Manuel Rieger

Angst ist nur ein Gefühl


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diesem 21. Dezember 2013 in dem Flugzeug passiert war. Es war ein unglaubliches, unbeschreibliches Ereignis. Selten zuvor hatte ich etwas derartig Tiefes und emotional Berührendes erlebt. Einige Jahre dachte ich mir: „War es ein Wunder? War es mein verstorbener Bruder, der plötzlich an meiner Seite war und mir das Gefühl gab, dass etwas oder jemand auf mich achtet?“

      Mein Leben war oft geprägt von Angst. Als Kind, im Ring als Boxer, bei Schlägereien, Zukunftsängste, Existenzängste, Angst vor Krankheiten, Angst vor Trennung, Angst vor Schmerz. So viele Ängste hatten mein bisheriges Leben geprägt. Doch Angst hatte mich auch immer ein Stückweit fasziniert. Was war es also an diesem Tag, dass mir so ein tiefes Gefühl der Sicherheit und des Vertrauens schenkte?

      Im Zuge meinen Ausbildungen in den Bereichen Kommunikation, Konfliktmanagement, psychologische Beratung und dem psychotherapeutischen Propädeutikum, die ich in den Jahren danach absolvierte, stellte ich mir diese Frage immer wieder. Und im Zuge meiner logotherapeutischen Ausbildung kam ich dann zu einer Antwort. Eigentlich erhielt ich durch die Logotherapie viele Antworten. Auch auf viele Fragen zu den Themen Angst, Emotionen, Mut, Liebe und Vertrauen. Aber von diesen Antworten werden Sie später noch mehr erfahren und auch praktische Tipps erhalten, wie Sie diese in Ihrem Leben anwenden können.

      Und liebe Leserin, lieber Leser, wie auch immer Sie diese Situation interpretieren, was auch immer Ihr Zugang ist, ob es nun ein Schutzengel, eine verstorbene Person, etwas Göttliches oder einfach eine neuronale Entladung irgendwo im Gehirn war, ich möchte Ihnen Ihre Meinung nicht nehmen.

      Aber ich glaube all, dass man all das auch zusammenfassen kann. Wir Menschen verstehen mit Sicherheit nicht alles, was auf unserer Welt oder in unserem Universum geschieht. Ich kann also nicht ausschließen, ob es nicht tatsächlich mein Bruder war (ein Gedanke, der mir natürlich sehr gefällt). Vielleicht war es auch tatsächlich etwas Göttliches. Auch das kann ich nicht ausschließen. Aber für jemanden wie mich, der sich auch immer versucht an der Wissenschaft zu orientiert, gab es noch eine ganz andere und plausible Erklärung. Es war etwas, dass wir Menschen seit der Geburt in uns tragen. Etwas, dass der Großteil von uns Menschen aber verliert. Und genau das gilt es aber zurück zu gewinnen.

      Unser Urvertrauen!

      Der Begründer der Logotherapie und Existenzanalyse, Viktor Frankl, sprach schon davon. Besonders häufig erwähnte es seine berühmteste Schülerin, Elisabeth Lukas. Sie hat dem Thema ganze Bücher gewidmet.

      Und ein stückweit ist Urvertrauen auch Ziel dieses Buches. Weil Urvertrauen uns alle Ängste nehmen kann. Naja, vielleicht nicht ganz nehmen. Aber Urvertrauen kann die Ängste erträglich machen. Und Urvertrauen macht uns mutig, und lässt uns liebevoll werden.

      Leider gibt es keinen direkten Weg zum Urvertrauen. Man kann also nicht hergehen und sagen: „Ab heute habe ich Urvertrauen in meinem Leben“. Wir müssen es wiederentdecken. Zurückgewinnen, wo es verschüttet wurde.

      Und in diesem Buch erhalten Sie hierzu praktische Tipps, wie Sie dies schaffen können. Sie erfahren von einigen Methoden, die auch wissenschaftlich belegt sind. Genutzt wird dafür beispielsweise die Logotherapie, die systemischen Lehre, die positiven Psychologie, aber auch tiefenpsychologische Schulen. Keine Sorge, es wird keine theoretische Abhandlung dieser Themen. Anhand von Geschichten, Beispielen, Tipps und Tricks, die Sie aktiv umsetzen können, möchte ich Sie dazu anregen, Ihren Mut wiederzufinden. Und damit auch die Beschränkungen der Ängste hinter sich zu lassen.

       Ein kleiner Vorgeschmack

      Die oben geschilderte Situation war eine wundervolle Erfahrung für mich. Von dieser Erfahrung zehre ich noch heute und rufe sie mir immer wieder ins Gedächtnis und in meine Gefühlswelt. Gerade dann, wenn es im Leben schwierig wird. Dann brauchen wir unser Vertrauen ganz besonders. Es gibt auch eine Reihe von Zitaten von Viktor Frankl, von denen ich Ihnen im Laufe des Buches einige vorstellen möchte.

      Eines davon lautet „Zufall ist der Ort, an dem das Wunder nistet!“

      Dieses Zitat ist für mich sehr ausschlaggebend, wenn es darum geht, sich seinen Ängsten und Emotionen zu stellen. Wir sollten in jeder Situation versuchen, unser Bestes zu geben. Auch, wenn uns Ängste und Unsicherheiten plagen. Denn am Ende versteckt sich das Wunder häufig dort, wo man es nicht vermutet.

      Sehen wir uns jetzt einmal an, woher unser Urvertrauen kommt. Wie sieht das die Logotherapie?

      Die Lehre der Logotherapie ist eine Besondere. Viktor Frankl schaffte es, die Liebe zum Menschen mit einer gewissen Härte zu verbinden. Gerade, wenn es um unsere Ängste und Emotionen geht, ist diese Lehre eine große Stütze und war auch Grundlage für andere Lehren. Wie bereits erwähnt, hatten wir Menschen am Beginn unseres Lebens alle unser Urvertrauen in uns. Noch heute gibt es in der Wissenschaft Diskussionen darüber, ob wir als unbeschriebenes Blatt auf die Welt kommen oder ob wir schon genetisch vorprogrammiert den Mutterleib verlassen. Es gibt Diskussionen darüber, wie stark der Einfluss im Säuglings- und Kindesalter ist, was uns in die Wiege gelegt und was anerzogen wurde. Dieser Diskurs besteht aber schon seit Jahrtausenden. Schon die alten Griechen diskutierten darüber, ob wir Menschen unserem Schicksal ausgeliefert sind oder unser Leben aktiv gestalten können.

      Von der Mitte des vorigen Jahrhunderts an wurde immer mehr und immer (technisch) professionellere Forschung in diese Richtung betrieben. Vor allem die Zwillingsforschung trug zu vielen neuen Erkenntnissen bei. Hatte man häufig die genetischen Anlagen sehr in den Mittelpunkt gestellt, so musste man feststellen, dass wir Menschen doch weit weniger von unseren Erbanlagen beeinflusst werden als von unserem Umfeld. Man ging davon aus, dass sich die Vererbung und das soziale Umfeld in etwa die Waage halten.

      Bald musste man aber feststellen, dass die Vererbung scheinbar noch weniger Einfluss hat. Man geht davon aus, dass der soziale Einfluss, also wie wir aufwachsen, wie unser familiäres und freundschaftliches Umfeld ist uns in etwa zwei Drittel dabei beeinflussen, wie wir uns entwickeln und zu welchem Menschen wir werden.

      Mit der Entschlüsselung des menschlichen Genoms erhoffte man sich, viele Antworten darauf zu finden, wie unser menschliches Schicksal abläuft. Vor der Jahrtausendwende schien nun das Rätsel gelöst, das menschliche Genom entschlüsselt. Das Ergebnis war aber eher ernüchternd. Man musste feststellen, dass sich das menschliche Genom relativ wenig von dem einer Hausfliege unterscheidet.

      Heute geht man davon aus, dass wir Menschen den Grundstein für unseren Charakter in der frühen Kindheit legen. Aber schon vorweg, die Logotherapie zeigt uns Wege auf, wie wir uns auch später noch verändern können. Dennoch wird das Alter von null bis sechs Jahren als grundlegend angesehen, wenn es darum geht, wie wir uns später als erwachsener Mensch verhalten, wie wir sein werden. Auch wie wir mit Ängsten umgehen, mit Emotionen allgemein, welche charakterlichen Eigenschaften wir haben werden. Hier spielt schon sehr früh die Nähe und Liebe der Eltern eine Rolle. Wird der Säugling immer gefüttert? Bekommt er genug Aufmerksamkeit? Ist immer jemand für ihn da? Besteht eine solide Verbindung zwischen Mutter und Kind? Und auch zum Vater oder anderen Bezugspersonen?

      Das sind wichtige Dinge, die sich auch auf das Urvertrauen auswirken. Eine sehr schicksalshafte Sichtweise. Denn man kann Glück haben und Liebe, Zuwendung, Ermutigungen, ein Umfeld der Förderung und Unterstützung erfahren, oder eben nicht. Und es legt auch großen Druck auf die Eltern. Man muss davon ausgehen, dass die Eltern die Verantwortung darüber haben und sie für das Schicksal der Nachkommen selbst den Rucksack umschnallen müssen. Es gilt derzeit als gesichertes Wissen, dass unsere Kindheit einen sehr prägenden Einfluss auf unser gesamtes Leben hat.

      Wenn Sie aber zu einem Buch wie diesem greifen, dann wollen Sie etwas verändern. Sie möchten Ihrem Leben neue Impulse geben, Sie möchten Ihre Persönlichkeit entwickeln und destruktive Verhaltensmuster durch konstruktive ersetzen. Sie wollen mehr Erfolg, Glück und Zufriedenheit in Ihrem Leben. Sie fragen sich vielleicht: wie kann ich mich verändern? Was kann ich gegen meine Ängste tun? Wie kann ich meinem Leben eine neue Richtung geben? Häufig hört man, dass Veränderung nicht möglich ist. Wir Menschen hören in unserem Umfeld häufig Sätze wie: „Das kann ich halt nicht!“, „So bin ich eben“ oder „Schon mein/e Vater/Mutter