Wolfram Von Eschenbach

Parzival


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Herz in solches Ungemach,

      Daß ihre Augen blieben wach.

      Da ging die reiche Königin

      10(Nicht zu solcher Lust Gewinn,

      Die aus Mädchen Frauen macht

      Unversehens in einer Nacht),

      Sie suchte Hülf und Freundes Rath.

      Sie trug auch wehrlichen Staat:

      15Ein Hemd von weißer Seide fein.

      Wie könnte streitbarer sein,

      Wenn sie zum Manne geht, ein Weib?

      Auch schwang die Frau um ihren Leib

      Von Sammet einen Mantel lang:

      20Sie ging, wie sie der Kummer zwang.

      Jungfrauen und Geleiterinnen,

      So viele bei ihr lagen drinnen,

      Die ließ sie schlafen allzumal.

      Da schlich sie leis, ohn allen Schall,

      25Zu einer Kemenaten.

      Der Köngin war verrathen,

      Daß Parzival alleine lag.

      Von Kerzen hell wie der Tag

      War es vor seiner Schlafstatt.

      Zu seinem Bette geht ihr Pfad,

      [193]Auf den Teppich kniet sie sich.

      Sie hatten beide sicherlich,

      Er und auch die Königin,

      Verbuhlte Minne nicht im Sinn.

      5Anders ward hier geworben:

      An Freuden verdorben

      War die Magd; sie zwang der Gram.

      Ob er sie nicht zu sich nahm?

      Leider das versteht er nicht:

      10Doch geschahs zuletzt nach Vorbericht

      Und mit so bedungnem Frieden,

      Daß sie im Bett geschieden,

      Die Glieder nicht zusammen brachten;

      Des sie auch wenig gedachten.

      15Der Jungfrau Jammer war so groß,

      Daß manche Zähre niederfloß

      Auf den jungen Parzival.

      Der hörte ihres Schluchzens Schall:

      Da wacht' er auf: als er sie sah,

      20Lieb und Leid geschah ihm da.

      Sich erhob der junge Mann,

      Der zu der Königin begann:

      »Herrin, bin ich euer Spott?

      Knieen sollt ihr nur vor Gott.

      25Geruht, und setzt euch zu mir her

      (Das war sein Bitten und Begehr)

      Oder legt euch hieher, wo ich lag,

      Und laßt mich bleiben, wo ich mag.«

      Sie sprach: »Wollt ihr euch ehren,

      Mir solche Zucht bewähren

      [194]Nicht zu rühren meine Glieder,

      Leg ich mich zu euch nieder.«

      Den Frieden gab er feierlich:

      Da barg sie in das Bette sich.

      5War es gleich schon späte,

      Da war kein Hahn, der krähte.

      Die Hahnenbalken standen ledig.

      Keinem Huhne war der Mangel gnädig.

      Das Fräulein unter Jammerslast

      10Frug mit Zucht den werthen Gast:

      »Wollt ihr hören meine Klage?

      Ich fürchte, wenn ichs sage,

      Euch flieht der Schlaf: es thut euch weh.

      Mir hat der König Klamide

      15Und Kingron sein Seneschant

      Verwüstet Burgen und Land

      Bis gen Pelrapäre.

      Mein Vater Tampentäre

      Ließ mich arme Wais im Tod

      20In einer schrecklichen Noth.

      Vettern, Fürsten, mancher Mann,

      Reich und Arm, mir unterthan

      War ein kräftiges Heer:

      Die sind erstorben in der Wehr

      25Halb, wo nicht die gröste Zahl.

      Wes tröst ich Arme mich einmal?

      Ich bin gekommen an das Ziel,

      Daß ich mich selber tödten will,

      Eh ich Magdtum und Leib

      Ergebe und Klamides Weib

      [195]Werde: seine Hand erschlug

      Mir Schentefluren, der da trug

      Im Herzen ritterlichen Preis.

      Der Mannesschön' ein blühend Reis,

      5Alle Falschheit mied er gar,

      Der Liaßens Bruder war.«

      Da Liaße ward genannt,

      Neuer Kummer war gesandt

      Dem dienstbereiten Parzival.

      10Sein hoher Muth fiel in ein Thal;

      Liaße gab ihm den Gewinn.

      Da sprach er zu der Königin:

      »Sagt, Frau, wie man euch tröste.«

      »Herr, wenn man mich erlöste

      15Von Kingron dem Seneschant.

      Er fällte mir mit seiner Hand

      In der Tjost viel Ritter nieder.

      Nun kommt er morgen wieder

      Und wähnt, sein Herr solle warm

      20Liegen in meinem Arm.

      Ihr habt wohl meinen Saal geschaut:

      Wie hoch der ist empor gebaut,

      Lieber spräng ich in den Graben,

      Eh Klamide sollt haben

      25Mit Gewalt mein Magdtum:

      So wollt ich wehren seinem Ruhm.«

      Da sprach er: »Herrin, sei Kingron

      Franzose oder Breton,

      Mir gilt gleichviel aus welchem Land,

      Wehren soll euch meine Hand,

      [196]So gut ich es vollbringen mag.«

      Die Nacht war hin, nun kam der Tag.

      Auf stand die Königin mit Neigen;

      Sie wollt ihm nicht den Dank verschweigen.

      5Hin schlich sie wieder leise.

      Da war Niemand so weise,

      Der ihres Gehens ward gewahr

      Als Parzival der Degen klar.

      Der schlief nicht länger mehr darnach.

      10Die Sonne klomm zur Höhe jach:

      Ihr Schimmer durch die Wolken drang.

      Da lud zum Münster Glockenklang,

      Wo sich mit Gott das Volk berieth,

      Das