Christian Leukermoser

Purgatory - Wiedergeburt


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seinen Träumen. Auch, seit er wusste, um wen es sich dabei gehandelt hatte.

      Bereits zu Lebzeiten war Aaliyah Dearing eine Legende gewesen. Doch mit ihrem Tod wurde sie endgültig unsterblich.

      Ihr war es gelungen, im Alleingang ein Superschlachtschiff und zwei Kreuzer zu zerstören und damit die Flotte der Allianz zu retten.

      Die Medien hatten davon berichtet und schon nach wenigen Monaten wurden Plätze und Straßen nach ihr benannt. Und nicht nur das. Das Militär und die Regierung setzten auf ihren Ruf, um Geld zu lukrieren und Rekruten anzuwerben.

      Den Menschen gab die Erinnerung an sie Hoffnung. So kannten selbst heute noch, mehr als dreißig Jahre später, kleine Kinder den Namen Aaliyah Dearing und wussten um ihre Verdienste.

      »Lieutenant Dearing starb während eines Einsatzes, über den die Militärführung eine strikte Informationssperre erlassen hat. Nur ihre letzte Tat ist bekannt.

      Als Gefangene auf einem Schiff der Mendraner gelangte sie bis ins Cockpit und übernahm die Kontrolle über den Kreuzer. Es gelang ihr, das Superschlachtschiff damit zu rammen und zu zerstören.

      Dabei fand sie den Tod und stürzte mit den Resten der Schiffe und Tausenden Mendranern auf dem Mond Europa ab.

      Archäologen entdeckten dort vor zehn Jahren Knochenfragmente, die man ihr zweifelsfrei zuordnen konnte, sowie die Blackbox. Diese war ihr als einer der wenigen Personen testweise und so berichten Gerüchte, ohne ihr Wissen, eingesetzt worden.

      Mit der gefundenen DNA und den Daten der Blackbox will PHIMA sie nun wieder ins Leben zurückbringen.«

      Branko Enzegowic seufzte leise. Niemand in der Bahn nahm von ihm Notiz. Die meisten der Fahrgäste sahen vermutlich selbst gerade die Übertragung. Es wunderte keine Menschenseele.

      PHIMA, vormals Pheron International Mining Association, heute Pheron Interstellar Mining Association, war der mächtigste Konzern der Allianz, wenn nicht gar in der gesamten, bekannten Galaxie.

      Pheron unterhielt Minen auf Hunderten von Welten und Asteroiden, doch sie beschränkten sich nicht nur auf den Abbau und Handel von Rohstoffen. Mittlerweile gab es wohl keinen Bereich des täglichen Lebens mehr, in dem das Unternehmen seine Finger nicht im Spiel hatte.

      Pheron produzierte Pharmazeutika genauso wie Spielzeug, Nahrung, Gleiter und Waffen. Und das nicht nur innerhalb der Allianz. PHIMA Produkte konnte man auf nahezu allen bekannten Welten finden, egal ob nun von den Menschen besiedelt oder in der Hand einer anderen Rasse.

      Diese Macht war Branko Enzegowic ein Dorn im Auge. Lange Jahre war er selbst Angestellter, doch der Umgang des Konzerns mit Mitarbeitern, ließ ihn zu einem Kritiker, wenn nicht gar Feind des Unternehmens werden.

      PHIMA war nicht gerade für seine schonende beziehungsweise unterstützende Zusammenarbeit mit Untergebenen bekannt. Oder gar, sich auf Widerspruch einzulassen. Die PHIMA unterhielt die größte Privatarmee der Galaxie. Sie löste für sie Konflikte, Streiks und mischte sich sogar in Kriege und Umstürze ein, wenn die Seite, auf die sie sich stellten, dem Konzern dafür Konzessionen versprach.

      Das ausgerechnet diese Firma nun so viel Geld in die Wiedererweckung einer Kriegsheldin investierte, musste einen Grund haben, doch Branko hatte keinen Verdacht wohin das führen sollte.

      »Die Ärzte leiten gerade den letzten Prozess der Wiederbelebung ein. Das muss gleichzeitig mit dem Upload der Erinnerungen geschehen, sonst würde das Gehirn innerhalb von Minuten ein eigenes Bewusstsein entwickeln«, erklärte die Reporterin.

      Sie blickte über ihre Schulter. Im Operationssaal war Hektik ausgebrochen. Etwas musste schief gelaufen sein. Mit offenem Mund starrte Branko auf das kleine, dreidimensionale Bild, ehe es plötzlich schwarz wurde und die Verbindung abriss.

      »Das ist eine Katastrophe! Wie konnte es dazu kommen?«

      Stephen J. Lyle wirkte alles andere als glücklich. Der Vorstandsvorsitzende der PHIMA blickte auf den kleineren Mann im Raum hinab.

      Doktor Ravindran Simhan lehnte erschöpft an einem der Metalltische und starrte der dreidimensionalen Projektion seines Chefs in die Augen. Seit beinahe achtzehn Stunden war er nun bereits im Operationssaal. Sie standen so dicht vor der Wiederbelebung. Doch dann ging es schief.

      »Wir konnten nichts machen«, erklärte er achselzuckend, »Ich habe Sie darauf hingewiesen, dass manche menschliche Gehirne auf die Übertragung aus der Blackbox mit Abwehr reagieren.

      Dearing hat heftig reagiert. Heftiger als jedes andere Individuum, mit dem wir bisher experimentiert hatten.«

      »Welche Chancen auf einen erfolgreichen Abschluss haben wir?«

      »Sie verstehen das nicht, Mr. Lyle«, antwortete Ravindran Simhan ruhig, »Dearings Klon ist tot. Das Gehirn ist nur noch eine graue Masse ohne Funktion. Der Körper beginnt abzusterben. Wir haben verloren.«

      »Dann müssen wir einen neuen Klon erschaffen. Es gibt doch mehrere Embryonen, oder?«, fragte Lyle nach, der sich nicht geschlagen geben wollte.

      »Ja, aber keiner davon war so perfekt wie dieser. Wir haben einige mit Krebs, andere mit Verkrüppelungen, nur dieser war frei von Krankheiten. Das Zellmaterial war zu schlecht und dieser Klon ein Glückstreffer mit einer Chance von eins zu einhundert. Dazu kommt, das das System der Blackbox eine heute beinahe unbekannte Technik ist. Nach der Öffnung beginnt sich der Datenspeicher zu zersetzen. Das geht rasend schnell. Das Projekt ist gescheitert.«

      »So einfach gebe ich nicht auf Doktor Simhan und ich erwarte das auch von Ihnen. Dearing ist wichtig für das Unternehmen. Mit ihrer Hilfe können wir die Separatisten auf dem Mars und auf allen anderen Kolonien in die Schranken weisen.

      Denken Sie doch, welche Publicity eine lebende Aaliyah Dearing bedeutet. Welches Licht, das auf uns wirft.

      Wir haben den Tod besiegt und eine Heldin wiedererweckt. Eine Heldin der Menschen, die auch bei anderen Spezies einen hohen Stellenwert besitzt. Unsere Aktien werden in unbekannte Sphären steigen und dazu können wir dann über eine Lichtgestalt verfügen, die wir unter Kontrolle haben. Was für eine Anführerin für unsere Truppen.«

      Das Hologramm hob den Kopf und starrte sinnierend an die Decke. Doktor Simhan wagte nicht, etwas darauf zu erwidern. Es gab für ihn nur eine Möglichkeit, Dearing zu retten.

      »Wir müssen neue Klone erschaffen«, schloss der Vorstandsvorsitzende, doch der Doktor schüttelte den Kopf.

      »Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass das nicht möglich ist. Die Blackboxes besitzen äußert empfindliche organische Speichermedien. Bereits jetzt beginnen sich die Daten zu zersetzen, in zwei Stunden sind sie unbrauchbar und dann für immer verloren. Wir müssen jetzt handeln und können keine fünf Jahre auf einen neuen, ausgewachsenen Klon warten.«

      »Was schlagen Sie dann vor?«

      »Es gibt nur noch eine Möglichkeit«, meinte Ravindran Simhan, »Wir müssen sie in einen anderen Körper transferieren.«

      »Und woher bekommen wir den so schnell?«, fragte Stephen J. Lyle wild gestikulierend.

      »Wir arbeiten parallel am Projekt Trojan Horse«, fuhr der Doktor fort, »Der Plan ist eine Führungspersönlichkeit in eine fremde Kultur einzuschleusen und dort die Macht zu übernehmen. Dazu wollten wir einen lebenden Körper, mit einer von uns entwickelten und kontrollierten virtuellen Intelligenz ausstatten. Im Gegensatz zu einer künstlichen Intelligenz hätte sie damit kein eigenes Bewusstsein, wäre aber lernfähig und natürlich unbedingt loyal.«

      »Ich weiß, was denken Sie, wer den Denkanstoß zu diesem Projekt gegeben hat.«

      »Verzeihung. Also, es gibt einen Körper, der zur Zeit zur Einpflanzung vorbereitet wird. Dieser besitzt noch ein Gehirn und wäre grundsätzlich dafür geeignet. Auch ist der Körper weiblich, doch das Aussehen ist leider weit entfernt von dem Aaliyah Dearings.«

      »Sie sehen das als letzte Möglichkeit? Was ist das für ein Körper?«, fragte Lyle nach und kratzte sich nachdenklich am Kinn.

      »Es ist eine