Florian Kalenda

Eisenglanz


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      Als er das hörte, lachte Hildpert. Er legte das stumpfe Schwert beiseite und forderte Isanpert zu einer Kraftprobe heraus. „Wir setzen die Ellenbogen auf der Tischplatte auf. Wer die Hand des anderen herunterdrücken kann, gewinnt.“

      „Das brauchen wir nicht zu versuchen“, sagte Isanpert. „Du bist stärker. Ich gebe mich von vornherein geschlagen.“

      „Feigling“, sagte Hildpert.

      Zwei Tage später erkundigte sich Clementia noch einmal nach Isanperts Alter.

      „Dieses Jahr ist er volljährig geworden“, sagte Uto. „Er hätte im Sommer erstmals mit dem Heer ziehen können. Weil er so schmal ist, kam Gudo ein weiteres Mal mit uns.“

      „Gegen meinen Wunsch“, sagte Isanpert.

      Clementia überging ihn. „Für Waltrut war es der dreizehnte Sommer. Sie ist im Jahr zuvor volljährig geworden. Überleg einmal, kann das sein?“

      Uto überlegte lange. „Nein, das kann nicht sein.“

      „War Ulas Bauch dick, als sie nach Gramlinga ging, zu Gudo? In dem Sommer, als ich zu dir kam?“

      „Ja, es konnte jeder sehen. Es war höchste Zeit.“

      Clementia richtete einen Finger auf Isanpert. „Vielleicht starb das Kind, das sie damals gebar. Und erst im Jahr darauf bekam sie ihn.“

      „So war es nicht“, erwiderte Uto schnell. „Dann wäre ich ja nicht der Vater.“

      Clementia sagte nichts.

      „Das kann nicht sein“, wiederholte Uto. „Vielleicht haben sie sich verrechnet. Ja, so wird es sein.“

      Am nächsten Morgen nach der Übung mit Olko ging Isanpert hinunter zum Bach, den sie Saubach nannten. Dort suchte er eine Stelle hinter dichten Büschen auf, die nur er kannte, ein grasbewachsenes, festes Stück Erdboden, wo er liegen und Stöckchen in den Bach werfen konnte. Er lag im Gras, warf und dachte nach.

      So traf ihn Waltrut an. „Hier versteckst du dich“, sagte sie. Er fragte fast gleichzeitig: „Wie hast du mich gefunden?“

      Sie legte den Kopf in den Nacken. „Warum sollte ich dich gesucht haben?“

      „Was machst du sonst hier?“

      Sie setzte sich und nahm einen Zweig in die Hand. „Hast du wirklich Martilos Bruder erstochen?“

      „Er wollte mich erschlagen.“ Isanpert wickelte einen Grashalm um seinen Zeigefinger. „Ich bin nur nicht weggelaufen.“ Er erzählte, wie Fritilo sich auf ihn gestürzt hatte, in seinen Speer hinein.

      „Männer sind Bestien“, sagte Waltrut.

      „Na komm“, sagte er, „so kann man das wohl kaum …“

      „Doch! Du wusstest, dass er in den Speer laufen würde. Genau wie Hucwalt, als er mit dem Bratspieß auf dich los ist. Er will dich tot sehen. Vater ist nicht besser. Erst muss ich Martilo heiraten, dann darf ich nicht.“

      Isanpert setzte sich auf und schlang die Arme um die Knie. Er zitterte ein wenig vor Kälte. „Aber er ist ein Krüppel.“

      „Trotzdem hat er es befohlen.“ Waltrut knickte den Zweig, warf ihn in Richtung Bach. Er flog nicht weit, fiel in den Schlamm. „Es wäre nicht so schlimm gewesen. Er ist nicht wie ihr.“

      „Auch er wollte mich tot sehen.“

      „Hucwalt wollte dich umbringen. Martilo hat versucht, ihn abzuhalten. Martilo hat Sinn für schöne Dinge. Sogar deine scheußliche Spange hat ihm gefallen.“

      Isanpert stand auf, nahm den von Waltrut geknickten Zweig und warf ihn ins Wasser. Mit dem Blick folgte er ihm, wie die Strömung ihn ergriff. „Und Liutker?“

      „Liutker denkt nur an sich.“

      Isanpert kratzte sich am Kopf. „Er will dich heiraten.“

      „Wegen der Rösser. Außerdem hat Vater ihn abgelehnt.“

      Einen Augenblick später sprang Waltrut auf, rannte davon, quer durch das dichte Gebüsch, ohne auf die Zweige zu achten, die ihre Haut zerkratzten, auf die Wiese hinaus in Richtung Utinga. Isanpert blieb zurück. Er beugte sich über den Bach, um sein Gesicht zu sehen. Die Wellen strömten munter über die Steine.

      Es kam der Tag, an dem Uto beim Schmied in Ardinga den Sax abholen wollte. „Bring meinen Rappen und such dir ein Ross aus“, sagte er zu Isanpert. „Nimm, welches du möchtest.“

      So kam es, dass Isanpert die Stute Wunniwint ritt, Waltruts bevorzugtes Pferd. Wunniwint hatte ein Fell in der Farbe sandiger Böden, einen dunklen Fleck auf der Nase und einen hellen Schwanz. Sie verstand, was er ihr mit dem Zügel und den Schenkeln befahl.

      Uto fiel es auf. „Man muss gar keine Angst mehr haben, dass dich das Ross abwirft.“

      „Es liegt an der Stute.“

      „Solange du auf Utinga bist, kannst du auf ihr reiten, wann du willst. Ich werde es den Knechten sagen.“

      „Aber es ist Waltruts …“

      „Waltrut wird ein anderes Ross reiten.“

      Der Schmied Lantfrid war keiner, der aus Strängen von Stahl und Eisen kunstvoll Schwerter fertigte, die durch jede Rüstung schnitten. Auch kamen aus seiner Werkstatt keine Gürtelschnallen von Gold und Bronze mit fadendünnen Zeichnungen darauf. Er schmiedete Nägel und Messer aus Eisen, einfache Waffen und Werkzeuge. Das war einträglich, denn von all dem brauchte jeder so viel, wie er sich leisten konnte. Lantfrid besaß den größten Hof von Ardinga, mit einem schmuckreichen Balken über dem Eingang und weiß gekalkten Häusern.

      Isanpert sah ihn in einem Grubenhaus den Hammer schwingen, die Schlacke aus dem glühenden Metall austreiben, ihm die gewünschte Gestalt geben. Gehilfen und Knechte umstanden den Schmied. Einer reichte die Werkzeuge, zwei pressten mithilfe von Blasebälgen Luft in den Lehmofen, um die fürs Schmelzen des Eisens nötige Hitze zu erhalten. Andere kümmerten sich um den Nachschub an Holzkohle und Erz.

      Das Eisenerz wurde in einem weiteren Ofen gewonnen, erklärte Uto, in einem anderen Grubenhaus. Isanpert hörte nur halb hin. Er ließ seine Blicke wandern. Er war neugierig auf die Augen, von denen Olko gesprochen hatte.

      Als Lantfrid mit seinem Werk zufrieden war, schwitzend in den Nieselregen hinaustrat, benachrichtigte ihn ein Knecht von Utos Kommen. Er begrüßte die Besucher und führte sie in ein Haus, wo fertige Waren lagerten.

      Isanpert sah Hammerköpfe und Nägel, Kellen und Kessel, Spatenblätter und Hakensicheln, Saxe mit scharfen Klingen und Ringe für Brünnen. Eine Schar Krieger hätte man ausstatten können. Lantfrid kannte die Waffen auseinander, die er geschmiedet hatte. Er griff nach einem bestimmten Sax und hielt ihn Uto entgegen.

      In seiner Hand sah der Sax klein aus. Lantfrids Arm war so dick wie Isanperts Oberschenkel, die Waffe ein wenig kürzer als die meisten Schwerter. „Kommt mit nach draußen, damit ihr im Licht seht, wie glatt die Klinge ist.“, sagte er.

      Sie stritten über den Preis. Der Schmied forderte mehr als vereinbart, da er mehr Arbeit gehabt habe und das Schwert besonders gut gelungen sei. Uto sagte, er werde im Gegenteil weniger zahlen als ausgemacht. Der Schmied habe Erz eingespart. Ein kleiner Sax könne nicht mehr kosten als ein großer.

      Obwohl es nieselte, verhandelten sie im Hof. Lantfrid schwitzte und war froh, sich ein wenig abkühlen zu können. Uto machte es nichts aus, Isanpert aber schlüpfte wieder nach drinnen.

      Er besah die fertigen Eisenwaren. So manches Stück wirkte trüb und grob. Es musste noch gefeilt und geputzt werden, bis es glänzte. Isanpert fuhr mit dem Finger darüber.

      „Suchst du etwas?“

      Das Mädchen konnte nur die Tochter des Schmiedes sein. Blaue Augen funkelten unter langen schwarzen Haaren.

      „Ich habe noch nie so viel Eisen auf einmal gesehen“, sagte Isanpert.

      „Fass