Wolfram Von Eschenbach

Parzival


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Erker auch

      Waren da so viel im Brauch,

      Er sah im Leben wohl nicht mehr.

      Da kamen allwärts Ritter her,

      Die ihn begrüßten und empfingen;

      Einige ritten, andre gingen.

      [184]Auch war die jämmerliche Schar

      All wie Asche grau fürwahr

      Oder wie ein falber Leim.

      Mein Herr, der Graf von Wertheim,63

      5War ungern Landsknecht da gewesen:

      Wie möcht er bei dem Sold genesen?

      Ihnen schuf der Mangel Hungersnoth.

      Sie hatten Käse, Fleisch noch Brot:

      Sie ließen Zähnstochern sein;

      10Sie schmalzten wohl auch selten Wein

      Mit dem Munde, wenn sie tranken.

      Die Wänste ihnen niedersanken;

      Hochschlanke Hüften hatte Jeder;

      Eingeschrumpft wie ungrisch Leder

      15Auf ihren Rippen lag die Haut;

      Der Hunger hatt ihr Fleisch verdaut.

      Dem Mangel waren sie befohlen,

      Ihnen troff es selten in die Kohlen.

      Sie zwang hiezu ein werther Mann,

      20Der stolze König von Brandigan,

      Weil vergebens Klamide geworben.

      Nicht oft verschüttet noch verdorben

      War der Meth hier in der Kanne.

      Keine Truhendinger Pfanne64

      25Mit Krapfen hörte man erschrein,

      Ihnen schuf der Misslaut selten Pein.

      Wollt ich ihnen des verdenken,

      Das hieße wohl mich selber kränken:

      Denn wo ich oft bin eingekehrt

      Und wo man mich als Herren ehrt,

      [185]Daheim in meinem eignen Haus

      Freut auch sich selten eine Maus.

      Die Maus muß ihre Speise stehlen;

      Die braucht man nicht vor mir zu hehlen,

      5Ich finde keine offen.

      Zu oft hat da betroffen

      Mich Wolfram von Eschenbach,

      Zu erdulden solch Gemach.

      Meiner Klage ward genug vernommen;

      10Nun mag die Märe wieder kommen,

      Wie Pelrapär stand Jammers voll:

      Da gab das Volk von Freuden Zoll.

      Die der Treue sich ergeben,

      Die Helden musten spärlich leben.

      15Doch Mannheit wars, die das gebot.

      Erbarmen sollt euch ihre Noth:

      Denn ihr Leben steht zu Pfand,

      Sie löse denn die höchste Hand.

      Hört mehr noch von den Armen:

      20Sie sollten euch erbarmen.

      Sie empfingen roth vor Scham

      Den edeln Gast, der ihnen kam.

      Sie sahn, er war so reich und werth:

      Aus Nothdurft nicht hatt er begehrt

      25Herberge hier zu solcher Zeit:

      Er kannte nicht ihr tiefes Leid.

      Ein Teppich ward gespreitet,

      Wo gestützt war und geleitet

      Eine schattenreiche Linde.

      Da entwappnete ihn das Gesinde.

      [186]Andre Farb er bald als sie gewann,

      Da er des Eisens Rost hindann

      Sich wusch mit klarem Bronnen.

      Schier hätt er da der Sonnen

      5Ueberstralt den lichten Glast;

      Drum daucht er sie ein werther Gast.

      Man bot ihm einen Mantel gleich,

      Geschnitten aus demselben Zeuch

      Wie der Rock, den er zuvor getragen.

      10Wildneu roch der Pelz am Kragen.

      Sie sprachen: »Wollt ihr schauen

      Die Köngin, unsre Frauen?«

      Da sprach der Ritter zu den Herrn,

      Ja, er sähe sie wohl gern.

      15Sie gingen zu des Saales Thor

      (Es führten Stufen viel empor),

      Daß ihn ein lieblich Antlitz grüße,

      Künftig seiner Augen Süße.

      Von der Königstochter ging

      20Ein Lichtglanz, eh sie ihn empfing.

      Von Katelangen Kiot65

      Und der werthe Manfilot

      (Die beide Herzoge sind)

      Brachten ihres Bruders Kind,

      25Dieses Landes Königin;

      Sie hatten Gott zu Liebe hin

      Gegeben Harnisch, Schild und Schwert.

      Da gingen die Fürsten werth,

      Blühend, ob von Haaren grau,

      Und brachten ihm des Landes Frau

      [187]Mit Zucht bis an die Thür entgegen.

      Da küsste sie der werthe Degen;

      Die Munde waren beide roth.

      Die Königin die Hand ihm bot:

      5Ein führte sie Herrn Parzival:

      Sie setzten nieder sich zumal.

      Die Frauen und die Ritterschaft

      Hatten alle schwache Kraft,

      Die da saßen oder stunden.

      10Die Freude war verschwunden

      Dem Gesinde wie der Wirthin.

      Kondwiramur die Königin

      Hat zwar ihr Liebreiz ausgeschieden:

      Denn Jeschuten und Eniden

      15Und Kunnewaren de Lalant

      Und die man je preiswürdig fand,

      Wo es Frauenschöne galt,

      Die überschien sie mit Gewalt

      Und der Isolden Lob, der beiden.66

      20Ja, ihr muß man den Preis bescheiden.

      Ihr, Kondwiramor:

      Die trug den wahren beau korps;

      Das heißt im Deutschen: schöner Leib.

      Jedwede war ein nutzes Weib,

      25Die uns die Zwei gebaren,

      Die hier beisammen waren.

      Da thaten Alle, Weib und Mann,

      Nichts als daß sie spähend sahn

      Auf die Zwei beieinander.

      Viel guter Freunde fand er.

      [188]Der