Ende saß der Wirth allein;
Den Gast setzt' er mitten ein
Zwischen sich und sein Kind.
Ihre blanken Hände lind
Musten schneiden, wie der Wirth gebot,
20Den man hieß den Ritter roth,
Was der zu eßen trug Begehren.
Niemand wird es ihnen wehren,
Blickten sie sich heimlich an.
Das züchtige Mädchen wohlgethan
25That gern des Vaters Gebot.
Sie und der Fremdling blühten roth.
Bald ging das Mägdlein hinaus.
So pflegte man den Gast im Haus
Bis an den vierzehnten Tag.
In seinem Herzen Kummer lag,
[177]Um anders nicht, als weil ihm schien,
Ihm müß erst Ruhm im Streite blühn,
Eh er daran würde warm,
Was man da heißet Frauenarm.
5Ihn dauchte, werthe Brautschaft
Sei ein Glück von hoher Kraft
Für dieses Leben wie für dort.
Ungelogen ist das Wort.
Eines Morgens er um Urlaub bat:
10Da räumt er Graharz die Stadt.
Der Wirth gab ihm ins Feld Geleit:
Da hob sich neues Herzeleid.
Da sprach der Fürst aus Treu erkoren:
»Mir geht der vierte Sohn verloren,
15Da ich mich entschädigt glaubte
Dreier, die der Tod mir raubte.
Nur dreifach war bisher mein Schmerz;
Wer mir aber jetzt das Herz
Mit der Hand in Viere schlüge,
20Jedes Stück von dannen trüge,
Das dauchte mich ein Hochgewinn.
Eins für euch (ihr reitet hin);
Für meine Söhne drei, die lieben,
Die muthig sind im Kampf geblieben.
25Doch solchen Lohn giebt Ritterschaft;
Ihr End umstrickt mit Jammers Haft.
»Mir lähmt ein Tod die Freude gar,
Meines Sohnes, der so blühend war;
Er hieß mit Namen Schenteflur.
Da Kondwiramur
[178]Leib und Leben nicht wollt ergeben,
Verlor ihr Helfer, er das Leben
Von Klamide und von Kingraun.
Mir ist durchlöchert wie ein Zaun
5Das Herz von Jammersschnitten.
Nun zu früh seid ihr geritten
Von mir trostlosem Mann.
O weh, daß ich nicht sterben kann,
Da Liaße die schöne Magd
10Und mein Land euch nicht behagt.
»Mein andrer Sohn hieß Komte Laskoit:61
Den hat mir Ider Fils de Noit
Erschlagen eines Sperbers halb:
Davon ist meine Freude falb.
15Mein dritter Sohn hieß Gurzgri,
Dem Mahaute verlieh
Ihren blühenden Leib:
Denn es gab sie ihm zum Weib
Ihr stolzer Bruder Eckunat.
20Gen Brandigan der Hauptstadt
Kam er um Schoidelakurt geritten;
Da hat auch er den Tod erlitten:
Ihn erschlug Mabonagrein.
Mahaute ließ den lichten Schein.
25Seine Mutter auch, mein Weib, ist todt
Vor Leid um ihn und Sehnsuchtsnoth.«
Wohl sah der Gast des Wirthes Qual;
Der unterschied sie ihm zumal.
Da sprach er: »Herr, ich bin nicht weise;
Doch komm ich je zu Ritters Preise,
[179]Daß ich wohl Minne mag begehren,
Liaßen sollt ihr mir gewähren,
Eure Tochter, die schöne Magd.
Ihr habt mir allzuviel geklagt:
5Kann ich des Jammers euch entschlagen.
Des laß ich euch so viel nicht tragen.«
Urlaub nahm der junge Mann
Von dem getreuen Fürsten dann
Und von dem Ingesind zumal.
10Die Dreizahl in des Fürsten Qual
Stieg traurig nun zur Vierzahl auf.
Die vierte Einbuß ist sein Kauf.
IV.
Kondwiramur.
Inhalt
In Gedanken an die schöne Liaße überläßt sich Parzival seinem Pferde, das ihn in einem Tage von Graharz in das Königreich Brobarz trägt, dessen Hauptstadt Pelrapär von einem feindlichen Heere belagert und ausgehungert wird. Da er seine Dienste anbietet, wird er eingelaßen und der Königin Kondwiramur, der Tochter Tampentärs, vorgestellt, welcher er, nach Gurnemans Rath, unnützes Fragen zu meiden, stumm gegenüber sitzt, bis sie selber das Schweigen bricht. Ihre Oheime, Kiot und Manfilot, die nach Schoisianens Tod sich des Schwerts begeben haben und als Einsiedler befriedet im Gebirge wohnen, versprechen ihr einige Lebensmittel zu schicken. In der Nacht schleicht sich die Königin an Parzivals Bette, weckt ihn mit ihren Thränen und klagt ihm, wie Klamide, König von Brandigan und Iserterre, und sein Seneschall Kingron ihr Land verheert, ihr Volk erschlagen hätten, sie aber lieber sterben wolle als sein Weib werden, zumal Klamide auch Schenteflur, ihren Verlobten, Liaßens Bruder, getödtet habe. Am Morgen besiegt Parzival den Seneschall und nöthigt ihm das Versprechen ab, sich Kunnewaren, jener an Artusens Hof seinethalb von Keie gemisshandelten Jungfrau, als Gefangener zu gestellen. Der Sieger wird von den Belagerten, denen der Sturm nun auch Lebensmittel in den Hafen verschlägt, der Königin zugeführt, die ihn umarmt, und keines Andern Weib zu werden gelobt. Das Beilager wird vollzogen, er läßt sie aber Magd, obgleich sie sich sein Weib wähnt. Erst in der dritten Nacht gedenkt er der Lehren seiner Mutter und des alten Gurnemans und umfängt sie minniglich. Klamide vernimmt seines Seneschalls Besiegung und versucht, während Jener den König Artus in seinem Jagdhause Karminal antrifft, die Stadt mit Sturm zu nehmen. Die Bürger wehren sich mit niederstampfenden Baumstämmen und zerstören sein Belagerungswerkzeug durch griechisches Feuer. Als auch die Hoffnung verschwindet, Pelrapär durch Hunger zu zwingen, fordert Klamide den Gemahl der Königin zum Zweikampf, in welchem auch er gezwungen wird, sich als Kunnewarens Gefangener zu Artus zu begeben, den er zu Dianasdron beim Pfingstfeste findet. Nach einiger Zeit nimmt Parzival Urlaub von Kondwiramur, um nach seiner Mutter zu sehen, wohl auch um Abenteuer aufzusuchen.
So schied von dannen Parzival,
Der mit Freuden nun zumal
15Ritters Kleid und Sitte führte,
O weh, nur daß ihn rührte
Manche