einer angedeuteten kleinen Verbeugung fuhr er fort, »Mein Name ist Dr. Benjamin Bennedikt, Bennedikt ohne ›c‹, und ich habe einen persönlichen Grund für meine Anwesenheit, der jedoch nichts mit einem gemeinen Einbruch zu tun hat.«
Sie verzog den Mund zu einem indigniert wirkenden Grinsen. »Häh, wieso ohne ›c‹? Wo kommt denn ein ›c‹ in Bennedikt vor? Was für eine Art Doktor sind Sie denn? Reden Sie immer so geschwollen?«
Benjamin seufzte. »Nun, Reden gehört zu meinem Beruf, ich bin Psychotherapeut, und der Umstand, dass Ihnen meine Redeweise ›geschwollen‹ vorkommt, scheint mir eine Frage des Standpunktes und der persönlichen Sprachbildung zu sein.«
Nun fing sie an, schallend zu lachen und präsentierte dabei eine in der Dunkelheit leuchtende Reihe fast perfekter Zähne mit einer kleinen Zahnlücke zwischen den beiden mittleren oberen Schneidezähnen. Er kam nicht umhin, sie süß zu finden. Sein Beruf hatte ihn gelehrt, aufgrund von Äußerungen seiner Mitmenschen nicht so leicht beleidigt zu reagieren. Sie entsprangen in der Regel dem persönlichen Empfinden der Menschen und waren dadurch begründet. Ob sie zutrafen, war eine andere Sache, aber es lag ja an ihm, den Eindruck zu korrigieren, wenn er es für notwendig erachtete.
Er wollte gerade den Vorschlag machen, ob man sich nicht irgendwohin begeben könne, wo man Licht machen und sich in einer angenehmeren Umgebung unterhalten könne, als er wie vom Blitz getroffen zusammenfuhr.
»Keine Bewegung - beide. Nehmen sie die Hände hoch und rühren sie sich nicht vom Fleck.«
Gleichzeitig war erneut eine starke Taschenlampe aufgeleuchtet, die einen Lichtstrahl aus der Dunkelheit vor dem Wohnzimmer auf sie beide warf.
Kapitel 6 - aller guten Dinge sind …
Nachdem er mehr als zwei Minuten bewegungslos wie eine Statue an der gleichen Stelle verharrt war, wollte Kalle sich gerade geräuschlos weiter ins Innere des Hauses bewegen, als ihn ein weiteres Geräusch augenblicklich erstarren ließ. Diesmal war es ein klirrendes Scheppern wie Porzellanteller bei einem Polterabend, und diesmal konnte er die Richtung orten, aus der das Geräusch gekommen war.
Da er immer noch dunkel war und er keine Gespräche hörte, ging er nicht davon aus, dass wider Erwarten doch die Bewohner des Hauses vorzeitig zurückgekommen waren.
›Soviel zu deinem genialen Plan, du Meisterdieb. Wenn das mal keine Probleme gibt.‹
Konnte er da so etwas wie Häme bei seiner inneren Stimme zu heraushören? Aber jetzt war nicht die Zeit, sich mit seinem Problem zu beschäftigen. Es gab vordringlichere Schwierigkeiten zu lösen.
Verdammt, ist da etwa noch ein Einbrecher im Haus? Das darf doch nicht wahr sein! Er war sich nicht im Klaren, ob er sich mehr über die unerwartete Gesellschaft ärgern, oder eher erleichtert sein sollte, dass es sich lediglich um unerwünschte Konkurrenz handelte.
In selben Augenblick, als er den Entschluss gefasst hatte, sich vorsichtig der Herkunft des Geräuschs zu nähern, hörte er erneut etwas - diesmal allerdings vom oberen Ende der Treppe zu seiner Linken.
Was ist denn hier nur los? Das gibt’s doch gar nicht.
Vorsichtig drückte er sich gegen die Rückseite der Treppe und wagte es nicht einmal, tief Luft zu holen. Einen Moment lang befürchtet er, sein verräterisch laut und heftig schlagendes Herz könnte ihn verraten. Er zwang sich, langsam, tief und so geräuschlos wie möglich ein- und auszuatmen, um seinen Puls wieder auf ein normales Niveau zu senken.
Dabei spähte er vorsichtig in Richtung der Treppe und versuchte, den Verursacher des Geräuschs zu sehen. Was er sah, war ein dunkler Schemen, der sich vorsichtig die Treppe herunter bewegte - ein ziemlich großer Schemen. Die Person, die sich ihm als nicht mehr als ein Schatten darstellte, bewegte sich in Richtung des Wohnzimmers. Die allgemeine Grundhelligkeit in städtischen Gebieten, die durch das große Wohnzimmerfenster drang, ließ ihn den Mann - aufgrund der Statur war er sich ziemlich sicher, dass es sich um einen Mann handelte - als dunklen Umriss vor dem erkennbaren Rundbogendurchgang zum Wohnzimmer erkennen. Geräuschlos schlich er näher heran. Er war sich sicher, dass die Aufmerksamkeit des beeindruckend großen Kerls, den er auf mindestens einsfünfundneunzig schätzte, sich eher auf die Ergründung der Geräusche im Wohnzimmer richtete.
Überrascht und amüsiert belauschte er die ungewöhnliche, zeitgleich stattfindende Konversation von »Wer sind Sie?« und »Sie zuerst!«. Er konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. Was sind das denn für Amateure?
›Bist du da nicht ein bisschen vorschnell, Superhirn? Vielleicht solltest du dich in die gleiche Kategorie einreihen, so toll, wie das bisher gelaufen ist.‹
Er ignorierte die Bemerkung und konzentrierte sich auf die beiden. Er lauschte auf ihre Unterhaltung und war nicht wenig erstaunt über das, was er hörte. Der Typ ist sowas wie ein Psychologe! Wie verrückt ist das denn?
›Na vielleicht kann er dir ja helfen, mich loszuwerden.‹
Kalle war zwar ein ähnlicher Gedanke im selben Moment durch den Kopf gegangen, aber er ignorierte die Stimme dennoch weiterhin beharrlich.
Als die Frau zu lachen begann, entschloss er sich, diese Farce zu beenden, bevor die beiden noch ein lustiges Kaffeekränzchen begannen. Er knipste seine Taschenlampe an, wodurch er die Frau blendete und dem Mann in den Rücken leuchtete. Gleichzeitig gab er ein lautes und sehr bestimmendes »Keine Bewegung - beide. Nehmen sie die Hände hoch und rühren sie sich nicht vom Fleck!« von sich. »Und Sie, Herr Doktor, ziehen vorsichtig die Waffe aus ihrem Gürtel und lassen sie hinter ihrem Rücken auf den Boden fallen. Machen Sie nicht den Fehler, im Stil von White Earl hier was zu versuchen.«
»Sie meinen vermutlich Wyatt Earp, und nein, ich werde nichts dergleichen versuchen«, erklang die ruhige Stimme des Doktors. Langsam griff er sich an den Hosenbund, packte die Waffe mit Daumen und Zeigefinger am Griff und zog sie vorsichtig hervor. Danach ging er, ohne sich umzudrehen, in die Knie und legte die Waffe kurz hinter seinen Füßen auf den Boden.
»Soweit ganz gut«, meinte Kalle, »jetzt richten Sie sich auf und falten die Hände auf dem Kopf.« Noch während der Doktor dem Befehl folgte, schlich er leise nach vorne und ergriff die Waffe. Dabei vergaß er keine Sekunde, die Taschenlampe so zu halten, dass er die junge Frau weiterhin blendete. Hastig zog er sich zwei Meter zurück und richtete sich ebenfalls auf.
»So«, gab er zufrieden grinsend von sich, »jetzt können sie sich umdrehen, nun habe ich ja eine Waffe.«
Im Gesicht der jungen Frau konnte er Wut und Empörung erkennen, während sich der Doktor langsam umdrehte. Dabei nahm er die Hände vom Kopf und ließ sie locker an der Seite hängen. Eine Augenbraue hatte er etwas hochgezogen und studierte Kalle mit leicht zur Seite geneigtem Kopf.
›So ungefähr studiert einer von diesen Eierköpfen ein Insekt unter dem Mikroskop, du Superhirn.‹
»Ach, halt’s Maul«, entfuhr es Kalle, bevor er es verhindern konnte.
Die zweite Augenbraue des Doktors wanderte ebenfalls nach oben. Dann erklang wie einstudiert gleichzeitig aus zwei Mündern: »Wer sind Sie?«
Nun war es an Kalle lauthals zu lachen.
»Ihr seid mir vielleicht zwei Vögel. Wo haben sie euch denn rausgelassen? Aber auf jeden Fall seid ihr Amateure und Dilettanten, soviel steht fest.«
›Gut gebrüllt Löwe. So machst du sicherlich Eindruck auf die beiden.‹
Kalle ignorierte seine innere Stimme auch dieses Mal. Stattdessen sprach er die beiden an. »Lasst uns in einen anderen Raum gehen, wo wir Licht machen können, ohne Aufmerksamkeit von draußen zu erregen. Es dauert ja eh nicht mehr lang, bis es hell wird.«
Er dirigierte die beiden aus dem Wohnzimmer in das angrenzende Kaminzimmer, das eine Schiebetür zum Wohnzimmer und Rollläden zum Rhein hin hatte.
»Setzt euch auf die Couch«, befahl er den beiden, und nachdem sie Platz