endlich durch die volle Stadt geschafft habe und in unserem ruhigeren Wohngebiet angekommen bin. Doch in der Sekunde, in der ich über eine der zahlreichen kleinen Kreuzungen fahren will, spüre ich, wie ein Ruck durch meinen Wagen geht.
Er sorgt dafür, dass ich in den Sitz gedrückt werde und mein Kopf nach hinten fällt. Benommen versuche ich herauszufinden, was hier gerade geschieht, doch das kann ich nicht wirklich. Das einzige, was ich mit Gewissheit sagen kann ist, dass mein Wagen noch immer weiter nach vorne geschoben wird.
Als ich realisiere, dass das Auto hinter mir, mich direkt auf einen Baum zuschiebt, der sich auf der anderen Straßenseite an der Ecke befindet, trete ich instinktiv auf die Bremse und versuche stehenzubleiben.
Doch dieser Versuch, die Kontrolle über meinen Wagen wieder zu bekommen, scheitert. Ich schaffe es zwar, die Geschwindigkeit ein wenig zu vermindern, doch er bleibt nicht stehen.
Gleichzeitig wünsche ich mir, dass ich den Fahrer irgendwie auf meine missliche Lage aufmerksam machen kann.
Als ich einen Blick in den Rückspiegel werfe, kann ich ihn nicht richtig erkennen. Was ich erkennen kann, reicht jedoch aus, um mir das Blut in den Adern gefrieren zu lassen.
Das Gesicht des Fahrers ist vermummt. Nur ein kleiner Schlitz sorgt dafür, dass er selber etwas erkennen kann. Ich weiß zwar nicht, was hier genau los ist. Doch ich weiß, dass ich ein Problem habe, wenn ich meinen Wagen nicht wenigstens ein wenig abbremsen kann. Dann werde ich nämlich mit voller Geschwindigkeit irgendwo drauf fahren.
Verzweifelt versuche ich mein Lenkrad zur Seite zu ziehen, um ihm zu entkommen. Aber ich schaffe es auch so nicht, auf eine freie Fläche zu kommen, wo mir nichts mehr im Weg steht und ich von hier verschwinden kann.
Mit viel zu hoher Geschwindigkeit krache ich gegen ein parkendes Fahrzeug, was sich auf der anderen Straßenseite befindet. Auch wenn ich versucht habe, mich darauf vorzubereiten, werde ich nach vorne geschleudert.
Obwohl ich angeschnallt bin, werde ich mit so einer extremen Wucht nach vorne gerissen, dass ich mit dem Kopf gegen das Lenkrad knalle. Und das ist der Moment, in dem ich nicht mehr viel mitbekomme. Falls ich überhaupt noch etwas wahrnehme.
Benommen hebe ich ihn und versuche mich auf meine Umgebung zu konzentrieren. Ich versuche nach jemanden Ausschau zu halten, doch weit und breit gibt es keine Menschenseele. Am helllichten Tag und mitten auf der Straße bin ich auf mich alleine gestellt.
Ich versuche mich auf einen Punkt zu konzentrieren, den Gurt zu öffnen und auszusteigen, schaffe es jedoch nicht. Es dauert nicht lange, bis ich merke, wie ich das Bewusstsein verliere. Es ist egal, wie sehr ich dagegen ankämpfe.
Das einzige, was ich für einen kurzen Augenblick noch wahrnehme, ist der Qualm, der vom Motor aufsteigt.
2
Schmerzen.
Unerträgliche Schmerzen.
Das ist das einzige, was ich in dieser Sekunde spüren kann. Sie sorgen dafür, dass ich nicht in der Lage bin meine Augen zu öffnen, geschweige denn mich zu bewegen. Es ist das, was ich gerade am meisten machen will. Ich will erfahren, wo ich bin. Ich will erfahren, was passiert ist. Ich will erfahren, wieso ich mich nicht bewegen kann.
Beinahe verzweifelt versuche ich meine Augenlider wenigstens ein Stück zu öffnen, egal was für Schmerzen ich empfinde. Doch je mehr ich es versuche, umso schlimmer werden sie.
Als ich spüre, wie sich etwas auf mich legt, zucke ich erschrocken zusammen. Doch alleine das sorgt dafür, dass die Schmerzen noch schlimmer werden, auch wenn ich das überhaupt nicht für möglich gehalten habe. Dies ist nur für den Bruchteil einer Sekunde der Fall. Dann verschwinden sie. Zwar nicht schnell, aber ich bin einfach nur froh darüber, dass sie etwas nachlassen.
Sanft bewegt sich etwas auf mir und vertreibt sie, sodass es nicht lange dauert, bis ich mich besser fühle. Doch das ändert nichts daran, dass es mir noch immer schwerfällt die Augen zu öffnen. Eine noch nie da gewesene Müdigkeit hat von mir Besitz ergriffen. Doch ich zwinge mich dazu. Schon alleine um zu erfahren, dass ich das alles nur geträumt habe. Auch, wenn das ein ziemlicher Alptraum gewesen wäre. Doch ich muss es einfach wissen.
Ein letztes Mal atme ich durch, bevor ich noch einen Versuch unternehme. Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor, bis mir das endlich gelingt. Nachdem ich es geschafft habe, sie ein winziges Stück zu öffnen, werde ich von einem gedämpften Licht empfangen. Es blendet mich nicht, sodass ich sie noch ein Stück öffnen kann. Suchend blicke ich mich nach rechts und nach links um. Soviel kann ich leider nicht erkennen, da ich liege. Es ist aber genug um festzustellen, dass ich mich in einem Krankenhauszimmer befinde. Diese trostlosen Wände und der Geruch können nur zu einem Krankenhaus gehören.
Ich weiß nicht so genau, ob ich froh darüber sein soll oder nicht. Zum einen bedeutet es, dass ich in Sicherheit bin, zumindest hoffe ich das. Zum anderen aber auch, dass dieser Unfall wirklich geschehen ist. Ich habe ihn nicht geträumt. Und das wiederum ist etwas, was mir überhaupt nicht gefällt. Es bedeutet nämlich, dass mich wirklich ein anderes Auto von der Straße geschoben hat.
Seufzend schließe ich wieder die Augen, um die Kopfschmerzen unter Kontrolle zu bekommen, die sich erneut melden. Doch es bringt nichts. Es dauert nicht lange bis es mir vorkommt, als würde mein Kopf in tausend Teile zerspringen.
Wieder spüre ich, wie etwas sanft über mich fährt. Dieses Mal schaue ich auf die Stelle und erkenne eine Hand, die mich streichelt. Doch sie sorgt nicht dafür, dass ich in Panik verfalle. Nein, es ist eher das Gegenteil der Fall. Ich entspanne mich und sie nimmt mir die Panik, die über mich kommen will.
Ich schaue das Tattoo an, welches sich darauf befindet und werde noch ruhiger. Denn ich weiß, wem sie gehört.
Jax.
Sein Name ist der einzige, der mir gerade durch den Kopf geht. Obwohl das nicht einmal richtig ist. Er ist nicht nur der einzige Name, sondern allgemein das einzige, woran ich gerade denken kann. Das einzige, an das ich denken will. Das Gesicht meines Ehemannes erscheint vor meinem inneren Auge und sorgt dafür, dass mir wärmer wird.
Seine Hand liegt auf meiner und streichelt mich immer wieder. Ich begutachte sie. Erst dann drehe ich meinen Kopf in seine Richtung.
Jax liegt direkt neben mir. Sein Gesicht ist meinem so nah, dass ich ihn ohne Probleme küssen könnte. Doch das mache ich nicht. Ich weiß nicht genau, was es ist, doch irgendetwas hindert mich gerade daran. Unter anderem auch die Tatsache, dass ich mich keinen Zentimeter bewegen kann, ohne vor Schmerzen zu stöhnen.
Seine Augen sind geschlossen und seine Atmung ist ruhig, sodass ich nicht mit Gewissheit sagen kann, ob er schläft oder wach ist. Ich kann nicht einmal genau sagen, ob er wirklich hier ist oder ich es mir nur so sehr wünsche, dass ich es bereits träume.
Doch gerade ist das nur nebensächlich. Sollte ich träumen, will ich noch eine ganze Weile schlafen, denn die Schmerzen, die er mir nimmt, sind echt. Und wenn er wirklich bei mir ist, will ich die Nähe genießen. Die Nähe, nach die ich mich in den letzten Tagen und Wochen so sehr gesehnt habe. Die Nähe, die ich noch zu keinem anderen Mann gespürt habe.
Die nächsten Minuten schaue ich ihn einfach an. Alles an ihm sauge ich in mir auf, da ich nicht weiß, wann er wieder verschwindet. Beziehungsweise ich versuche es. Die Wahrheit ist nämlich, dass Jax es zwar schafft, mir einen Teil meiner Schmerzen zu nehmen, doch leider nicht alle.
Die nächsten Sekunden scheinen ewig zu dauern. Doch dann beobachte ich ihn, wie er die Augen öffnet und langsam registriert, dass ich wach bin. Ein sanftes Lächeln erhellt sein Gesicht, während er mich betrachtet.
„Hi“, flüstere ich so leise, dass ich es selber kaum verstehen kann. Meine Stimme ist brüchig und mein Mund trocken. Dennoch will ich nicht schweigend neben ihm liegen.
„Hi“, gibt er genauso leise zurück. Jax streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht. „Wieso hast du mich nicht geweckt?“
Ich erkenne die Besorgnis in seiner Stimme