Sarah Glicker

Love between us


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den Hintergrund treten.

       Nachdem ich ihn prüfend beobachtet habe, erkenne ich, wie fertig er aussieht. Um genau zu sein sieht er so aus, wie ich mich fühle. Sein Gesicht ist blass, als hätte er schon lange nicht mehr richtig geschlafen. Sein Blick wirkt verloren und gleichzeitig auch unsicher.

       „Ich ...“, beginne ich, breche aber schnell ab. Ihm zu sagen, dass ich mir nicht sicher war, ob er wirklich hier ist oder nicht, ist in meinen Augen total kindisch. Ich ziehe es vor den Mund zu halten.

       Sanft streicht er mir über die Stirn und stützt sich auf dem Ellbogen ab, um mich besser betrachten zu können. Ein freches Grinsen erhellt sein Gesicht, was mir eindeutig schon besser gefällt.

       „Lass mich raten, du wusstest nicht, ob ich wirklich hier bin“, stellt er mit einem leichten Schmunzeln fest. Mehr als ein Nicken bekomme ich nicht zustande.

       Sanft lächelt er mich an und küsst mich dann. Dieser Kuss weckt alles in mir. Obwohl das nicht der richtige Ausdruck ist. Anders kann ich es aber nicht beschreiben.

       Mit nur einer einzigen Berührung schafft er es, dass es mir vorkommt, als hätte es die letzten zwei Wochen nicht gegeben. Ich muss mir in Erinnerung rufen, dass es sie gab. Auch, wenn ich es nicht will.

       Ich will mich auf ihn konzentrieren, auf die Gefühle, die er in mir wach ruft. Und nicht auf das, was zwischen uns war. Dennoch kann ich es nicht verhindern.

       „Du bist meine Ehefrau. Wieso sollte ich nicht hier sein? Ich liebe dich und will überhaupt nicht woanders sein. Und erst recht jetzt nicht, wo du einen Unfall hattest.“ Eindringlich sieht er mich an. Jax lässt keinen Zweifel daran, dass er es genauso meint, wie er es sagt.

       Er hat noch nicht einmal ausgesprochen, als ein paar Tränen über meine Wangen laufen. Ungehindert rinnen sie mir übers Gesicht und suchen sich einen Weg, bis sie das Kissen erreicht haben. Ich will es nicht, kann es aber auch nicht verhindern. Es kommt mir so vor, als würden all die Emotionen, die sich angesammelt haben, endlich herauskommen. Dabei ist es egal, ob es gute oder schlechte sind. Auch wenn ich gedacht habe, dass ich nicht noch mehr weinen kann, als ich es bereits gemacht habe. Der einzige Unterschied ist, dass ich jetzt nicht einmal sagen kann, wieso ich eigentlich genau weine.

       „Ich habe nicht gedacht, dass du herkommst.“

       „Als ich von deinem Unfall erfahren habe, habe ich Panik bekommen. Ich habe mir gewünscht, dass ich in dem Auto gewesen wäre und nicht du. Und als ich auch noch erfahren habe, dass du bewusstlos bist, hatte ich Angst, dass ich dich verliere. Schließlich wusste ich nur das, was ich von Mason erfahren habe. Und der wusste selber nicht sehr viel.“

       Seine Stimme bricht. Mir wird klar, dass ich ihm unrecht getan habe. Ich weiß, dass wir zwar noch darüber sprechen müssen, doch ich weiß, dass die letzten zwei Wochen alleine meine Schuld waren. Hätte ich mich nicht so verhalten, wären wir nicht in dieser Lage gelandet und vielleicht würde ich auch nicht hier liegen.

       Diese Feststellung sorgt nicht unbedingt dafür, dass es mir besser geht. Doch es ist die Wahrheit.

       Jax liebt mich. Er würde mich nicht verletzen, denke ich.

       „Nicht weinen“, versucht er meine aufgebrachten Nerven zu beruhigen.

       „Ich liebe dich“, wispere ich mit von Tränen erstickter Stimme.

       „Ich glaube, wir müssen einiges besprechen. Aber das werden wir nicht jetzt und nicht hier machen. Ein Krankenhaus ist definitiv nicht der geeignete Ort. Jetzt zählt nur, dass wir wieder zusammen sind und du schnell wieder gesund wirst. Irgendwann werden wir die nötige Ruhe dafür haben.“

       Liebevoll sieht er mich an. Es gibt einige Dinge, die mir durch den Kopf gehen. Ich will mich bei ihm entschuldigen, dass ich nicht auf eine seiner zahlreichen Nachrichten geantwortet habe. Ich will mich bei ihm entschuldigen, dass ich ihm nicht gesagt habe, was ich mit angehört habe. Vor allem will ich mich aber dafür entschuldigen, dass ich ihn nicht schon viel eher darauf angesprochen habe.

       Doch Jax hat recht. Es kann warten, bis es mir wieder besser geht und ich hier wieder raus bin. Gerade will ich mich nur an ihn lehnen und die Schmerzen vergessen, die mich wieder fest im Griff haben.

       „Ich werde einen Arzt holen, damit er dich untersuchen kann“, sagt Jax und will aufstehen. Bevor er das machen kann, greife ich aber nach seinem Handgelenk und hindere ihn so daran.

       „Nein“, sage ich bestimmt. „Bleib bei mir. Ich will gerade mit keinem Arzt sprechen. Erzähl mir lieber, was genau bei diesem Unfall passiert ist. Es war doch ein Autounfall, oder?“

       Er kann einen Dickkopf haben. Doch den habe ich auch. Und das weiß er auch. Und ich weiß wiederum, dass er hin- und hergerissen ist. Doch nun bin ich es, die keinen Zweifel daran lässt, dass sie es ernst meint. Bevor ich mich mit einem Arzt auseinandersetze, der wahrscheinlich noch weitere Untersuchungen macht, will ich wenigstens die Kopfschmerzen vorher ein wenig verloren haben.

       „Okay“, stimmt er schließlich zu, scheint sich jedoch nicht sicher zu sein, ob es wirklich die richtige Antwort ist. Darauf gehe ich allerdings nicht ein. Glücklich darüber lächle ich ihn an und lasse mich noch tiefer in die Kissen sinken. „Aber bist du dir sicher, ob du dich darüber unterhalten willst?“

       „Ich brauche ein wenig Ablenkung von den Schmerzen.“

       „Woran kannst du dich noch erinnern?“

       Wieder habe ich die Bilder vor Augen, wie ich gegen einen anderen Wagen geschoben werde. Es waren nur wenige Augenblicke, doch mir kamen sie eindeutig länger vor. Und das ist auch jetzt noch so.

       „Nicht mehr viel. Ich weiß noch, dass ich versucht habe den Wagen auf eine freie Fläche zu bringen, irgendwo auf die Straße. Doch er ist zur Seite gedrückt worden, sodass ich gegen einen Wagen gefahren bin. Wahrscheinlich war das auch gar nicht so schwer, da die Kreuzung sehr klein ist und ich nur etwas abgebremst habe.“

       Bei meinen Worten kann ich beobachten, wie Jax sich anspannt. Seine Lippen bilden eine dünne Linie und der Kiefer ist angespannt. Seine Hand ballt sich sogar kurz zur Faust. Als er merkt, dass es mir aufgefallen ist, entspannt er sich schnell wieder. Dennoch weiß ich, dass es ihm schwerfällt.

       Ich komme nicht drum herum mir vorzustellen, was ich machen würde, wenn er hier liegen würde. Ich wäre durchgedreht.

       „Konntest du den Fahrer erkennen?“ Seine Lippen bewegen sich nicht, während er spricht.

       Ich habe das Gefühl, als würde ich ihn enttäuschen, wenn ich Nein sage. Obwohl es die Wahrheit ist. Dennoch will ich ihm eine Antwort geben. Ich schüttle den Kopf und verziehe ein wenig das Gesicht. So zeige ich ihm, dass ich mir darüber bewusst bin, dass ich keine große Hilfe bin.

       „Die Polizei versucht ihn zu finden. Doch da du ihn auch nicht erkannt hast, stehen die Chancen wohl nicht sehr gut, dass er auch wirklich wieder auftaucht.“

       Ich spüre, dass ihm das nicht gefällt. Und dem kann ich mich nur anschließen. Zu gerne würde ich erfahren, wem ich es zu verdanken habe, dass ich hier liege. Dennoch ziehe ich es vor, mich auf etwas anderes zu konzentrieren. Ich will mich jetzt nicht mit dem Mann befassen. Zumal ich eh nicht sagen kann, wer er eigentlich ist.

       „Woher weißt du das alles?“, erkundige ich mich stattdessen.

       „Das ist wirklich eine interessante Geschichte, die ich dir nicht vorenthalten möchte. Deine Eltern haben es versucht, also etwas in Erfahrung zu bringen. Allerdings gab es da ein kleines Problem. Die Polizisten durften ohne mein Einverständnis nichts herausgeben. Durch die Hochzeit bin ich dein nächster Angehöriger geworden. Was soll ich sagen? Auf diesem Weg haben sie dann auch gleich erfahren, dass wir verheiratet sind.“

       Schlagartig macht sich ein schlechtes Gewissen in mir breit. Mal abgesehen von meinen Freundinnen, habe ich niemanden von der Las Vegas Hochzeit erzählt. Zu meiner Verteidigung muss ich aber sagen, dass es sich nie ergeben hat und dann war Jax schon weg und ich war mit meinen Problemen beschäftigt, von denen meine Mom dann erst Recht nichts wissen sollte. Ich bin mir sicher, dass sie