K. Krista

DNA


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und machthabende Politiker in der Volksrepublik, zwang mich durch Erpressung, meine Forschungen auf Menschen auszuweiten.<<

      >>Erpressung?<<

      Ich glaube mich verhört zu haben.

      >>Ja Nicole, sie verschleppten meine Frau und meine Tochter und teilten mir mit, ich würde sie nie wieder sehen, wenn ich nicht genau das machen würde was von mir verlangt wird. Ich sollte für sie einen Soldaten erschaffen, der gegen bestimmte Gase immun ist<<, fährt der Professor resigniert fort.

      >>Damals sind einige Menschen bei den Versuchen gestorben und eines Tages konnte ich es mit meinem Gewissen einfach nicht mehr vereinbaren, auch wenn ich dadurch meine Frau und meine Tochter opfern müsste, ich konnte nicht noch mehr Menschen durch meine Hände sterben sehen. 1983 stand ein Kongress über Genforschung in der Mongolei kurz bevor und ich beschloss, diesen irgendwie zur Flucht zu nutzen. Ich wäre „nur“ 500 Kilometer von der russischen Grenze entfernt, eine bessere Gelegenheit würde so schnell nicht wieder kommen. Nähere Gedanken darüber hatte ich mir gar nicht gemacht, was, wie du gleich erfahren wirst, auch nicht nötig war.

      Wir sind mit einer Delegation von sechs Ärzten ab Peking in die Hauptstadt Ulan Bator in der Mongolei geflogen. Ulan Bator liegt 1350 Meter über dem Meeresspiegel und ist umgeben von Gebirge und Hochland, mit durchschnittlich -2° C gilt sie als die kühlste Hauptstadt der Welt. Ich fror bereits als ich aus dem Flieger ausstieg, aber es sollte noch viel schlimmer kommen. Der Kongress fand in der National Medical University of Mangolia statt, untergebracht waren wir in einem benachbarten Hotel. Der Kongress sollte drei Tage dauern. Es war der zweite Tag des Kongresses, als ich mich verspätete, die anderen waren bereits in der Universität, als ich mich auf den Weg machte und in der Hotelhalle von einem mir unbekannten Mann angesprochen wurde.

      Er hätte auf eine Gelegenheit wie diese gewartet, erklärte er kurz, steckt mir eine Visitenkarte zu und bat mich, sich heute Abend mit ihm in Verbindung zu setzen, er könnte mich nach Russland bringen, setzte er flüsternd hinzu.

      Lange Rede kurzer Sinn, natürlich war ich auf der Hut, es hätte sich um einen Test der chinesischen Regierung handeln können, ob ich ein Überläufer bin, aber nach einiger Überlegung war mir die mögliche Entdeckung gleich, ich wollte die Forschung bei meinen Landsleuten beenden, egal wie es für mich enden könnte und so rief ich die Nummer auf der Visitenkarte an. Zwei Stunden später saßen mein unbekannter Begleiter und ich in einem kleinen Ruderboot auf dem Fluss Selenge, der am Rand der Stadt Ulan Bator vorbeifließt und über die Grenzstadt Süchbaatar bis nach Russland hinein verläuft.

      Mein Begleiter war ein kräftiger junger Kerl, der hier in der Mongolei geboren und aufgewachsen ist. Er überragte mich um mindestens eine Kopflänge, seine Statur war massig und muskulös, wie es bei vielen Mongolen der Fall ist. Seine tief schwarzen Haare trug er schon fast militärisch kurz geschnitten. Der Mann war kein gesprächiger Mensch, weshalb ich nie erfahren habe, was ihn dazu veranlasst hat, mir zur Flucht zu verhelfen. Vielleicht tat er es nur des Geldes wegen, ich habe es nie erfahren<<, fügt der Professor bedauernd hinzu. >>Die ländliche Gegend der Mongolei ist zwar nur sehr mäßig besiedelt, aber wir hatten April und die Familien verbringen nur die Wintermonate in der Stadt, sobald das Barometer nur noch geringe Minusgrade aufweist, verlagern sie ihren ständigen Wohnsitz wieder aufs Land. Aus Angst, das Motorengeräusch des kleinen Kahns könnte gehört werden, paddelten wir beinahe die gesamte Strecke.

      Von Ulan Bator bis in die Grenzstadt Süchbaatar sind es ca. 500 Kilometer und ich habe ständig gefroren. Wenn ich heute daran zurückdenke, weiß ich nicht mehr, wie ich diese „Reise“ überlebt habe, wir hatten kaum etwas zu essen, froren ständig und an die Angst vor Entdeckung mag ich mich nicht mehr erinnern. Ich hatte wieder begonnen, Hoffnung zu schöpfen und jetzt wollte ich leben.<<

      Der Professor, schüttelt in Gedanken versunken mit dem Kopf.

      >>Und deine Frau und deine Tochter?<<

      Frage ich leise und voller Mitgefühl nach, die Erinnerungen meines „Onkels“ erschüttern mich sehr.

      >>Ich habe sie nie wieder gesehen<<, nimmt er seine Erzählung tief traurig, seufzend wieder auf. >>Die Russen haben uns beim Grenzübertritt aufgegriffen, wir waren völlig entkräftet, mehr tot als lebendig, man hätte alles mit uns machen können, wir waren nur noch ein Schatten unserer selbst. Es geschah uns jedoch nichts, wir wurden ernährt, frisch eingekleidet und ein paar Tage nach unserer Ergreifung erschien ein Russe, der mir glaubhaft versicherte, dass diese Flucht von langer Hand geplant war und er dafür von mir erwartete, mit ihm zusammen zu arbeiten. Zunächst dachte ich, dass es sich um Leute der russischen Regierung handelt, das war jedoch nicht der Fall. Ich bin vom „Regen in die Traufe“ gekommen, wie man es in einem Sprichwort bei euch nennt. Mir wurde versichert, dass alles getan werde, um meine Familie aus China heraus zu holen, unter der Bedingung, dass ich meine Versuche in ihrem Land weiterführen würde. Man habe sich eingehend mit meiner Forschung beschäftigt und sei überglücklich, mich in ihrem Land, als Gast weiterarbeiten zu lassen. Da mir versichert wurde, dass ich erst dann mit Menschen arbeiten müsste, wenn ich dies verantworten könnte, war ich zur Zusammenarbeit bereit. Die Hoffnung, meine Familie vielleicht doch wieder sehen zu dürfen und die Möglichkeit, meine Forschungen, nach meinen Vorstellungen, weiterbringen zu können, waren damals noch sehr groß<<, fügt er entschuldigend hinzu.

      >>Dies war dann auch die Klinik, in der ich dich und deinen Vater kennen lernte.

      In den auf meine Flucht folgenden Jahren habe ich erstaunliche Erfolge auf dem Ge-biet der Gentechnik erzielt, ich entfernte Basen Stränge aus der DNA, veränderte sie und setzte sie wieder ein. Ich heilte viele Krebserkrankungen, fand eine Lösung für Menschen mit Bluterkrankheit und konnte sogar einen Fall von Albinismus heilen.

      Dann wurdest du eingeliefert, Nicole, du hattest ein irreparabel geschädigtes Rück-grat, eine Heilung schien völlig ausgeschlossen. Nächtelang haben dein Vater und ich über die Möglichkeiten einer Therapie oder Heilung gesprochen. Ich hatte zu dieser Zeit bereits Versuche mit der Übertragung von tierischer DNA auf menschliche begonnen, aber die Versuchsreihe stand noch ganz am Anfang. Dein Vater war sehr verzweifelt Nicole, er brachte mich dazu, deine DNA mit der DNA von einer Katze zu kreuzen.<<

      Ich kann kaum glauben, was ich da höre, >>wieso hat mir das niemals jemand er-zählt<<, rufe ich eher erstaunt, als verärgert aus.

      >>Dein Vater wollte nicht, dass du jemals etwas davon erfährst, er, wir Beide sind damals ein sehr großes Risiko eingegangen, es hätte auch schief gehen können<<, fügt er entschuldigend hinzu. >>Wie bereits erwähnt, stand ich noch ganz am Anfang meiner Forschung. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich tierische DNA und menschliche lediglich im Reagenzglas gekreuzt. Deine Genesung war deshalb umso erstaunlicher, es dauerte kaum vierzehn Tage, da konntest du dich wieder selbständig aufsetzen und nach zwei Monaten warst du in der Lage, wieder zu laufen. Dein Vater und nicht nur er, waren überglücklich. Von diesem Tag an begann die wunderbare Freundschaft mit deinem Vater<<, schließt der Professor lächelnd.

      „Onkel“ Juan ist wieder völlig in Gedanken versunken, aber mir reicht das Gehörte noch nicht, das kann noch nicht alles sein. Als ich ihn gerade auffordern möchte, weiter zu erzählen, beginnt er von selbst.

      >>Deine Genesung konnte natürlich vor meinen „Gönnern“ nicht geheim gehalten werden und so kam es wie es kommen musste, ohne dass ich noch weitere Versuche vornehmen konnte, wurden mir Patienten zugeführt, die unter Lähmungen oder auch vollkommen degenerierten Körperteilen litten. Die Behandlung wurde von mir erwartet und verlangt, erzielten meine Gönner dadurch doch Gewinne in Millionenhöhe, die Patienten waren natürlich sämtlich gut situiert<<, fügt er ärgerlich hinzu. >>Ich habe diese Behandlungen immer mit den größten Gewissensbissen durchgeführt, es lagen uns noch keine Langzeitstudien vor und es konnte