habe ich gelacht, geweint und die schönsten Stunden meines Lebens erleben dürfen, mit einem Schlag ist dies alles vorbei. Dieser Gedanke treibt mir wieder die Tränen in die Augen, aber ich wische sie wütend beiseite, begebe mich in mein Zimmer und packe ein paar Sachen. Als ich gerade dabei bin, den Safe zu öffnen um die darin befindlichen Wertsachen und Bargeld herauszunehmen, betritt Prof. Dr. Juan Jintao hinter mir das Zimmer.

      >>„Onkel“ Juan<<, mit einem Aufschrei werfe ich mich in seine Arme und kann nicht mehr verhindern, dass sich die Tränen ihren Weg bahnen.

      Prof. Dr. Jintao sollte bei den Vorbereitungen für meine Geburtstagsparty helfen und ist deshalb schon früher hier. Er ist über die Geschehnisse im Haus bereits informiert und genauso geschockt wie Nicole. Beruhigend spricht der Professor auf sie ein, hält sie im Arm und streichelt ihr immer wieder beruhigend übers Haar.

      Als Nicole sich wieder einigermaßen beruhigt hat, bitte er sie, mit zu ihm in seine Wohnung zu kommen und Beide verlassen, nachdem er bei Kriminaloberkommissar Krämer seine Adresse hinter lassen hat, tief erschüttert das Haus.

      DREI

      Allein die Gegenwart von Prof. Dr. Jintao beruhigt Nicole, den sie liebevoll „Onkel“ Juan nennt. Er hat sie damals nach ihrem schweren Autounfall operiert und eigentlich ist es nur ihm zu verdanken, dass sie heute nicht im Rollstuhl sitzt, sondern ein relativ normales Leben führen kann.

      Vor etwa fünf Jahren kam der Professor nach Deutschland, ihr Vater hatte ihr erzählt, dass er in Zukunft hier leben möchte und ihr bei der Kontrolle ihrer Kräfte helfen wird. Nicole hatte nie näher nachgefragt, für sie war es ein Glücksfall, denn durch ihn gelang es ihr, ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten in den Griff zu bekommen. Durch Meditationsübungen erlernte sie Techniken die ihr halfen, ihre Kräfte zu steuern und kontrolliert einzusetzen. Durch ihre „Andersartigkeit“ teilweise sozial ausgegrenzt, wurde ihr Prof. Dr. Jintao immer mehr zum Freund. Selbst heute, obwohl sie ihre Kräfte vollständig beherrscht, ist es ihr, kaum möglich, so einfache Dinge zu unternehmen, wie einen Discobesuch. Auch der Besuch von Konzerten ist ihr wegen der extremen Lautstärke, zu anstrengend oder einfach nicht möglich.

      Der Umgang mit ihrer Mutation hat Nicole verändert, hat sie schneller erwachsen werden lassen als ihre Freunde. Dies und die Einschränkung möglichst wenige Menschen in ihre Kräfte einzuweihen, isolierten sie immer mehr von Gleichaltrigen und so widmete sich Nicole hauptsächlich ihrem Sprachstudium und verbringt den Großteil ihrer Freizeit mit dem Professor.

      Als sie in Prof. Dr. Jintaos Wohnung ankommen, überredet dieser Nicole dazu, ein weiteres Beruhigungsmittel einzunehmen um ein wenig zur Ruhe zu kommen.

      Während Nicole einige Minuten später eingeschlafen ist, begibt sich der Professor ans Telefon um die geladenen Gäste für heute Abend auszuladen.

      Als er nach einigen Stunden endlich mit allen Telefonaten durch ist, die geladen Gäste sind sämtlich schockiert vom Tod des beliebten Paares und nicht mit ein paar nichts sagenden Worten abzuspeisen, wird er zuletzt mit Rechtsanwalt Dr. Peter Hoffmann verbunden und als er diesem erklärt, was geschehen ist, bittet der Anwalt ihn, morgen Früh mit Nicole in die Kanzlei zu kommen, mehr könne er am Telefon nicht sagen. Nur so viel, Thomas Arnold, Nicoles Vater, habe für den Fall seines unnatürlichen Ablebens einiges für Nicole hinterlegt. Gerne hätte der Professor mehr erfahren, aber der Rechtsanwalt will am Telefon auf keinen Fall mehr sagen und vertröstet ihn auf den nächsten Tag.

      Thomas hat mit seinem Ableben gerechnet?

      Er war sein Freund, wieso weiß er nichts davon?

      Diese und weitere Fragen beschäftigen den Professor, während er für sich und Nicole eine Mahlzeit zubereitet. Er ist gerade beim Decken des Tisches, als Nicole die Küche betritt.

      >>Ich glaube nicht an einen Raub, „Onkel“ Juan.<<

      Während ich mich an den Tisch setze, erkläre ich dem Professor weshalb ich nicht an die Version des Raubes glauben kann und nach längerer Überlegung, „Onkel“ Juan lässt sich immer viel Zeit, bevor er sich äußert, stimmt er mir zu.

      Ich bin erleichtert, der Kommissar hatte mich schon verunsichert, aber wenn der Professor auch meiner Meinung ist, dann muss es einen anderen Grund für die Tat geben, worauf ich ihn auch hinweise. Wieder sieht er mich lange und schweigend an, als ich schon denke, er hätte meine letzten Worte nicht gehört, beginnt er zu erzählen.

      >>Du weißt leider nicht alles über mich und deinen Vater, Nicole<<, er sieht mich entschuldigend an, >>aber lass mich bitte von ganz vorne beginnen.

      Vor etwa zwanzig Jahren arbeitete ich in der Volksrepublik China, genauer gesagt in der Hauptstadt Peking, in einer von der Regierung finanzierten Klinik an der Erforschung der Gentechnik. 1980 gelang mir ein Durchbruch auf diesem Gebiet. Ich schaffte es erstmalig, mit Krebs infizierte Affen, durch Veränderung der DNA, zu heilen. Die Regierung überschüttete mich von da an mit Forschungsgeldern und ich erhielt jegliche Unterstützung die ich zum Ausbau meiner Forschungen benötigte. Ein Jahr später allerdings, als mir immer mehr Versuche glückten verlangte die Regierung, ich solle endlich