Christian Leukermoser

Purgatory - Wiedergeburt


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gehabt und das hier war damit identisch.

      »Jaramago?«, fragte sie leise, als sie ihr Ohr berührte, um den Kommunikator zu aktivieren.

      »Dearing? Was ist passiert?«, kam die Stimme des Captains Augenblicke später zurück.

      »Hab Besuch bekommen. Aber der wollte nicht lange bleiben.«

      »Was soll das bedeuten?«

      »Ich habe jetzt eine Waffe und gerade herausgefunden, dass ich mich nur ein Deck unter der Kommandozentrale befinde. Scheiße, die haben hier wirklich den gesamten Plan des Schiffes in ihrem System. Ohne Zugriffsbeschränkungen und so aufgebaut, dass selbst ein Vollidiot ihn lesen kann. Wie kann man nur so dämlich sein?«

      Aaliyah Dearing hatte genug gesehen. Sie deaktivierte die Konsole und schaltete das Licht im Raum ein. Tatsächlich befand sich über dem Untersuchungstisch ein Einlass der Luftsteuerung.

      Erst in diesem Moment wurde ihr klar, dass sie noch nie auf einem Schiff der Mendraner gewesen war. Interessanterweise unterschied es sich nur wenig von den Schiffen der Menschen, zumindest im Inneren.

      »Konnten Sie rausfinden, in welchem Quadranten Sie sind?«, fragte Captain Jaramago.

      Im Hintergrund waren Alarmsirenen zu hören.

      »Noch nicht. Was zum Teufel ist bei Ihnen los?«

      »Mehrere feindliche Kreuzer sind aufgetaucht und nehmen die Flotte unter Beschuss.

      Ausweichen!

      Passen Sie auf die Trümmer auf!

      Feuer erwidern!«

      Die Verbindung wurde unterbrochen.

      Aaliyah Dearing verriegelte die Tür und sprang auf den Tisch. Mit dem Griff der Waffe hieb sie gegen die Lüftungsabdeckung. Ein Schlag genügte und sie war locker. Ohne Probleme konnte sie den Deckel zur Seite schieben und kroch in den schmalen Lüftungsgang. Durch den Plan wusste sie, dass es in wenigen Metern eine Abzweigung gab, wo der Gang in einen Schacht führte. Dieser zog sich durch das gesamte Schiff.

      »Verdammt, die nehmen uns auseinander!«, hörte sie in ihrem Kommunikator.

      »Scheiße, Jaramago, was ist los?«

      »Ich habe jetzt keine Zeit für Sie!«, kam zurück.

      Im gleichen Augenblick wurde das leise Brummen der Generatoren des Raumers lauter. Vermutlich wurden die Schilde belastet und mehr Energie war notwendig geworden.

      Dearing gelangte in den Schacht und fand dort völlig unerwartet in die Wände eingelassene Griffe, die man wie eine Leiter benutzen konnte. Offenbar war er für die Wartungstrupps des Raumschiffs ausgelegt, die von hier aus die unterschiedlichen Decks erreichen konnten, auch wenn die Lifte nicht mehr funktionierten.

      ‚Die machen es mir fast zu leicht‘, dachte sie und stieg weiter nach oben.

      Nach kurzem Aufstieg erreichte sie das Ende des Schachtes und drei davon abzweigende Gänge. Wenn sie sich nicht irrte, dann musste sie den linken davon nehmen, um in die Kommandozentrale zu gelangen.

      Vorsichtig krabbelte sie hinein. Das Metall hatte ihre Knie aufgescheuert. Die Waffe hielt sie mit den Zähnen, um sich besser bewegen zu können. Nach wenigen Metern gelangte sie an ein schmales Lüftungsgitter, das seitlich in einen Raum mündete. Licht drang in den dunklen Tunnel und Aaliyah blickte hinaus.

      Sie sah etwas, dass an ein Cockpit erinnerte. Drei Mendraner saßen in bequemen Stühlen, die in einem Dreieck aufgestellt waren und fuchtelten mit ihren Händen scheinbar sinnlos in der Luft umher. Dearing wusste, dass die Helme, die sie trugen, ihnen alles anzeigten, was wichtig war, um das Schiff zu steuern.

      Vorsichtig drückte sie gegen das Gitter. Es war verschraubt und ließ sich nicht so einfach öffnen. Doch die Schrauben waren in Reichweite. Mit ihren Fingern griff sie durch die Öffnungen und drehte die Verschlüsse auf. Nach wenigen Augenblicken konnte sie das Metall lösen und es kippte nach außen. Leise legte Dearing es auf den Boden und streckte den Kopf hinaus.

      Die Tür zum Cockpit war geschlossen. Nur sie und die drei Piloten befanden sich in dem Raum, der drei große Fenster besaß, die ihnen einen Blick auf den Weltraum um das Schiff herum ermöglichten.

      Noch hatten sie Dearing nicht bemerkt und die war von dem Anblick gebannt. Vor ihr glänzte die Oberfläche von Europa, während in der Umgebung kleine Sonnen zu entstehen schienen und gleich wieder vergingen. Eine Schlacht tobte hier, doch wer die Oberhand hatte, wusste sie nicht.

      Es war Zeit zu handeln. Nun konnte sich Aaliyah keine Angst mehr leisten. Es stand zu viel auf dem Spiel. Aus ihren Erfahrungen auf dem Mars wusste sie, wie sie Türen der Mendraner manipulieren konnte.

      Sie schlich näher heran, hoffend, dass der Sensor nicht reagierte, und erreichte ein kleines Terminal. Schnell hatte sie es aktiviert und die Tür verriegelt. Dann trat sie einige Schritte zurück, hob die Waffe und schoss.

      Teile des Displays wurden in die Luft geschleudert und ritzten in ihre Haut. Schmerzhaft wurde Dearing bewusst, dass sie immer noch vollkommen nackt war. Aber auch für Schmerz war nun keine Zeit.

      Sie wirbelte herum. Natürlich hatten die Piloten den Schuss gehört, doch Dearing war schneller. Drei Mal drückte sie ab. Drei Projektile verließen den Lauf. Drei Feinde sanken getroffen in ihren Sitzen zusammen.

      Aaliyah warf die Waffe zu Boden. Sie würde sie nun nicht mehr brauchen. Angewidert zog sie einen der Mendraner aus seinem Sitz, zog seinen Helm ab und ließ die Leiche einfach fallen.

      Seufzend nahm Dearing seinen Platz ein und setzte den Helm auf. Unzählige Symbole wurden erkennbar, dazu noch etwas, das einem Steuerknüppel sehr ähnlich sah. Vorsichtig griff sie nach vorne und bewegte ihre Hand über der virtuellen Darstellung.

      Die Nase des Raumschiffes senkte sich tatsächlich, wie sie daran erkennen konnte, wie sich der Ausschnitt von Europa im rechten Fenster veränderte. Sie neigte den Kopf zur Seite und drückte ihr Ohr gegen die Innenseite des Helms.

      »Jaramago? Hören Sie mich?«

      »Dearing?«, kam zurück.

      Im Hintergrund heulten Alarmsirenen. Menschen schrien durcheinander. Es schien das totale Chaos zu herrschen.

      »Ja. Jaramago, ich habe die Kontrolle über das Schiff, auf dem ich mich befinde, übernommen.«

      »Schön für Sie. Versuchen Sie, es auf Europa zu landen und hoffen Sie, dass wir diese Schlacht überleben. Aber es sieht gut aus. Nur noch zwei Kreuzer, dann sind wir durch.

      Scheiße, was ist das?«

      Die Verbindung wurde kurz unterbrochen, dann meldete sich der Captain wieder.

      »Die Chancen sind gerade gesunken. Da kommt ein riesiges Schlachtschiff auf uns zu. Beten Sie für uns. Und viel Glück Dearing.«

      Aaliyah blickte aus dem Fenster. Erst jetzt bemerkte sie den riesenhaften Schatten neben sich, der, in enger Formation, mit ihrem Schiff auf die Schlacht zusteuerte.

      Noch nie hatte sie so ein gigantisches Raumschiff gesehen. Selbst von hier aus wirkten die ausgefahrenen Geschütze gewaltig. Die Menschen hatten keine Chance gegen diesen Riesen.

      »Jaramago, ich glaube, ich sehe Sie«, sagte Aaliyah, »Die Flotte nimmt gegen das Schlachtschiff Aufstellung, habe ich recht.«

      »Genau. Sind Sie auf dem Schlachtschiff?«

      »Nein, das hier ist kleiner. Ein Kreuzer oder so etwas.«

      »Wir haben mehrere Schiffe auf dem Schirm. Sie sind Begleitschutz von dem riesigen Kahn und fliegen offenbar unter dem Schild des Schlachtschiffs. Versuchen Sie, ein Shuttle zu erreichen, wir werden bald das Feuer eröffnen.«

      »Dafür ist es zu spät. Außerdem können Sie das Riesending damit nicht aufhalten. Das Teil ist größer als unsere gesamte Flotte zusammen«, meinte Dearing.

      »Dann gehen wir mit fliegenden Fahnen unter«, antwortete Jaramago verbissen.

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