Visitenkarte hervor, schrieb meine Handynummer auf die Rückseite und sagte: „Mein Name ist Ruth. Das ist meine Adresse, und meine Handynummer.“
Er nahm die Karte ohne seinen Blick von mir zu wenden und fragte verlegen: „You will send me? Maybe you come back again?“
“Vielleicht? Nein Sady, bestimmt!” Versicherte ich und er strahlte. Dann fielen mir die beiden Kondome ein, die schon ewig nutzlos in meiner Handtasche ruhten, fischte sie heraus, und drückte ihm diese kommentarlos in die Hand.
Er schüttelte verwundert den Kopf: „ No, I dont need it.“
Ich nickte bestimmt: „Doch, nimm. Es waren deine letzten.“ Nachdem er mich zum Abschied geküsst hatte, ging ich schnell.
Ich fühlte mich leicht, wie von einer Last befreit und ein wenig traurig, abreisen zu müssen.
Mein hektisches Kofferpacken und duschen wurde zweimal unterbrochen. Der Boy wollte mein Gepäck holen, und die Rezeption rief an, wann ich denn das Zimmer räumen werde. Endlich war ich fertig. Hastig rannte ich in die Halle, beauftragte die Rezeption, mein Gepäck holen zu lassen, bezahlte per Scheckkarte die Getränkerechnung, dann ging ich zum Pool Restaurant. Eben eine Kleinigkeit essen, mein Magen rebellierte laut und deutlich.
Schon von weitem sah ich Sady. Er stand an der Poolbar mit einem Kollegen. Zögernd steuerte ich auf die Tische zu, unsicher wie er sich verhalten würde. Befürchtete vor den Kellnern bloßgestellt zu werden. Sollte ich umkehren? Zu spät, er hatte mich schon entdeckt. Mir blieb keine Wahl. Ich musste da durch, komme was wolle. Als ich auf ihn zukam, reichte er mir artig die Hand, wünschte mir eine gute Reise. Wie einer Fremden. Dann ging er.
Enttäuscht sah ich ihm nach. `Eben noch gepoppt, jetzt so kalt? Welch eine Mentalität haben diese Männer? Bin ich ein altes Handtuch? Benutzt, beschmutzt und weggeworfen? Selber schuld. Dreifache Mutter und Großmutter, und benimmst dich wie eine läufige Hündin. Schäm dich. Was erwartest Du? Liebe? Ach, Schwamm drüber. Vergiss es.´
Nach dem kleinen Imbiss fühlte ich mich besser, der Bus musste gleich kommen. Ich war kaum in der Halle, der Bus fuhr vor. Während der Fahrer mein Gepäck verstaute, ließ ich mich in einer freien Sitzreihe nieder.
Mein Handy piepste zweimal. Na nu, ne SMS? Jetzt? Von wem? Ich öffnete die Nachricht, glaubte meinen Augen nicht zu trauen. Nachricht von Sady. „ I wash you a nic trap, dont forget me. Sady” Ich strahlte vor Glück.
Schnell leitete ich die Nachricht an Rabea weiter, schrieb hinterher: `Verstehe ich nicht, was meint er?´
Umgehend kam die Antwort: `Wer ist Sady? Was soll das sein? Englisch? Ich denke: Er wünscht dir eine schöne Reise. Und du sollst ihn nicht vergessen. Was hast du angestellt, Mama?´
Antwortete: `Mein Urlaubs – Quicki! Der Hotel – Masseur! Ganz Süss, schätze ihn auf circa 21/22. Erzähl ´s dir zu Hause. Küsschen´
Während des ganzen Fluges war ich überglücklich. Konnte mich weder auf lesen, noch auf den Spielfilm konzentrieren. Ich träumte von Sady. `Ja, Sobeih, wer zu erst kommt, mahlt zu erst.
War ich verliebt? Ich hätte es nicht sagen können. Eines aber wusste ich genau, diese Reise war dringend wiederholungsbedürftig.
Als ich in Düsseldorf am Gepäckband stand, mein Handy einschaltete, piepste es erneut. Ich öffnete die Nachricht und las: „Welcom back in Garmany. Sady“ Am liebsten hätte ich vor Glück laut gejauchzt.
Rabea und Renee standen zur Abholung bereit. Während die Kleine mich freudig begrüßte, fragte mein Sohn schmunzelnd: „Na Mutsch, war ´s schön in Ägypten?“
„Toll!“ strahlte ich wahrheitsgemäß, „wirklich schön! Da musst du unbedingt mal Urlaub machen.“
Er grinste ironisch, wollte wissen: „Und was soll ich mit `nem 21jährigen Masseur?“
„Blödmann,“ war alles, was mir in meiner Verblüffung einfiel, dabei warf ich Rabea einen strafenden Blick zu.
„Ich kann nichts dafür, Mama,“ verteidigte sich die Kleine, „Renee hat es gelesen. Er stand hinter mir, als deine Nachricht kam. Ich hab nichts gesagt.“
„Vergiss es. Schwamm drüber. Bin schließlich alt genug, um zu wissen, was ich tue.“ Beendete ich, leicht verärgert das Thema.
„Bist du sicher?“ frotzelte Renee. Ich verzichtete auf eine Antwort.
Auf meine Kinder konnte ich, zu Recht, stolz sein. Obwohl ich geschäftlich nie die üblichen einfachen Wege gegangen, immer in der halbseidenen Welt zu Hause gewesen war, hatte ich es irgendwie geschafft, meine Kinder zu soliden, rechtschaffenen Menschen zu erziehen. Dass sie äußerlich sowie charakterlich grundverschieden waren, lag daran, dass sie von verschiedenen Vätern stammten.
Während Renee der typisch blonde Deutsche, grünäugig und von normaler Größe war, mit einer kleinen Brille, die ihm einen seriösen Touch verlieh, war die Kleine mit ihren langen dunklen Haaren, dem samtbraunen Teint, mit ihren 18 Jahren schon ein Rasseweib. Das Erbe ihres italienischen Vaters war unübersehbar.
Schon im Kindesalter war es kaum jemanden möglich, dem lausbubenhaften Charme meines Sohnes zu widerstehen. Dies wusste der süße Bengel immer zu seinem Vorteil zu nutzen, in dem er es in bare Münze umwandelte. Auch bis dato präsentierte er für Gefälligkeiten stets schnell die Rechnung. Allerdings muss man ihm zugute halten, dass er bereit war, für seine materiellen Ansprüche dementsprechende Leistung zu bringen. Er sagte genau so ungern „Danke“, wie ich. Immerhin hatte er es mit seinen 32 Jahren schon zum selbständigen Malermeister und einem Mehrfamilienhaus gebracht. Renee gab sich gern ironisch und neigte leicht zu schwarzem Humor. Auch war er immer bemüht neutral zu bleiben. Ich wusste genau, dass er nur äußerlich eine raue Schale zeigte, um seinen weichen Kern zu schützen. In sein Innerstes gab er nur wenigen Menschen, sehr selten Einblick. So wollte er sich jegliche unnötige Belastung ersparen.
Auch Rabea war schon als Kind bei allen Leuten beliebt, weil sie ein offenes, freundliches Wesen hatte. Meistens trug sie ihr Herz auf der Zunge, war manchmal zu ehrlich und vertrauensselig, was ihr schon mal Enttäuschungen einbrachte, wenn sie falschen Freunden vertraut hatte. Es entsprach ihrer lieben Art, ausgleichend und vermittelnd zu wirken, Streitigkeiten versuchte sie gerne zu schlichten. Sie hasste Streit, was jedoch nicht hieß, das sie sich nicht behaupten konnte, wenn es notwendig war auch recht tatkräftig. Mit ihrer Intelligenz und Zielstrebigkeit erstrebte sie eine Ausbildung, die ihr ideell und materiell einen höheren Lebensstandard sichern sollte, so dass sie nach dem Abitur vermutlich zu studieren gedachte. Obwohl sie zeitweilig ein bisschen gemütlich sein konnte, war sie gewillt, für besondere Wünsche selbst zu sorgen. Schon kurz vor ihrem 18 Geburtstag bestand sie darauf, ihr Taschengeld durch Tanzen, in meinem Lokal, aufzubessern. Ein bisschen Abenteuerlust war dabei sicher auch im Spiel. Weil diese Wochenend -Tätigkeit unter meiner Aufsicht stattfand, fehlten mir letztlich die Gegenargumente. Als Inhaberin einer Stripbar konnte ich diesen Job nicht abwerten. Sie machte ihre Sache so anmutig, das ein Gast einmal andächtig sagte: `Bei dem Mädchen hat sich der liebe Gott aber besonders viel Mühe gegeben.´
Auf der Heimfahrt erzählte ich von den Erlebnissen mit Land und Leuten, ließ bewusst diskretes aus. Hatte keine Lust, mir von Renee`s Kommentaren die Stimmung verderben zu lassen.
Erst als ich mit Rabea alleine war, gab ich auf ihre stürmischen Fragen Auskunft. Erzählte ihr von Sady und Sobeih, dem Land mit seinen vielen Varianten und dem herrlichen Klima, sowie der Freundlichkeit der Einheimischen. „Das ist ein Land für dich, Maus. Du wärst so begeistert, dass du nicht mehr nach Hause wolltest. Besonders wegen der Männer. Ganz nach deinem Geschmack, von hellbraun bis pechschwarz. Und eine Riesen Auswahl, alle in deiner Altersklasse.“
Sie maulte: „Hättest mich ja mitnehmen können. Nur wegen den paar Tagen, die ich in der Schule gefehlt hätte, musste ich ja zu Hause bleiben.“
„Hör auf zu meckern, du kannst über Ostern mitfahren. Ich lad dich ein.“ Tröstete ich die Kleine. Sie war Feuer und Flamme, wollte wissen wann wir die Reise buchen.
„Anfang nächster Woche, Maus.