würde sie hier einziehen wollen, wenn ich nichts unternehme.
Dennoch versuche ich es mir nicht zu sehr anmerken zu lassen, dass ich meine Ruhe haben will. Ich bin müde und habe nur noch den Wunsch ein wenig zu schlafen, bevor die Polizei mir noch auf die Nerven gehen wird.
„Ruh dich aus, Jax ist ja bei dir. Bis Morgen“, verkündet mein Dad.
Ich weiß, dass er eigentlich noch bleiben will. Dennoch bin ich froh darüber, dass auch sie endlich verschwinden.
„Pass gut auf sie auf“, weist er Jax noch an, als würde er das wirklich machen müssen. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Jax irgendwen in meine Nähe lassen wird, bei dem er ein seltsames Gefühl hat.
Und genau das ist der Punkt, der mich dazu bringt darüber nachzudenken, ob dieser Unfall geschehen wäre, wenn er bei mir gewesen wäre. Doch ich kann es nicht sagen. Vor allem deswegen nicht, weil ich nicht weiß, wer derjenige war, oder was er von mir wollte. Nur er wird Licht ins Dunkel bringen können.
Ich sehe meiner Mutter an, dass sie noch nicht verschwinden will. Erst, als mein Vater sie darauf hinweist, dass ich mich ausruhen muss, um schnell wieder fit zu sein, lässt sie sich von ihm aus dem Zimmer ziehen. Mir fällt aber auf, dass sie kaum ein Wort gesprochen hat.
„Oh Mann“, entfährt es mir, nachdem sie verschwunden sind. Ich lasse mich vorsichtig in die Kissen sinken und schließe die Augen. Jax streicht mir sanft über den Bauch und sorgt dafür, dass ich mich langsam entspanne.
„Mason meint zwar, dass er sich nicht sicher ist, ob ich den Test bestanden habe, oder nicht. Doch ich weiß es. Ich bin total durchgefallen. Noch mehr würde es gar nicht gehen.“
Überrascht über seine Worte schaue ich ihn an. Ich kann nicht für mich behalten, dass ich nicht erwartet habe, dass er jetzt damit anfängt. Doch ich erkenne den belustigten Unterton in seiner Stimme.
„Und wieso meinst du das?“, erkundige ich mich. Langsam drehe ich mich so, dass ich ihn besser betrachten kann.
„Ich hätte es ihm einfach sagen sollen. Ich hätte einfach sagen sollen, dass ich seine Schwester liebe und sogar mit ihr verheiratet bin. Das habe ich dann ja mal richtig versaut.“
„Das sagst du nur, weil du jetzt weißt, dass er es da bereits wusste.“ Ich lache leise und knuffe ihn in den Bauch.
„Vielleicht ein wenig“, gibt Jax zurück. Er hält den Daumen und den Zeigefinger ein Stück auseinander.
Glücklich kuschle ich mich an ihn. Von Anfang an hat er es geschafft, dass ich mich nur noch auf ihn konzentriere und alles nicht mehr so trostlos aussieht. Und ich bin froh, dass er auch jetzt diese Wirkung auf mich hat.
„Lass uns nicht hier darüber sprechen. Mit den Kopfschmerzen bin ich gerade nicht in der Lage dazu. Aber ich kann dir sagen, dass du bei meinem Bruder vielleicht durchgefallen bist, bei mir aber nicht, auch wenn es vielleicht so aussah. Doch du hast ja versprochen, dass du ihm nicht sagen wirst, wenn ich nicht bin.“
Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte sieht so aus, dass ich mich nicht im Krankenhaus darüber unterhalten will. Das habe ich nämlich bereits für mich beschlossen. Dennoch soll er nicht der Meinung sein, durchgefallen zu sein.
„Ich will nur, dass du weißt, dass ich dich liebe. Das sollst du nie vergessen.“ Jax legt sich wieder neben mich und zieht mich an sich. Seine sanften Berührungen vertreiben die Schmerzen, sodass es mir bald schon besser geht. Wenigstens etwas.
Ich weiß nicht, was alles noch kommen wird, aber ich glaube kaum, dass es noch schlimmer werden kann, als dieser Unfall.
4
„Mrs. Hunter?“, fragt eine männliche Person, die mein Krankenzimmer betritt. Da ich gerade dabei war, ein paar Nachrichten meiner Freundinnen zu beantworten, habe ich nicht mitbekommen, dass jemand in das Zimmer gekommen ist. Nun hebe ich jedoch meinen Kopf und schaue die Person an.
Der Mann ist groß und breit gebaut. Müsste ich raten würde ich sagen, dass er Mitte dreißig ist. Doch ich war schon immer schlecht darin, das Alter von jemandem zu schätzen.
Abwartend sieht er mich an, bis ich merke, dass ich noch nichts gesagt habe.
„Ja, die bin ich“, erwidere ich, nachdem ich mich hingesetzt habe.
Erst jetzt fällt mir auf, die ungewohnt es noch für mich ist, mit dem Nachnamen von Jax angesprochen zu werden. Auch, wenn es seit unserer Hochzeit auch meiner ist.
„Sie sind von der Polizei“, stelle ich fest, noch bevor er etwas gesagt hat. Ich wüsste auch nicht, wer er sonst sein sollte. Wie ein Arzt sieht er nicht gerade aus.
„Ja, ich bin Detective Smith“, stellt er sich mir vor. „Ich wollte Ihre Aussage aufnehmen.“ Mit diesen Worten kommt er ein wenig näher und bleibt neben meinem Bett stehen, sodass er mir die Hand reichen kann.
Kaum berühren wir uns macht sich ein merkwürdiges Gefühl in mir breit. Ich kann es nicht beschreiben. Ich kann nicht einmal sagen, wo es herkommt. Aber ich weiß, dass es mich vorsichtig werden lässt, was mir überhaupt nicht gefällt.
„Ich glaube, da werden wir schnell durch sein“, erkläre ich ihm.
„Jedes noch so kleine Detail könnte uns helfen, den Unfallverursacher zu fassen.“
„Ich habe keine Ahnung, wer es war. Ich kann nicht einmal den Wagen genau beschreiben. Ich bin wirklich keine sehr große Hilfe“, erwidere ich und zucke mit den Schultern.
Aus dem Augenwinkel sehe ich Jax fragenden Gesichtsausdruck. Doch ich hoffe, dass er nichts dazu sagt, dass er einfach den Mund hält. Und zu meiner Verwunderung macht er genau das.
Der Polizist sieht mich an, als würde er abwägen wollen, ob ich die Wahrheit sage oder nicht. Eigentlich bin ich keine gute Schauspielerin. Deswegen habe ich auch die Befürchtung, dass er mich durchschaut.
Mir kommt es wahrscheinlich zugute, dass ich und Jax unsere Beziehung geheim gehalten haben, wenigstens vor manchen. Man könnte auch sagen, dass ich mittlerweile geübt darin bin, die Wahrheit für mich zu behalten.
„Autofarbe? Kennzeichen? Marke?“, startet er dennoch einen weiteren Versuch, etwas von mir zu erfahren.
Mir ist bewusst, dass er das machen muss, es ist schließlich sein Job. Und am liebsten würde ich ihm auch die Wahrheit sagen. Es will aus mir heraus, dass ich das Gefühl hatte, als hätte er auf mich gewartet. Doch es kommt mir so vor, als müsse ich es vor ihm verheimlichen, was ich beobachtet habe, auch wenn es sicherlich nicht viel ist.
„Es tut mir leid, Sie enttäuschen zu müssen. Aber ich kann mich nicht mehr an viel erinnern“, antworte ich.
Mir ist klar, dass er es mir nicht abkaufen wird, wenn ich sage, dass ich mich an nichts mehr erinnere. Deswegen berichte ich ihm von den wenigen Punkten, die ich noch weiß und die harmlos sind.
Wieder sieht er mich nachdenklich an. Ich kann nicht genau sagen, ob er froh über meine Aussage ist oder nicht. Dafür sind meine Kopfschmerzen noch zu präsent. Und selbst wenn es nicht so wäre, wäre ich mir nicht sicher, ob ich mich nicht irre.
„Meine Frau wird sich sofort melden, wenn ihr noch etwas einfällt. Doch nun braucht sie Ruhe“, geht Jax dazwischen, wofür ich ihm dankbar bin. Ich selbst wüsste nämlich nicht, wie ich ihn wieder loswerden könnte.
Dieses Mal kann ich mit Gewissheit sagen, dass der Polizist nicht froh darüber ist, dass Jax sich einmischt. Seine Kiefer sind angespannt, während er Jax betrachtet. Mein Mann hingegen lässt sich nicht aus der Ruhe bringen.
„Es ist wirklich wichtig, dass Sie noch einmal darüber nachdenken und mir alles mitteilen, was Ihnen noch einfällt. Auch, wenn es Ihnen vielleicht unwichtig erscheint.“
„Werde ich machen“, versichere ich ihm.
Etwas bleibt er noch stehen,