Christian Leukermoser

Purgatory - Wiedergeburt


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im letzten Moment vom Himmel gefegt.

      Plötzlich wimmelte es in der Luft von Flugzeugen. Da waren Jäger und unzählige Shuttles, aus denen Massen von Soldaten außerhalb des Schirms absprangen und sich ihnen näherten. Neuerlich setzte ein Shuttle der SAS Unicorn zur Landung an und öffnete seine Türen.

      Die Zivilisten stürmten darauf zu und drängten hinein. Einige blieben zurück. Auf dem Boden lagen mehrere Tote. Doch nicht viele, wenn man die Menge an Menschen bedachte, die sich gerade noch hier auf dem Platz gedrängt hatte.

      Ein weiteres Shuttle landete und bot nun genug Raum, um auch den Rest der Leute aufzunehmen.

      Aaliyah ging hinter der Umrandung der Landefläche in Deckung und zielte mit ihrem Gewehr. Erste Kugeln fanden ihr Ziel, aber der Feind war ihnen zahlmäßig überlegen.

      »Alle Mann zum Landeplatz. Zum Abrücken vorbereiten. Das Geschütz umprogrammieren, damit es sich selbst zerstört, wenn wir die Kontrolle darüber verlieren«, befahl sie und feuerte.

      Das letzte Shuttle mit Zivilisten hob ab und ein weiteres flog herein. Die ersten Marines betraten das Fluggerät und nahmen dabei ihren gefallenen Kameraden und die Toten mit.

      Der Feind war mittlerweile so nahe, dass die Schüsse Wirkung zeigten. Di Stefano wurde getroffen, als sie in das Shuttle hechtete, das nun nicht mehr gelandet war, sondern über der Landezone schwebte. Zum Glück verhinderte die Panzerung Schlimmeres.

      »Alle an Bord?«, fragte Aaliyah, ehe sie ihre Deckung verließ.

      Mit Dauerfeuer deckte sie ihren Rückzug, als sie sich langsam, rückwärtsgehend, dem Fluggerät näherte.

      Schließlich drehte sich Dearing um und sprang. Die Düsen, des Anzugs, gaben ihr genug Schub, um bis zum Shuttle zu springen. Doch im Flug wurde sie getroffen. Der Schild fiel aus und die Schüsse durchschlugen ihre Panzerung. Brennender Schmerz durchzuckte sie, während der Kampfanzug an Kraft verlor und zurück auf die Landeplattform stürzte.

      »Lieutenant!«, hörte sie jemanden rufen.

      »Verschwinden Sie von hier, verdammt!«, rief Aaliyah, »Das ist ein Befehl!«

      »Dearing? Dearing? Sind Sie noch am Leben?«

      Der Ausfall der Systeme hatte nicht nur dazu geführt, dass Aaliyah wie ein Stein aufgeschlagen war. Auch die Beschleunigung dabei wurde nicht abgedämpft und so war sie nach dem Aufprall in Bewusstlosigkeit versunken.

      Als sie die Augen aufschlug, befand sie sich nicht mehr auf Europa. Sie lag in einem dunklen Raum, gefesselt, auf einem Stahltisch.

      Mühsam hob sie den Kopf und blickte an sich hinab. Dearing war nackt. Ihre Haut war an zahllosen Stellen aufgerissen und hatte geblutet, allerdings hatte man die Wunden bereits wieder verschlossen. Die medizinische Behandlung schien abgeschlossen und der eher dumpfe Schmerz ließ auf ein Sedativum schließen. Warum sie nackt war, konnte sie nur erahnen. Vermutlich wussten die Mendraner nicht genau, was an Kleidung sie ihr anlassen konnten, damit sie auch weiterhin keine Gefahr darstellte. So zogen sie ihr einfach alles aus.

      Ihr Schädel brummte, dennoch versuchte sie sich, von den Fesseln loszureißen. Doch die gaben keinen Millimeter nach.

      »Dearing? Wo zum Teufel sind Sie?«

      Sie konnte die Worte deutlich hören. Offensichtlich hatte man ihr den Kommunikator nicht abgenommen. Mit einer umständlichen Verrenkung schaffte sie es, ihr Ohr zu berühren und den Kontakt zu bestätigen.

      »Hallo?«, fragte Aaliyah schwach.

      »Gott sei Dank, Sie leben noch.«

      Die Stimme Jaramagos klang tatsächlich erleichtert. Das hätte sich Dearing niemals gedacht.

      »Scheiße, Sie haben sich doch keine Sorgen um mich gemacht?«, meinte sie spöttisch.

      »Natürlich. Was glauben Sie, was das Oberkommando mit mir macht, wenn ich einen ihrer ‚Helden‘ verliere?«

      »Schluss mit den Scherzen, wo zum Teufel bin ich?«

      »Unsere Sensoren haben Sie verloren. Aber der letzte Kontakt war an Bord eines Mendraner-Shuttles. Vermutlich wollen die Sie befragen.«

      »Fuck, dabei habe ich heute so gar keine Lust auf Folter und Wahrheitsdrogen«, seufzte Dearing.

      Wie eine eiskalte Hand klammerte sich die Angst um ihr Herz. Doch sie durfte ihr nicht nachgeben. Aaliyah hatte gesehen, was die Mendraner mit ihren Gefangenen anstellten, wenn sie Informationen aus ihnen herauspressen wollten.

      Das stand ihr jedoch erst bevor. Sie musste einen kühlen Kopf behalten. Unzählige Leben hingen davon, dass sie nichts verriet.

      »Ich glaube, da kommt jemand«, sagte sie und horchte.

      Zischend öffnete sich eine automatische Tür und Dearing drehte ihr Gesicht zur Seite. Sie schloss die Augen und wartete.

      Schwere Schritte waren zu hören. Dann eine schnarrende Stimme, deren Worte wie eine Mischung aus Motorenlärm und Vogelzwitschern klang. Der Kommunikator besaß einen eingebauten Übersetzer, doch die Sprache der Mendraner war noch nicht gut genug erforscht. Nun konnten nur Brocken übersetzt werden, die nun in Dearings Kopf drangen.

      »Aufgewacht?«, konnte sie verstehen, »Befragen.«

      »Nein, schläft«, antwortete eine andere Stimme.

      »Geben Medikament aufwachen.«

      »Losmachen.«

      Warme Hände legten sich um ihre Handgelenke und die Verschlüsse knackten leise. Dann kam der erste Arm frei. Gleiches geschah auf der anderen Seite.

      »Im Arm Blut«, sagte die zweite Stimme und etwas bohrte sich schmerzhaft in ihren Unterarm.

      ‚Die wissen nicht, wo sie mir am besten die Injektion verabreichen sollen‘, dachte Dearing. Sie wartete, bis sie das Schnauben ihrer beiden Besucher nah bei sich hörte.

      Vorsichtig öffnete sie die Augen leicht. Zwei Mendraner waren über sie gebeugt. Einer stocherte mit einer Art Spritze in ihrem Arm herum, während der zweite sie festhielt. In seinem Holster baumelte eine Waffe. Langsam streckte Dearing die Hand aus.

      Auf dem Mars hatten sie einige dieser Pistolen erbeutet. Sie wusste, wie man sie entsicherte und abfeuerte.

      Mit einem Ruck hatte sie die Kanone aus dem Holster gerissen, mit dem Druck ihres Daumens entfernte sie die Verriegelung und schoss. Der Schuss war nahezu lautlos, aber das Projektil drang tief in den Oberkörper des einen Mendraners ein und dunkelbraunes Blut sprudelte hervor.

      Der Alien ging mit einem gurgelnden Laut in die Knie, während Aaliyah die Waffe hob, auf den Schädel des Zweiten zielte und abdrückte.

      Abermals war der Schuss sehr leise, das Ergebnis dafür verheerend. Der katzenartige Kopf platzte auf wie eine reife Melone und der Mendraner kippte nach hinten.

      Schnell hatte sich Dearing aufgerichtet. Sie zog das spritzenähnliche Ding aus ihrem Arm und stöhnte vor Schmerz auf. Blut sprudelte hervor, aber sie ignorierte es.

      Unter ihr erklang ein kaum hörbares Wimmern. Der erste Mendraner, den sie getroffen hatte, schien noch zu leben. Allerdings nicht mehr lange!

      Wütend öffnete sie die Fesseln an ihren Beinen und sprang von dem Untersuchungstisch. Ihre Knie wollten nachgeben, allein ihr Wille hielt sie aufrecht.

      Der Alien blickte zu ihr hoch. Einen Augenblick lang war es, als könne sie Angst in seinen Augen erkennen. Er hob die Hand, doch Dearing richtete die Waffe auf seinen Kopf und drückte ab. Die Kugel durchschlug Hand und Kopf und prallte kreischend vom metallenen Boden ab, ehe sie in einen Kasten fuhr und dort stecken blieb.

      Zitternd sah Aaliyah Dearing sich um. Es gab eine Konsole neben der Tür. Die würde ihr alle Informationen liefern, die sie benötigte. Kaum trat sie näher, reagierte der Computer und die Menüs der Steuerung wurden angezeigt.

      Aufgeregt scrollte sie durch die Anzeigen und wählte einige Bereiche an. Zwar verstand