Emerson Marie Parker

Kater sucht Kätzchen


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      Sein Freund kapierte aber auch gar nichts.

      „Die Betonung liegt auf wollen.“

      „Du legst dich mit einer der mächtigsten Familien in der Stadt an“, rief Helen dazwischen.

      „Das ist mir egal.“

      „Der macht dich fertig. Aber es ist ja dein Leben!“, rief Timo leidenschaftlich.

      Er versuchte seine Angst zu unterdrücken und cool zu bleiben. Doch wie konnte man das aufgrund solcher Dummheit bleiben?“

      „Ich werde aufpassen. Außerdem bist du doch bei mir! Warum sollte ich da Angst haben?“

      Timo schluckte schwer. Er wollte sich aus der Angelegenheit raus halten. Doch John sah es als Selbstverständlichkeit an, dass auch er seine Karriere aufs Spiel setzte. Und für was? Wegen einer Frau, die kein Interesse zeigte.

      8

      Einige Tage nach Silvester brachte Isabella Gomez ihren Mantel in die Reinigung. Es war sehr viel los. Also musste sie etwas warten. Marcel wäre garantiert ausgerastet. Einen Baumann lässt man nicht warten!

      Überhaupt war ihr Verlobter unausstehlich geworden. Ständig flippte er wegen jeder Kleinigkeit aus. Sie konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann er sich so verändert hatte. Früher war er ein lieber, zuvorkommender Mann gewesen.

      Doch heute fehlte ihm die Geduld für alles. Der Silvesterabend war so ein typisches Beispiel dafür. Erst fuhr ihm der Chauffeur zu langsam. Dann waren zu viele rote Ampeln auf der Strecke. Und dann der Zwist mit dem Kellner, der in ihren Augen völlig harmlos gewesen war. Wieso konnte sie nicht mit anderen Männern reden? Schließlich war sie nicht sein Eigentum. Doch genau so behandelte er sie mittlerweile. In ihrem Job, der eigentlich vom männlichen Geschlecht dominiert wurde, traf sie ständig auf Männer. Und trotzdem blieb sie Marcel treu. Doch in letzter Zeit zweifelte er zunehmend an ihrer Integrität ihm gegenüber. Dabei gab es gar keinen Grund dazu. Sie liebte Marcel seit sie ihn das erste Mal gesehen hatte. Doch seine übertriebene Eifersucht und seine haltlosen Verdächtigungen zermürbten sie langsam.

      Seit ein paar Wochen wartete er mit regelmäßiger Sicherheit nach der Arbeit an ihrem Wagen auf sie. Ihr missfiel es, dass ihr Auto in der Tiefgarage stehen blieb. Als sie ihn darauf ansprach antwortete er lapidar, dass er es nicht abwarten konnte, bis sie endlich Feierabend hatte. Doch Isabella kam es eher wie Stalking vor. Fehlten nur noch die Privatdetektive, die sich an ihre Fersen hefteten, um über jeden ihrer Schritte brav Report zu geben.

      „Hallo Isabella.“

      Die Besitzerin des Ladens lachte sie an.

      „Hallo Maria. Mein Mantel riecht unangenehm.“

      „Mach dir keine Sorgen, Kind. Mein Mann bekommt das hin.“

      Sie lächelte Isabella abermals an.

      „Wie geht es deinen Eltern?“, fragte Maria.

      „Sehr gut. Sie laden euch Sonntag zu Tee und Gebäck ein.“

      „Das ist schön. Wir kommen gerne.“

      Das wäre Marcel garantiert wieder ein Dorn im Auge gewesen. Wie konnte man sich bloß mit Arbeitervolk abgeben?, würde er in einem abfälligen Satz fallen lassen. Doch ihre Familie war schon seit Jahren mit Maria und ihrem Mann befreundet und traf sich regelmäßig. Der gesellschaftliche Unterschied spielte in diesem Fall keine Rolle. Warum auch? Marcel war da anderer Meinung. Angestellte waren zum Arbeiten da und bekamen ihren Lohn. Isabella hasste Marcels Einstellung, versuchte aber seine „Macken“ zu ignorieren. Aber irgendwann war ihm seine abschätzende Rederei auf die Nerven gegangen.

      „Wann ist sie denn fertig?“, fragte Isabella.

      „Heute Abend.“

      „Da kann ich nicht.“

      „Soll ich sie mit zu deinen Eltern nehmen?“

      „Klar. Dann habe ich auch einen Grund zu kommen.“

      „Und was ist mit Marcel?“

      „Hängt doch sonntags auf dem Golfplatz herum!“

      „Langweilig! Oder?“

      „Das ist untertrieben. Golf langweilt mich total.“

      „Du Arme!“

      „Dann hab ich mal Zeit für mich und meine Familie.“

      „Alles in Ordnung zwischen euch beiden?“, bohrte Maria.

      Isabella lief rot an. Maria kannte sie einfach schon zu lange.

      „Die Hochzeitsvorbereitungen sind einfach sehr stressig“, antwortete sie.

      Sie musste Maria die Wahrheit verschweigen. Sie wäre zu Marcel gelaufen, um ihm den Kopf zu waschen.

      „Und sonst alles gut?“

      Isabella schüttelte den Kopf und lächelte.

      Doch sie konnte auf Marias Stirn lesen, dass sie ihr kein Wort glaubte. Hoffentlich hielt sich Maria mit ihrem italienischen Temperament zurück.

      „Hast du die Taschen durchsucht?“

      „Nein. Wie immer. Aber eigentlich dürfte nichts Wichtiges drin sein.“

      „Das behauptest du immer.“

      Maria hielt einen zusammengefalteten Zettel hoch.

      „Das ist nicht meiner!“

      „War aber in deinem Mantel.“

      Maria drückte ihr einen Zettel in die Hand.

      „Seltsam. Ich weiß nicht, wann ich den Zettel bekommen habe.“

      „Du wirst langsam alt!“, lachte Maria.

      „Kann schon sein. Bis Sonntag.“

      Isabella winkte zum Abschied.

      Maria ging lächelnd an die Arbeit. Isabella stand auf der Straße und betrachtete nachdenklich den Zettel. Sie konnte sich beim besten Willen nicht erinnern. Sie öffnete das Papier und las. Was für eine komische Nachricht.

      Du bist das bezauberndste Reh auf der Welt,

      ruf mich doch mal an, dann können wir zusammen

      durch den Wald laufen.

      Darunter stand eine ihr unbekannte Telefonnummer. Was habe ich mit einem Reh gemeinsam? Isabella lachte laut. Die Nachricht musste ihr irgendein Spinner zugesteckt haben. Sie lief auf den Mülleimer zu, der an einem Laternenpfahl hing und wollte die Nachricht wegwerfen. Doch sie zögerte einen kurzen Moment. Dann nahm sie ihr Handy aus der Handtasche und wählte die Nummer. Sie war einfach neugierig und wollte wissen, wer sich am anderen Ende der Leitung meldete. Das Freizeichen ertönte. Was mache ich da bloß?, fragte sich Isabella, als sich eine männliche Stimme meldete.

      Isabella lauschte der wunderschönen Stimme.

      9

      „Hallo, wer ist da?“

      Er bekam keine Antwort. Auch nach mehrmaligem Rufen. John verlor langsam die Geduld. Er war schlecht gelaunt und jetzt von ein paar dummen Kindern verarscht zu werden, ging ihm gar nicht ab.

      Noch immer keine Antwort.

      „Verarscht einen anderen!“, schrie John ins Telefon und legte auf.

      Isabella war entsetzt über diesen komischen Anruf. Wer war der Mann eigentlich und warum brüllte er sie aus heiterem Himmel an? Die feine englische Art sah anders aus. Der Typ war ein unhöflicher Flegel. Für wen hielt er sich bloß? Sie warf das Handy in die Tasche zurück und ärgerte sich über sich selbst. Man rief niemals eine fremde Nummer an. Auch nicht aus Neugierde. Das hatte sie jetzt