Bruno Giordano

Austreibung des triumphierenden Tieres


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die auf dem Felde der Gerechtigkeit, der Barmherzigkeit, der gerechten Kriegführung, der würdigen Belohnung ihres Amtes walten, die sich mehr bemühen, geliebt als gefürchtet zu werden, und sich hier mit der Sicherheit, der Seelenruhe und deren Angehörigen trösten. Mit der Jungfrau streben sich die Enthaltsamkeit, Züchtigkeit, Keuschheit, Bescheidenheit, Schamhaftigkeit, Ehrbarkeit zu vereinigen, die auf dem von der Schamlosigkeit, Unenthaltsamkeit und anderen Müttern feindlicher Familien gemiedenen Felde der Reinheit und Ehre triumphieren. Die Wage ist das Sinnbild der Billigkeit, Gerechtigkeit, Dankbarkeit, Erkenntlichkeit, Achtung und anderer Gefährten, Beamten und Gefolgsleute, die sich auf dem dreifachen Felde der Verteilung, des Tausches und Rücktausches bewegen, auf das die Ungerechtigkeit, der Undank, die Unerkenntlichkeit, die Anmaßung und andere ihrer Gefährtinnen, Töchter und Dienerinnen keinen Fuß setzen.

      Wo der Skorpion seinen gebogenen Schwanz krümmte und seine Scheren ausstreckte, erscheinen jetzt nicht mehr der Betrug, der ungerechte Beifall, die erheuchelte Liebe, die Täuschung, der Verrat, sondern die entgegengesetzten Tugenden, die Töchter der Redlichkeit, Aufrichtigkeit, Wahrheit, die auf den Gefilden ihrer Mütter verweilen. Wir wissen, daß der Schütze das Sinnbild der Betrachtung, des Studiums, des guten Vorsatzes und ihrer Gefolgsleute und Diener war, die sich das Feld des wahren und guten zum Schauplatz ihrer Tätigkeit gewählt haben, um den Verstand und Willen zu bilden und die eitle Unwissenheit und die verächtliche Nachlässigkeit weit weg zu verbannen. Dort, wo noch jetzt der Steinbock haust, habe ich die Einsamkeit, die Ungestörtheit, die Sammlung und andere Mütter, Gefährtinnen und Mägde gesehen, die sich auf das Feld der Unabhängigkeit und Freiheit zurückziehen, auf das sich die Unterhaltung, die Verabredung, die Gerichtsverhandlung, die Geselligkeit nebst anderen ihrer Angehörigen, Kindern, Gefährten und Dienern nicht hingetrauen. Auf dem Platze des feuchten und unmäßigen Wassermanns habe ich die Mäßigkeit erblickt, die Mutter vieler und unzähliger Tugenden, die sich namentlich hier zeigt, samt der Bildung und Höflichkeit, ihren Töchtern, aus deren Gebiete die maßlose Leidenschaft nebst dem ungesitteten, rauhen Benehmen und der Barbarei entweicht. Dorthin, von wo zusamt dem unwürdigen Schweigen, dem Neid gegen die Weisheit, der Vorenthaltung der Wissenschaft, die sich auf dem Felde des Menschenhasses und der Geistesarmut breit machen, die Fische verdrängt worden sind, sind das würdige Schweigen und die Zurückhaltung versetzt worden, die sich auf dem Felde der Klugheit, Verschlossenheit, Geduld, Mäßigung und anderer Tugenden bewegen, und vor denen die Gesprächigkeit, Vielrednerei, Schwatzhaftigkeit, Albernheit, Possenreißerei, Schauspielerei, Leichtfertigkeit, Sinnlosigkeit, Klatschsucht, Prozeßsucht, Verleumdung entfliehen. Wo sich der Walfisch im trocknen befand, ist nunmehr die Seelenruhe anzutreffen, die auf dem Felde des Friedens ein ungestörtes Dasein führt, nachdem von dort der Zorn, die Verwirrung, der Kummer, Unruhe und andere ihrer Genossen und Geschwister vertrieben worden sind. Dorthin, von wo der göttliche und wunderbare Orion samt der Betrügerei, der Ränkesucht, der zwecklosen Höflichkeit, der leeren Wundersucht, der Gaukelei, Taschenspielerei und Gaunerei winkt, die als Führer, Leiter und Pförtner der Prahlerei, der Ruhmredigkeit, der widerrechtlichen Besitzergreifung, der Räuberei, der Fälschung und vielen anderen Lasten dienen, auf deren Gebieten sie sich bewegen, wird der Kriegsdienst gegen die ungerechten – sichtbaren wie unsichtbaren – Mächte erhoben, der sich auf dem Felde der Seelengröße, Tapferkeit, Vaterlandsliebe, Wahrheit und zahlloser anderer Tugenden abmüht. Wo sich noch jetzt das Phantasiegebilde des Flusses Eridanus zeigt, ist etwas hohes, edles anzutreffen, von dem wir bei anderen Gelegenheiten sprechen wollen, da der erhabene Gegenstand nicht in unsere jetzige Untersuchung hineinpaßt. Dort, von wo der flüchtige Hase mit der grundlosen Furcht, der Feigherzigkeit, dem Schrecken, dem Mißtrauen, der Verzweiflung, dem falschen Verdachte und anderen Söhnen und Töchtern der Zaghaftigkeit und Unwissenheit, bemerkt man die Scheu, die Tochter der Klugheit und der Überlegung, die Dienerin des Ruhms und der wahren Ehre, die sich auf allen Gebieten der Tugend bewähren können. Dorthin, wo, im begriff, dem Hasen nachzurennen, der große Hund seine Glieder hingestreckt hat, steigt die Wachsamkeit, die Sorgfalt, die Vaterlandsliebe, die Beaufsichtigung der häuslichen Geschäfte, der Tyrannenmord, der Eifer, die heilsame Predigt, die sich auf dem Felde der natürlichen Klugheit und Gerechtigkeit aufhalten, und mit dem Hunde steigen die Jagd und andere rohe und brutale Beschäftigungen herab, die nach Jupiters Willen für heroisch gelten sollen, obgleich sie sich auf dem Felde der Schurkerei, Brutalität und Schlächterei bewegen. Der kleine Hund nimmt die Liebedienerei, die Schmeichelei und den knechtischen Gehorsam samt ihren Gefährten mit sich nach unten, und dafür steigen die Verträglichkeit, die Vertraulichkeit, die Freundlichkeit, die Liebenswürdigkeit empor, die auf dem Felde der Dankbarkeit und Treue verweilen. Von wo das Schiff zusamt der niedrigen Habsucht, dem betrügerischen Handel, dem schmutzigen Gewinn, der auf dem Meere herumschweifenden Seeräuberei und anderer schändlichen und meistenteils tadelnswürdigen Genossen ins Meer zurückkehrt, dort lassen sich die Freiheit, die dienstfertige Gemeinschaft, die rechtzeitige Fürsorge, der nützliche Vertrag, das Reisen zu würdigen Zwecken, die einträgliche Güterbeförderung samt ihren Brüdern, Begleitern, Steuerleuten, Ruderern, Soldaten, Wachen und anderen Dienern, die sich auf dem Felde des Glückes hemmtummeln, nieder. Wo die südliche Schlange, Hydra genannt, sich dehnt und streckt, dort lassen sich die behutsame Vorsicht, die verständige Beurteilung, die kräftige Männlichkeit blicken; dafür sinken herab die Erstarrung und das Kindischwerden des Alters, nebst der Hinterlist, dem Neide, der Zwietracht, der Verleumdung und anderen ihrer Gefährten. Wo der Rabe mit seinem schwarzen Gefieder, seinem heiseren Krächzen, seiner schändlichen, zigeunerhaften Neigung zum Diebstahle, seiner lästigen Streitsucht, seiner blinden Geringschätzung, seiner Nachlässigkeit im Dienste, der Hintansetzung seiner Pflichten und seiner gierigen Gefräßigkeit verschwunden ist, dort tritt an seine Stelle die göttliche Magie nebst ihrer Tochter, der Weissagung, und ihren Dienerinnen und Mägden, unter denen die Auslegung der Vorbedeutungen die erste und oberste Stelle einnimmt und die sich auf dem Felde der Kriegskunst, der Gesetzgebung der Religion und des Priestertums mit gutem Erfolge zu bewähren pflegen. Wo sich mit der Schlemmerei und Trunksucht der Becher zeigte, samt jener Menge von Dienerinnen, Gefährtinnen und Angehörigen, dort erblickt man die Enthaltsamkeit, dort die Nüchternheit und Mäßigkeit der Lebensweise samt ihrer Regelmäßigkeit und ihren Bedingungen. Wo der halbgöttliche Centaur verweilt und in seinem Heiligtum thront, stellen sich das göttliche Gleichnis, das heilige Geheimnis, die moralische Erzählung, das göttliche, heilige Priestertum ein; es sinken herab und werden verbannt die nichtige und unsittliche Erzählung, samt ihren törichten Vergleichungen, ihren leeren Analogien, ihren geheimnisvollen Andeutungen, ihrer albernen Bibelerklärung und nichtssagenden Bildersprache, mit ihren trügerischen Versammlungen, ihren schmutzigen Zusammenkünften, ihren aufrührerischen Sekten, unklaren Graden, angeordneten Orden, verschlechternden Reformen, unsauberen Reinigungen, säuischen Läuterungen und den niederträchtigsten Betrügereien, die sich auf dem Felde der Habsucht, der Anmaßung und des Ehrgeizes bewegen, auf denen die scheel blickende Bosheit die Herrschaft führt, und blinde, krasse Unwissenheit gepflegt wird.

      Bei dem Altare befindet sich die Religion, die Frömmigkeit und der Glaube; auf seinem östlichen Flügel sinken die Grausamkeit mit all ihren Torheiten und der Aberglaube mit all den zugehörigen Dingen, Dingelchen und Sächelchen herab, auf dem westlichen Flügel stürzen der gottlose Unglaube und der wahnwitzige Atheismus in den Abgrund. Wo die südliche Krone funkelt, dort weilen die Belohnung, die Ehre und der Ruhm, die nicht die Früchte anstrengungsreicher Tugenden und tugendhafter Anstrengungen sind, sondern die von der Gunst der genannten himmlischen Mächte abhängt. Wo der südliche Fisch verschwindet, dort herrscht der Genuß der schon genannten ehren- und ruhmvollen Früchte, dort die Freude, dort flutet der Strom der Wonne, die Woge der Lust, dort wird Erquickung gewonnen, dort

      »Nährt sich die Seele von so edler Speise,

      Daß sie den Göttern nicht den Nektar neidet.«

      Hier ist das Ende der stürmischen Meerfahrt, hier das weiche Lager, hier der erquickende Schlummer, hier die sichere Ruhe.

      *

      Erster Dialog.

      Unterredner:

      Sofia. Saulino. Siehe Einleitung, Fußnote im letzten Abschnitt. Mercurio.

      Sofia. Wenn also die Körper, die Materie und das Seiende nicht der Veränderung, der Mannigfaltigkeit