Ruth Broucq

Frauenfalle Orient


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fertig, noch mehrere Wohnungen zur Auswahl frei. Heute Nachmittag wolle Edit uns alles zeigen.

      Wegen des Cafes erfragte ich den finanziellen Aspekt. Ich erfuhr, dass der Inhaber, ein sehr reicher Hotelbesitzer, weder Zeit noch Interesse an der Bewirtschaftung habe und das Personal unfähig sei. Deshalb wolle er das Lokal entweder vermieten oder auf prozentualer Basis abgeben. Edit stelle sich nun eine Teilhaberschaft mit uns so vor, das wir die Arbeitszeit durch zwei teilen, dafür müsse aber die Finanzierung von unserer Seite komplett gebracht werden. Mario erläuterte seinen Plan weiter, dass wir beide monatlich wechseln und somit immer einen Monat in Solingen und einen hier verbringen könnten. Somit wären unsere Geschäfte besetzt und unsere ständigen Urlaube finanzierten sich selbst. Nachts ein bisschen arbeiten, tagsüber sonnen, denn die Tagschicht würde Edit übernehmen. Mit einer preiswerten Wohnung, keine hohen Hotelkosten und das Leben werde herrlich und abwechslungsreich sein.

      Hörte sich nicht schlecht an, eigentlich ein verführerischer Gedanke. Ich war bereit, mir die Sache anzusehen.

      Wir besprachen noch einige Details, saßen gemütlich am Pool in der Sonne bei gekühlten Getränken, bis Edit sich verabschieden musste. Ihr 6 jähriger Sohn kam vom Kindergarten nach Hause. Nachdem sie gegangen war, bezahlte ich ihre Getränke mit, sie hatte es wohl vergessen. Mario wollte mir noch den anderen Teil der Hotelanlage zeigen, so spazierten wir bis zu einem anderen Pool und setzten uns auf die Terrasse des Restaurants. Der Blick über das Meer faszinierte uns beide. Wir waren uns einig, hier wollten wir viel öfter sein. Er wegen des herrlichen Wetters und ich zusätzlich wegen meines Lovers. Im Hinblick auf die zu erwartenden Möglichkeiten, sah die Zukunft mehr als rosig aus.

      Das neugebaute Haus erwies sich als fünfgeschossiges Gebäude, mitten in der City, unweit von Nabirs Geschäft. Jede Etage hatte vier geräumige Wohnungen, die Beste jedoch war das Penthouse. Als wir keuchend die letzte Etage erreicht hatten, meinte Edit beruhigend, es werde noch ein Aufzug eingebaut. Die einzige Penthouse – Wohnung war nicht sehr groß, aber mit zwei Schlafräumen, Wohnzimmer, Küche und Bad, völlig ausreichend und sehr schön. Mehr als die Hälfte der fünften Etage, sollte als Sonnenterrasse, nur für diese Wohnung zugänglich, dienen. Der Blick über die City und weit hinaus auf das Meer, begeisterte uns zusätzlich. Die Miete sollte eintausend Pfund leer und möbliert eintausendzweihundert betragen. Wir waren uns sofort einig, diese Wohnung oder keine. Nur wegen der Möbelfrage war Mario anderer Meinung. Er war für möbliert, ich wollte lieber eigene kaufen. Im Hinblick auf den Sperrmüll, in dem ich momentan hauste, hatte ich kein Vertrauen zu ägyptischen Vermietern. Geld hatte ich genug mit, deshalb sah ich darin kein Problem. Edit stimmte mir zu, außerdem sei Mobiliar hier sehr billig. Der Punkt blieb strittig. Da wir erst einmal mit dem Eigentümer selbst sprechen mussten, konnten wir die Entscheidung verschieben.

      Das Cafe’ lag am anderen Ende der Stadt, Edit organisierte einen Kleinbus für die Fahrt. Als wir ausstiegen bat sie Mario um die Bezahlung. Er hatte keine Landeswährung mehr, also sprang ich schnell ein und beglich die Kleinigkeit. Leider hatten wir Pech, das Cafe’ war geschlossen. Wir waren enttäuscht, jedoch Edit sah darin kein Problem. Der Besitzer sei Nabirs Gebetsbruder, ihr Mann werde ihn heute, beim Abendgebet, sicher sehen, dann mit ihm einen Termin festlegen. Beruhigt fuhren wir zurück.

      Da ich mich umziehen wollte, stieg ich am >Cowboy< aus. Wir verabredeten uns für zwei Stunden später, ich ermahnte Mario noch, dann meine Reisetasche mitzubringen. Guten Mutes schaffte ich den steilen Weg sehr schnell, war trotzdem froh, in der Wohnung angelangt zu sein. Schnell schickte ich eine SMS an Sady, dass er mich abends bei Nabir fände.

      Rattenlöcher und Schmarotzer

      Es dämmerte bereits, als ich das Haus verließ. Die herumstreunenden Hunde blieben mir fern, aber ein kleiner dunkler Schatten, sauste nahe genug an mir vorbei, um vor Schreck zu erstarren. Ich schüttelte mich vor Ekel, er war eine dicke fette Ratte.

      Im Laufschritt brachte ich den Rest des Weges hinter mich. Atemlos stand ich an der Straße, konnte den Schock kaum verdauen. Was tat ich, um Gottes willen, in dieser verdreckten Gegend? Hier wollte ich leben? Zwischen Geröll, Müll und Ratten? Zuvor hatte ich nur die Sonnenseiten dieser Gegend gesehen, saubere gepflegte Hotelanlagen, sowie Haupt – und Geschäftsstraßen. Aber jetzt, hier im Hinterland, im Wohnbereich der Einheimischen, wo die Touristen nicht hin kamen, da sah die schöne Welt ganz anders aus. Mario hatte tatsächlich recht, Ägypten sei schön, aber dreckig, hatte er mal gesagt und ich gegen >dreckig< vehement protestiert. Und hier wollte ich die Hälfte meiner Zeit verbringen? Einen zweiten Wohn – und Geschäftssitz einrichten? Leben im Dreck mit Ungeziefer? Bei meinem Sauberkeitsbedürfnis? Unmöglich!

      Mario lachte über meine Bedenken, flachste mich Angsthase. Die Tierchen täten mir nichts, bei all dem Müll hätten sie genug zu fressen. So was dünnes, wie mich, würden die nicht anknabbern. Die Sorge könne ich mir sparen. Ich fand das gar nicht lustig. Auf den Schreck lud er mich zu einem Drink ein. Da Edit zu Hause war, Nabir Kundschaft hatte, gingen wir alleine. Mario wollte in das ägyptische Cafe’, auf der anderen Seite des Platzes, ich lieber ins >Mamas 2<, im Erdgeschoss des gleichen Hauses. Er folgte meinem Wunsch.

      Hier hatten die Menschen wohl ein gutes Gedächtnis für Gesichter, denn die beiden netten Kellner erkannten mich wieder. Sie hießen mich herzlich willkommen. Endlich war mein Barkeeper mal nicht bekannt, sondern ich. Mario guckte ein wenig erstaunt. Nicht schlecht.

      Während wir über die Geschäfte, zu Hause und demnächst vielleicht auch hier und das Konzept dafür, sprachen, bekam Mario ständig SMS, die er schmunzelnd umgehend beantwortete. Mehrere Anrufe störten ebenfalls die Unterhaltung, dabei hörte ich gelangweilt seinen kuriosen Kürzeln, wie >OKD oder NKD zu, ohne zu verstehen, von was die Rede war. In dem Zusammenhang nannte er Nabirs Namen und sagte was von Cairo. Mangels Interesse hörte ich kaum hin. Bis ich bemerkte, dass er mit Helge sprach. Offensichtlich war der auch mit diesen geheimnisvollen Sachen vertraut. Ich verlangte mit Helge zu sprechen, konnte dann nach dem geschäftlichen Stand fragen. Die Antwort war schlicht `zufriedenstellend´. Über nähere Einzelheiten wollte er sich nicht äußern, meinte, ich solle Urlaub machen und mich anschließend überraschen lassen. Endlich verstummt das störende Gerät.

      Als unser Gespräch wieder bei dem Cafe’ und Edit angekommen war, glaubte Mario, mich warnen zu müssen. Mit Edit und Nabir müsse ich vorsichtig sein, denn sie lägen gern auf anderer Leute Taschen. Das sei auch der Grund, weshalb er nun deren Gastfreundschaft in Anspruch nähme, bei seinen Aufenthalten zuvor habe er sehr viel Geld für die Beiden ausgegeben, für Mitbringsel sowie gemeinsame Restaurantbesuche. Immer habe er bezahlen müssen, weil Edit und Nabir nie flüssig waren. Nun hole er sich seine unfreiwilligen Ausgaben zurück, und achte darauf, möglichst selten mit den Beiden auszugehen. Ich war sprachlos. Wurde mir doch sofort klar, dass mir das Stunden zuvor schon zweimal passiert war. Deshalb war sie einfach gegangen, hatte die Getränkerechnung mir überlassen. Nette Leute. Ich nahm mir vor, vorsichtig zu sein.

      Ausnahmsweise piepste mein Handy mal, Sady schrieb, er käme etwas später. So beschlossen wir, nebenan ins >Mafia< essen zu gehen. Mario zahlte unsere Getränke und wir schlenderten die paar Meter. Er berichtete dass er übermorgen, mit Nabir, aus geschäftlichen Gründen nach Cairo müsse. Dann könne ich ja mit Edit schwimmen gehen. Und wieder bekam er mehrere Nachrichten, die er beantworten musste. Nervig! Keine vernünftige Unterhaltung möglich.

      Ich war froh, als Sady auftauchte, mich damit erlöste, dass er sofort nach Hause wollte. Zuvor bat Mario, ich möge die Rechnung zahlen, er habe noch nicht gewechselt.

      `Sprachen wir nicht eben noch von Schmarotzern?´

      Sady organisierte ein Taxi. Wir holten meine Reisetasche bei Nabir, dann stieg Sady an einem Supermarkt aus und kam mit 2 großen Plastiktüten zurück. Er hatte Obst, Milch, Kuchen und vielerlei mehr eingekauft. Es konnte ein gemütlicher Abend werden.

      Das Taxi fuhr bis zur Haustür, bezahlen musste ich, denn Sadys letztes Geld war im Supermarkt geblieben. Mit diversen Leckereien und Champagner machten wir einen gemütlichen Fernsehabend. Den mitgebrachten Getto Bluster stellte er unbeachtet zur Seite. Auch die schönen CD´s beachtete er gar nicht. Welch ein ´Fernsehmuffel`.

      Überraschend